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Ewig Böse

Ewig Böse

Titel: Ewig Böse
Autoren: Christopher Ransom
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Hund, der im Haus das Bein gehoben hatte.
    »Eine unheimliche Geschichte«, sagte ich. Das beruhigte sie nicht gerade.
    »Kanntest du ihn?« Ich hatte ihr einmal gesagt, dass ich sie durchs Teleskop beobachtet hatte, und damals fühlte sie sich geschmeichelt. Aber das war zu einer anderen Zeit gewesen, und ich hatte ihr nie gestanden, dass meine Unart sich auch auf den Rest unseres Straßenzugs erstreckte.
    »Nein, gar nicht.«
    »Oh.«
    »Das ist ja das Traurige. Er war einsam und allein.«
    »Er war alt, James. Vielleicht wollte er einfach seine Ruhe. Ist das das Einzige, was dir Sorgen macht?«
    Ich dachte an Staceys Gesicht. Erst in unserem Bullaugenfenster, später in Mr Ennis’ Küche. Ich fragte mich, wo sie jetzt war, und der Gedanke ließ mich schaudern. Es war der Alkohol.
    »Nur das Übliche«, meinte ich. Lucy starrte mich an.
    Von dem Moment an, als der leitende Beamte mich an der Grenzlinie zwischen unseren Grundstücken empfangen hatte, war ich entschlossen gewesen, niemandem zu erzählen, was ich gesehen hatte.
    »Es sieht nach Herzinfarkt aus«, hatte der Cop mit steinerner Miene gesagt. »Wenn Sie kein Verwandter sind, muss ich Sie bitten zurückzubleiben, Sir.«
    Nichts, was ich der Polizei am Ort des Geschehens oder dieser Polizistin in meinem Wohnzimmer erzählen konnte, würde Mr Ennis oder seiner Familie, falls er eine hatte, noch helfen.
    »Liegt es am Zeitpunkt?«, fragte Lucy. Ich wusste nicht, was sie meinte. »Nächste Woche wird es ein Jahr, richtig?«
    Ach, das. »Sonntag in einer Woche«, sagte ich. »Aber glaub nicht, dass mir das etwas ausmacht. Es ist einfach ein x-beliebiger Tag im Kalender.«
    Lucy runzelte die Stirn. »Natürlich macht es dir etwas aus. Sonst wärst du kein Mensch. Wir sind auf Jahrestage und Daten konditioniert.«
    Ich soff mein halbes Bier aus.
    »Hast du irgendwelche Pläne?«, fragte sie.
    »Was zum Beispiel?«
    »Das Wochenende mit jemandem zu verbringen. Ich an deiner Stelle würde wahrscheinlich nicht zu Hause sein wollen. Mir etwas Schönes genehmigen.«
    »Nein, ich treffe mich mit niemandem.«
    Sie seufzte. Ich schätze, ich benahm mich wie ein Arsch.
    »Erzähl mir lieber was von dir. Wie läuft es so auf Streife?«
    Lucy berichtete mir von einigen ihrer jüngsten Verhaftungen, darunter die Festnahme eines gut aussehenden koreanischen Aufreißertypen, der sich als so charmant entpuppte, dass sie ihm schon ihre Telefonnummer aufgeschrieben hatte, bevor der Streifenwagen eintraf, um ihn einzubuchten. Nach Durchsicht seiner Akte (seine Spezialität waren blutjunge Mädchen) bereute sie das, und am Ende lief es darauf hinaus, dass sie eine neue Telefonnummer brauchte. Außerdem hatte sie eine Belobigung erhalten, weil sie ihr fünfjähriges Dienstjubiläum mit blitzsauberer Akte gefeiert hatte. Ich gratulierte ihr dazu, und die Unterhaltung wandte sich Beziehungsfragen zu, wie das zwischen Singles häufig vorkommt, die nicht mehr in der Oberliga spielen, aber die Hoffnung nicht aufgegeben haben, doch noch ein letztes Mal ein Team zu finden.
    »Es gab da einen Typ«, sagte sie. »Er war ganz in Ordnung, aber nach dem zweiten Date wusste ich, dass es nicht funktionierte.«
    »Er war nicht gut im Bett?«
    »Sex ist nicht alles, James.« Aber sie wurde rot.
    »Ah-hah.«
    »Ich bin Polizistin. Warum glauben die Kerle bloß immer, dass das grünes Licht dafür bedeutet, die Handschellen rauszuholen?«
    »Wir probieren eben gerne mal was Neues aus.«
    Sie lachte. Okay, es knisterte immer noch ein bisschen zwischen uns, und keiner von uns schreckte davor zurück. Obwohl sich alles, was ich anfasste, in Scheiße verwandelte, hatte diese Frau sich einen Rest Zuneigung zu mir bewahrt. Mit einem Minimum an Mühe ließ sich das zu etwas Tragfähigem ausbauen, vielleicht sogar zu etwas Echtem. Aber nicht an einem Morgen wie diesem.
    »Du siehst gut aus, Lucy«, sagte ich. »Glücklich.«
    Sie legte den Kopf schief. »Danke.«
    Der Augenblick dehnte sich in die Länge.
    Ich sagte: »Und du musst jetzt sagen, wie gut ich aussehe.«
    Sie verbarg ihr Lächeln hinter der hohlen Hand. »Ach, James. Du siehst scheiße aus.«
    »Siehst du, so schwer war das doch gar nicht.«
    »Was ist denn mit deinem Haar los? Und der Bart wird auch immer struppiger.«
    »Im Moment mache ich auf Räuberzivil à la Neunzigerjahre.«
    Keiner von uns wusste so recht, ob ich Spaß machte.
    »Und, bist du auf der Suche?«, fragte sie. »Nach etwas Neuem?«
    »Ich bin total am Arsch. Das hört nie
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