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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung
Autoren: Peter Mersch
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hat demzufolge einen jährlichen Nahrungsenergiebedarf von ca. 20 Exajoule. Gemäß den folgenden Ausführungen handelt es sich bei Nahrungsenergie letztlich um Sonnenenergie.
    Die Evolution des Lebens auf der Erde könnte auch als eine Evolution der Nutzung von Energie verstanden werden. Pflanzen nehmen Sonnenenergie über die
Photosynthese
direkt auf und speichern sie für sonnenarme Zeiten in Form von Stärke beziehungsweise teilweise auch als Fett ab. Sie kommen deshalb ohne Fortbewegung aus. Die Photosynthese der Pflanzen ist die auf der Erde am weitesten verbreitete Nutzung von Sonnenenergie. Daneben gewinnen auch einige Bakterien ihre Energie direkt aus dem Sonnenlicht.
    Tiere nutzen Sonnenenergie indirekt, zum Beispiel durch Verzehr von Pflanzen und der darin gespeicherten Energie. Man nennt sie dann
Pflanzenfresser
(
Herbivoren
). Dafür müssen sie sich allerdings von Pflanze zu Pflanze fortbewegen. Über den Verzehr von Pflanzen kann mehr Energie pro Zeiteinheit aufgenommen werden als über eine direkte Nutzung von Sonnenergie. Die Evolution der Tiere ging folglich mit einer Steigerung der Energieeffizienz einher.
    Tiere speichern den größten Teil ihrer Energiereserven als Fett ab. Ein Grund dafür ist die hohe Energiedichte von Fett (900 Kcal pro 100 g). Im Vergleich zu anderen Energieträgern ermöglicht es die Fettspeicherung (Lipogenese) Tieren also, mehr Energie pro kg zusätzlichem Körpergewicht mit sich herumzutragen.
    Viele Pflanzenfresser sind den ganzen Tag mit der Nahrungsaufnahme beschäftigt. Elefanten nehmen beispielsweise täglich etwa 200 Kilogramm Nahrung beziehungsweise 250.000 Kcal zu sich, wofür sie allein 17 Stunden benötigen. Sie fressen vor allem Gras, aber auch Früchte, Wurzeln, Zweige und Rinde. Daneben trinken sie 70 bis 150 Liter Wasser am Tag.
    Tierisches Gewebe besitzt in der Regel eine höhere Energiedichte als pflanzliches. Die Evolution der
Fleischfresser
(
Carnivoren
) bedeutete deshalb eine weitere Steigerung der Energieeffizienz. Anders als viele Pflanzenfresser können sich Fleischfresser bei der Nahrungsaufnahme meist auf wenige Stunden pro Tag beschränken. Allerdings ist ihre Nahrungsbeschaffung im Gegenzug mit einem höheren Energieaufwand verbunden. Deshalb können Fleischfresser nicht die maximale Größe von Pflanzenfressern erreichen und diese wiederum nicht die maximale Größe von Pflanzen ( GEOlino.de 2006; Lavers 2003: 15ff.) 13 .
    Der moderne Mensch ist wie die meisten anderen Primaten ein
Allesfresser
(
Omnivore
), er kann also sowohl Pflanzen als auch tierische Produkte verdauen. Allerdings dürfte die Vergrößerung des menschlichen Gehirnvolumens in der Altsteinzeit ohne den enormen Fleischkonsum unserer Vorfahren kaum erklärbar sein (Reichholf 2004: 115ff.; Mersch 2006c: 40ff.).
    In der Natur geht es also in erster Linie um Energie. Da nicht nur die Sonne Energie spendet, sondern auch Lebewesen Energieträger sind, heißt das Prinzip
fressen oder gefressen werden
, wobei die relative Position in der
Nahrungskette
(Energiekette) von entscheidender Bedeutung ist. Lebewesen, die gezielt auf die Jagd nach Energie in anderen Lebewesen gehen, nennt man deren
natürliche Feinde
, sie nehmen somit in der Nahrungskette einen höheren Rang ein als ihre Nahrung.
    Innerhalb der Nahrungskette existieren noch sogenannte
Destruenten
, die abgestorbene Pflanzen und tote Tiere zersetzen und Böden wieder mit zusätzlichen Mineralstoffen anreichern.
    Der Mensch hat die Energieeffizienz nochmals und auf vielfältige Weise gesteigert. Zunächst trat er aufgrund seiner intelligenten Jagdstrategien und der Erfindung von Waffen und des Feuers als das gefährlichste Raubtier aller Zeiten auf. Dabei konzentrierte er sich über weite Strecken sogar darauf, die größten Pflanzenfresser (zum Beispiel Mammuts) zu jagen, die davor noch keine natürlichen Feinde besaßen. Auf diese Weise konnte er den Zeitaufwand für die Nahrungssuche und -aufnahme drastisch reduzieren. Die freigewordene Zeit stand nun für die Weiterentwicklung von Waffen, die Verfeinerung der Kommunikation, aber insbesondere auch die Verbesserung der Brutpflege zur Verfügung. Dies erlaubte es dem Menschen, sich sukzessive auf der Erde auszubreiten.
    Mit der Beherrschung des Feuers und dem Erfinden des Kochens gelang ihm eine weitere Steigerung der Energieeffizienz, da nun die Nahrung zum Teil bereits außerhalb der eigenen Verdauungsorgane aufgeschlüsselt werden konnte. Dazu war allerdings eine separate
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