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Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi

Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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wieder ausscheren wird. Ich kann weiterfahren. Aber ich kann nicht mehr so schnell fahren. Wenn dir etwas passiert wäre, Mira. Du wärst selbst schuld gewesen. Geschwindigkeitsüberschreitung. Und zwar gleich um vierzig, fünfzig Stundenkilometer. Wäre wohl egal gewesen, wer Schuld gehabt hat, denke ich, und meine Nackenhaare stellen sich auf. Whiskey. Im Handschuhfach sollte noch ein Fläschchen mit Whiskey sein. Ich taste im Fahren danach, finde es, schraube es auf, nehme einen großen Schluck Jameson. Bin mir sicher, er wird mich beruhigen. Warte auf das gute, wärmende Gefühl im Magen. Es kommt nicht. Egal. Ich muss es zur Grenze schaffen. Claudia wird schneller sein. Claudia … was ist mit der Frau von Osthof? Ich bin jetzt auf der Bundesstraße. Da kann auch sie nicht rasen. Was, wenn sie längst abgebogen ist? Weiter. Richtung Grenze.
    Als ich den Ort Drasenhofen verlasse, sehe ich Blaulicht. Straßenkontrolle? Knapp vor dem Grenzübergang, nur einige Meter vom Niemandsland entfernt, in dem sich nur ein seltsamer Duty-free-Laden gehalten hat, stehen ein paar Autos. Davon zwei Polizeiwagen. Ich fahre langsamer. Das ist das Auto von Vesna. Zuckerbrot. Polizeibeamte in Uniform. Claudia Osthof. Ich parke am Straßenrand und springe aus dem Wagen. Renne auf sie zu.
    Zuckerbrot zieht mich zur Seite. „Sie hat heute Mittag einen Lottogewinn behoben. Siebenhunderttausend in bar. Sie sagt, sie habe ihn für ihren Mann abgeholt.“
    „Ein Glück, dass Sie es rechtzeitig hierher geschafft haben“, erwidere ich.
    Er lächelt. „Wir hatten ohnehin ein Auge auf dem bisher nicht abgeholten Gewinn. Aber die Lottogesellschaft hat fälschlicherweise den Journaldienst verständigt. Und die haben bloß getan, was sie immer tun: Namen aufnehmen. Dienstweg einhalten. Manchmal ist es zum Haareraufen.“
    Ich sage ihm, dass seine in den vergangenen Jahren ohnehin reichlich dünn geworden seien. Er stöhnt und meint, das habe mit mir zu tun.
    „Darf ich mit ihr reden?“, bitte ich und merke, dass meine Knie noch immer zittern.
    Ich gehe zu Claudia Osthof. Sie steht knapp vor einem Polizeiwagen, links und rechts von ihr zwei Beamte in Uniform. Zwei weitere Beamte untersuchen ihren Wagen, einen BMW X3. Um einiges stärker als unsere Autos. Osthof ist also bisweilen großzügig gewesen. Mit ihrem Lehrerinnengehalt hätte sie sich so etwas wohl nicht leisten können.
    „Er hat Sie jahrelang geprügelt“, sage ich zu ihr.
    Sie sieht mich mit toten Augen an. „Ich habe ihn provoziert.“
    Ich schüttle den Kopf. „Er hat diese schreckliche DVD aufgenommen, er hat es uns erzählt.“
    „Er wollte mir beweisen, dass ich schuld bin.“
    Das ist doch alles krank, so krank. „Sie haben ihm nicht geglaubt.“
    Sie lächelt ganz leicht. „Ich habe es nicht geglaubt. Aber ich war mir nicht sicher. Ich habe auch eine DVD aufgenommen. Ist mit unserer Anlage ganz einfach. Ich habe versucht zu analysieren. Die Muster zu erkennen, zu begreifen, wann er zuschlägt. Zu verstehen, was ich vermeiden muss. Ich dachte mir, das sei eine Chance. Ich habe mehrere DVDs aufgenommen, schon auch weil ich ihm zeigen wollte, dass er Hilfe braucht. Ich wollte, dass er eine Therapie macht. Und dann habe ich mich begonnen zu fürchten: Was ist, wenn er die DVDs findet?“
    „Sie haben sie zu Evelyn gebracht“, fahre ich fort.
    „Ich wollte sie wegwerfen. Aber irgendwie konnte ich es nicht. Da war diese Frau. Mein Mann hatte mich gebeten, zu ihr zu fahren. Nachzusehen, was mit ihr los ist. Er hat sie irgendwie von früher gekannt.“
    „Sie haben mit Evelyn gesprochen. – Über alles?“
    Claudia schüttelt den Kopf. „Das hätte ich nie getan, wir haben eher so allgemein geredet, sie hat geglaubt, ich komme von der Caritas. Sie war nicht wirklich auf der Höhe. Ich habe gedacht, sie trinkt. Aber das stimmte nicht.“
    „Sie haben ihr nie gesagt, dass Sie Osthofs Frau sind?“, sage ich fassungslos.
    „Nein. Beim zweiten Besuch habe ich mitbekommen, dass dieser früh verstorbene Bruder von Christian mit ihr in einer Band gespielt hat. Es war ein Zufall. Sie hat einen Anruf bekommen, sie hat immer nur ‚Nein!‘ geschrien und war ganz außer sich. Ich hab sie gefragt, wer das war. Zuerst hat sie nichts sagen wollen. Aber dann hat sie mir ein paar alte Fotos gezeigt. Und darauf habe ich Christians Bruder erkannt. Es gibt nicht viele Fotos von ihm in der Familie, vielleicht habe ich ihn mir deshalb umso besser eingeprägt. Den früh verstorbenen
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