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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung
Autoren: Peter Mersch
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Nahrungsmittelproduktion gemäß den erlernten und beherrschten Methoden in die neue Lokation exportiert werden. Immer mehr Land wurde der Natur entrissen.
    Die mit der veränderten Nahrungsbeschaffung einhergehende Veränderung in der Nahrungszusammensetzung hatte aber auch erhebliche gesundheitliche Konsequenzen (Cordain 2004: 6f.):
    Als die vorwiegend auf Fleisch aufbauende Kost der Jäger und Sammler durch eine auf Getreide beruhende Ernährung ersetzt wurde, waren die Folgen in allen Erdteilen gleich: Das Höhenwachstum entwickelte sich rückläufig (die Menschen wurden kleiner), die Kindersterblichkeit nahm zu, die Lebenserwartung sank (die Menschen starben früher), Infektionserkrankungen traten häufiger auf, Eisenmangelkrankheiten (Blutarmut) nahmen zu, ebenso wie Knochenerweichung, Deformationen des Schädels und andere auf Mineralstoffmängel zurückzuführende Knochenerkrankungen, und es kam vermehrt zu Dentalkaries sowie anderen krankhaften Veränderungen des Zahnschmelzes.
    Als weitere negative Effekte der neolithischen Revolution sind zu nennen: Soziale Ungleichheiten, Sklaverei, Gewaltherrschaft.
    Der entscheidende Grund für den Durchbruch und den langfristigen Erfolg von Ackerbau und Viehzucht war aber wohl die weitere Steigerung der Energieeffizienz, denn nun konnte pro Quadratkilometer Land mehr Energie gewonnen werden, als dies Jäger/Sammler-Kulturen möglich war.
    Weitere Steigerungen des Energieertrags setzten eine verstärkte Arbeitsteilung und den Einsatz zusätzlicher Arbeitskräfte voraus, sei es als Mensch (zum Teil als Sklave) oder Tier (Pferd, Ochse, Esel etc.). Natürlich mussten die Arbeitskräfte genährt werden, das heißt sie benötigten Energie.
    Später erschloss der Mensch dann weitere Energiequellen, insbesondere die fossilen Brennstoffe Kohle, Öl und Gas, bei denen es sich um Ablagerungen früherer Lebewesen und damit um Sonnenenergie handelt. Der Mensch nutzt also heute ganz gezielt die Energie, die vor Jahrmillionen von der Sonne auf die Erde eingeflossen ist. Die fossilen Brennstoffe haben das Zeitalter der Technik erst möglich gemacht. Seitdem werden physische Arbeitsleistungen in erster Linie von Maschinen erbracht. Auf menschliche und tierische Arbeitskräfte konnte dabei zunehmend verzichtet werden. Ein positiver Nebeneffekt war die Beendigung der Sklaverei.
    Die von der Menschheit neben der Nahrung pro Jahr verbrauchte Primärenergie (fossile Brennstoffe, Atomenergie, erneuerbare Energiequellen) wird auf ca. 430 Exajoule geschätzt. Zusammen mit den für die Nahrung verbrauchten 20 Exajoule ergibt sich ein jährlicher Gesamtenergieverbrauch der Menschheit von ca. 450 Exajoule, soviel wie etwa 150 Milliarden Naturmenschen verbrauchen würden. Zum Vergleich: Die gesamte von der Sonne auf der Erdoberfläche eintreffende Energie entspricht ungefähr dem 9.000fachen des aktuellen menschlichen Energiebedarfs 15 .
    Der Primärenergieverbrauch pro Kopf und Land ist weltweit sehr unterschiedlich, in Deutschland sind es ca. 172 Gigajoule, in den USA 325, in Norwegen 392 und in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) gar fast 700. Überspitzt könnte man sagen: Jeder Deutsche beschäftigt noch zusätzliche 60 Sklaven, jeder US-Amerikaner sogar 110.
    Würden alle Menschen auf der Erde den gleichen Energiebedarf wie die USAmerikaner haben, dann hätte die Menschheit einen jährlichen Energieverbrauch von ca. 2.200 Exajoule. Die gesamte auf der Erde nutzbare Sonnenenergieleistung wäre dann nur noch 1.800-mal so groß, nähme man die VAE als Maßstab, dann sogar nur noch das 870-fache.
    Da der Vorrat an fossilen Brennstoffen sich in den nächsten 50 bis 100 Jahren dem Ende zuneigen dürfte und der bisherige Energieverbrauch bereits klimatische Veränderungen zur Folge hat, sind für die Zukunft neue Energiekonzepte erforderlich. Entweder gelingt es der Menschheit, neue leistungsfähige Energiequellen (zum Beispiel Kernfusion) zu erschließen – wobei einige Kritiker darin einen Widerspruch zum zweiten Hauptsatz der Thermodynamik erkennen wollen (Rifkin 1985; Neirynck 2006) und vor möglichen klimatischen Folgen warnen –, oder sie muss ihren Energieverbrauch reduzieren und den Energiebedarf hauptsächlich aus erneuerbaren Energiequellen decken. Letzteres hätte vermutlich erhebliche gesellschaftliche Veränderungen zur Folge. Beispielsweise basieren die momentanen Wirtschafts- und Globalisierungsprozesse ganz erheblich auf der Verfügbarkeit nahezu unbegrenzter Mengen an
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