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Ewige Schreie

Ewige Schreie

Titel: Ewige Schreie
Autoren: Jason Dark
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vielleicht keiner? Hatte man Gladys etwa erhängt? Befand sich ein Mörder in der Nähe, der sich für diese gräßliche Tat verantworten mußte? - McMullogh fiel ein, daß er noch die Polizei benachrichtigen mußte. Ja, sie sollten den Speicher hier untersuchen. Unter Umständen fanden sie Spuren, die auf einen Mord hindeuteten. Das Entsetzen und den Schmerz hatte der Mann zurückgedrängt, er stützte sich ab und stand auf.
    Ziemlich wacklig in den Knien blieb er stehen. Er riß sich zusammen und schritt noch einmal auf seine tote Frau zu.
    Das Seil der Schlinge hatte sie unter der Decke an einem Balken befestigt. Die Schlinge selbst war durch einen Doppelknoten gesichert, nicht so fachmännisch geknüpft wie die von einem Henker. Gladys mußte gelitten haben, bevor sie endgültig starb…
    »Warum hast du das getan?« hauchte James. »Warum…?«
    Und er schaute seine Frau an, ließ die Blicke vom entstellten Gesicht abwärts gleiten und sah plötzlich im unteren Teil des geknöpften Ausschnitts etwas Helles leuchten.
    James McMullogh wurde mißtrauisch. Er berührte seine Frau, brachte sie dadurch ins Pendeln und faßte mit zwei Fingern nach dem Weißen, das dort leuchtete.
    Es war ein Zettel!
    Eine Nachricht?
    McMullogh wußte es nicht. Seine Hände zitterten, als er das Papier auseinanderfaltete und die zittrige Handschrift sah, die von seiner Frau stammte.
    Ja, die Worte hatte Gladys geschrieben, das war deutlich zu sehen. Er kannte schließlich die Schrift seiner Frau.
    Halblaut begann er das zu lesen, was ihm Gladys aufgeschrieben hatte.
    »Mein geliebter James! Wenn du mich hier auf dem Speicher findest, weile ich nicht mehr unter den Lebenden. Dann habe ich mich umgebracht. Ich weiß selbst, daß du für diesen Selbstmord keine Erklärung finden wirst, ich kann sie dir auch nicht direkt geben, aber laß dir gesagt sein, es mußte sein. Es gab einfach keinen anderen Ausweg mehr für mich. Ich mußte mich umbringen, und ich bin nicht die einzige, es werden mehr folgen, denn der alte Fluch ist nicht erlöscht.«
    James konnte nicht mehr weiterlesen, weil die Tränen seinen Blick verwischten. Er holte ein Taschentuch hervor, wischte seine Augen klar und schneuzte die Nase. Ein paarmal holte er tief Luft, dann endlich hatte er sich gefangen und las murmelnd weiter.
    »Was immer auch ich getan habe, es hat mit dir und deiner Person nichts zu tun. Ich habe dich sehr geliebt, doch es gibt eine Kraft, die wesentlich stärker ist, stärker als unsere Liebe. Wir hätten nicht hierher ziehen dürfen, denn damit hat alles begonnen. Ich hoffe, du verzeihst mir, auch wenn du mich nicht verstehen kannst. Zieh du weg aus diesem Ort, gehe wieder zurück in die Stadt, denn dort bist du sicher. Hier ist alles verloren. Die Menschen von Walham werden nicht mehr lange zu leben haben, denn ich bin erst der Anfang einer Kette von grausamen Ereignissen. Um einen Gefallen allerdings möchte ich dich bitten, mein Geliebter, und du mußt mir versprechen, ihn zu erfüllen. Bringe mich bei Anbruch der Dunkelheit zum alten Friedhof. Das Grab für mich ist schon ausgehoben. Es liegt in der äußersten Ecke, wo die beiden alten Ulmen stehen und wo vor langer Zeit der Platz für den Galgen gewesen war. Dort kreuzen sich zwei Wege, und da findest du auch mein Grab. Aber du darfst mich nicht einfach hineinlegen, du mußt noch etwas tun, auch wenn es dir schwerfällt…«
    McMullogh stöhnte auf. Er ließ seinen rechten Arm sinken, weil er nicht mehr weiterlesen konnte. Zu schrecklich war das alles, was ihm seine Frau noch offenbarte. Und der Text ging weiter. Es waren noch einige Zeilen zu lesen. Sie kosteten Überwindung, aber James sprach auch die restlichen Worte.
    »Der letzte Gefallen wird dir am schwersten werden, das weiß ich. Geh hin, nimm einen angespitzen Pflock und stoße ihn mir durch das Herz. Ich bitte dich darum, ich bitte dich herzlich darum. Frage dich nicht nach den Gründen, tu es einfach, nur so kann ich meine ewige Ruhe finden, sonst werden meine Schreie des Nachts über den Friedhof gellen und dich dein Leben über martern… In Liebe - deine Gladys!«
    James McMullogh wiederholte die letzten Worte. Das geschah wie bei einem Automaten, nur flüsternd, jedoch monoton. Dann schrie er, fiel auf die Knie und preßte beide Hände gegen seinen Kopf. Was er da gelesen hatte und wie seine Frau ihren Letzten Wunsch formulierte, ging über seinen Verstand, das konnte er nicht begreifen. Er sollte sie nicht nur in das schon für
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