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Everlight: Das Buch der Unsterblichen. Roman (German Edition)

Everlight: Das Buch der Unsterblichen. Roman (German Edition)

Titel: Everlight: Das Buch der Unsterblichen. Roman (German Edition)
Autoren: Avery Williams
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vor langer Zeit aufgehört, mir Gedanken darüber zu machen, wie mein Körper aussieht; mir ist nur wichtig, dass mein neuer Spender entweder nicht mehr leben will oder es nicht verdient.
    Ich habe nur einen Wunsch. »Amelia«, sage ich, »bitte lade keine ganz jungen Leute ein.«
    Sie grinst mich süffisant an, doch es wirkt nicht grausam. Nur sachlich. »Keine Angst, du kannst danach gleich zur Beichte gehen.«
    »Jared«, fährt Cyrus fort, »du bist für die Sicherheit zuständig. Die Leute vom Club will ich nicht – wir brauchen eine Security, die diskret ist.«
    »Natürlich, Cy.« Jared nickt und schiebt sich das schwarze Haar aus dem tätowierten Nacken.
    Bei dem Wort »Security« schießt mir ein heftiger Adrenalinstoß durch den Körper. Jared wird keine halben Sachen machen. Er weiß, dass es keine normale Party sein wird. Jemand wird sterben.
    Ich versuche, meinen viel zu schnellen und zu flachen Atem wieder zu beruhigen und mich zu zwingen, nicht länger mit dem schweren Ring an meiner linken Hand zu spielen. Der antike Granatstein funkelt in der Sonne wie ein Glas Rotwein – oder Blut.
    Ich habe Cyrus vor ein paar Wochen gefragt, ob er ihn mir kauft, an einem nebelverhangenen Tag in Hayes Valley. »Eine viktorianische Antiquität«, hat die Verkäuferin ihn angepriesen. Als ein anderer Kunde ihre Aufmerksamkeit forderte, dankte ich ihm im Stillen, dass er sie von weiteren Erläuterungen abhielt. Denn der Ring war mehr als nur viktorianischer Tand. Er war ein Giftring mit einem Geheimfach unter dem blutroten Stein. Es bot zwar nur Platz für eine winzige Menge Pulver oder eine einzige Pille, doch es würde reichen.
    Sébastien, der bis jetzt geschwiegen hat, wirft mir einen besorgten Blick zu. »Alles in Ordnung? Du wirkst müde.« Neben mir fühle ich, wie Cyrus erstarrt.
    »Es geht ihr gut«, antwortet er kalt. »Nicht wahr?«
    Ich spüre die Wut, die unter seiner Haut brennt. Er hasst es, wenn außer ihm jemand zu wissen glaubt, was ich fühle, als ob ihm allein das Recht auf diese Fähigkeit zustünde.
    Ich lächele schwach. »Ich bin nur … ein bisschen aufgeregt.«
    Cyrus seufzt schwer und erhebt sich; die Sonne umgibt sein platinblondes Haar wie einen Heiligenschein. »Für heute bin ich wohl fertig. Wir werden später weiter darüber sprechen. Sébastien, du kümmerst dich um die DJs.«
    Ein Lächeln huscht über Sébastiens Gesicht, was nur selten vorkommt, und die weißen Zähne bilden einen strahlenden Kontrast zu der dunklen Haut. Musik zählt zu den wenigen Dingen, die ihm wichtig sind. Musik und Charlotte. Wenn ich weg bin, wird er sie hoffentlich trösten – und beschützen. Sollte Cyrus den Verdacht hegen, sie könnte etwas mit meiner Flucht zu tun haben … nun ja, er hat schon aus geringeren Anlässen getötet.

Kapitel 2
    I ch glaube, ich nehme Kaffee. Oder vielleicht Pistazie. Oder … ach, ich weiß nicht, Grüntee.«
    Charlotte fasst ihre Locken zu einem losen Knoten zusammen. »Du kannst alle haben. Schließlich bekommst du morgen einen neuen Körper. Es gibt keinen Grund, sich gesund zu ernähren.«
    »Stimmt«, erwidere ich. »In dem Fall sollte ich wohl auch noch Karamell nehmen.«
    Der letzte Abend vor meiner Party ist warm, mondhell und klar. Ich hake mich bei Charlotte unter und ziehe sie mit einem kleinen Hüpfer, soweit es meine schmerzenden Muskeln zulassen, auf das Michael’s zu, meine Lieblings-Eisdiele in San Francisco – vielleicht sogar auf der ganzen Welt.
    Auch wenn es in meiner Kindheit noch kein Eis gab, haben meine Mutter und ich oft Sahne mit Obst und Kräutern aus unserem Garten gemischt, vor allem wenn mein Vater verreist war. Dann standen wir im Nachthemd in der Küche und verspeisten es gemeinsam. Ein Jahrhundert später, nachdem ich einmal geäußert hatte, meine Mutter zu vermissen, gab Cyrus mir meinen ersten Löffel Eiscreme zu essen und lachte angesichts meiner Verzückung triumphierend. »Siehst du? Warum sich nach etwas aus der Vergangenheit sehnen, wenn die Zukunft so viel Besseres bringt?«, fragte er.
    »Ich kann immer noch nicht glauben, dass Cyrus dich am Abend vor deiner Wandlung aus den Augen lässt«, sagt Charlotte, als wir um die Ecke biegen und auf die Eisdiele zulaufen.
    Ich kneife die Augen zusammen, um die Neonschrift im Schaufenster mit den Tagesspezialitäten zu lesen – Haselnuss, Himbeerstrudel und Minze.
    »Er muss eben lernen, auch ab und zu mal ohne mich auszukommen«, erwidere ich beiläufig. Ab morgen, füge ich
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