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Eve - Das brennende Leben

Eve - Das brennende Leben

Titel: Eve - Das brennende Leben
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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bitterem Ton hinzu.
    Dakren schwieg. Drem beobachtete ihn aufmerksam und sagte dann: »Ich habe wieder und wieder versucht, einen Ausweg zu finden. Ich habe noch nie in meinem Leben so scharf über etwas nachgedacht.« Dann fragte er den alten Mann: »Hast du eine Idee, wie das zu bewältigen wäre?«
    »Eine schwierige Angelegenheit ist das, wirklich«, sagte Dakren und sah aus dem Fenster.
    Drem seufzte, stand auf und verließ den Raum.

    Er wollte das Haus verlassen, fürchtete aber, dass man ihm das so auslegte, als würde er seine Familie im Stich lassen. Er wollte nicht noch an weiteren unvorhergesehenen Ereignissen zusätzlich zu ihren Sorgen schuld sein. Außerdem hatte er Angst, dass er, wenn er jetzt mit diesem Gefühl fortging, einfach weiterlaufen würde, bis er die Kolonie und dieses Leben hinter sich gelassen hätte. Dann war sein Bruder nur noch ein Name, der auf einer Liste durchgestrichen wurde. Also ging er zu seiner Großmutter.
    Granny Derus Küche war klein, wirkte aber vergleichsweise groß. Sie war immer der hellste Ort im Haus und fühlte sich wie der wärmste an. Nichts hier diente allein der Dekoration; hier wurde jeder Gegenstand benutzt. Dieser Ort schien den Geist der Leute, die ihn aufgesucht hatten, in sich aufgenommen zu haben. Der Raum wirkte lebendig. Es schien, als ob er leise atmete. Außerdem waren die Gerüche von gutem Essen und Backwerk hier verewigt.
    Granny selbst stand am Küchentresen und verzierte einen Kuchen mit dunklen Beeren. An der Wand vor ihr hing eine lackierte, hölzerne Gedenktafel, auf der eine große Phiole befestigt war. Die Phiole selbst war aus Gold, und an ihren Seiten liefen silberne Tropfen herunter; an der Seitenwand hing eine Stickerei. In roten Buchstaben auf weißem Grund war zu lesen: »Babys brauchen Blut«. Granny Deru summte vor sich hin. Drem kannte das Lied aus seiner Kindheit. Er räusperte sich.
    »Oh, hallo, mein Lieber«, sagte sie, als ob er gerade für einen Besuch angekommen wäre und sich nicht einfach nur von einem Zimmer ins andere begeben hätte. »Wie kommst du zurecht?«
    »Weiß nicht genau«, sagte Drem. »Bin immer noch auf Autopilot. Wage es nicht, anzuhalten und nachzudenken.«
    Sie warf ihm einen Seitenblick zu. »Ich habe bereits einen Enkel verloren, mein Lieber, und ich will nicht, dass sich ein anderer völlig verausgabt. Sprich mit deiner Großmutter. Jetzt!«

    Drem lehnte sich gegen die Wand, ließ den Kopf hängen und zwickte sich in den Nasenrücken. »Ich weiß, Gran, ich weiß. Aber alle sind noch geschockt, die Geistlichen haben Mist gebaut, und wenn ich jetzt anfange, diesen Wirrwarr an Gefühlen in mir zu entknoten, dann werde ich damit nicht so schnell wieder aufhören, glaube ich.«
    Deru platzierte die letzte Beere, wischte sich die Hände ab und stellte den Kuchen in den Kühlschrank. Dann holte sie eine große Schüssel und einige große Kästen hervor. Sie öffnete jeden Kasten und wählte Kekse verschiedener Größen und Formen aus. Dann legte sie diese in Mustern in die Schüssel. »Wir sind in einer fiesen Situation, mein Lieber. Hast du schon mit Dakren darüber gesprochen?«, fragte sie, ohne ihn anzusehen.
    »Das habe ich.«
    »Und was hat er gesagt?«
    »Als ich ihn fragte, ob er helfen kann, sagte er nein.«
    »Ach, wirklich? Das ist aber sehr schade«, sagte sie recht unbekümmert.
    Drem schaute seine Großmutter, die in der Küche herumwirtschaftete, scharf an. »Ja, Gran, das ist es.«
    Sie hatte die Keksdosen bis auf eine weggeräumt, als seine Entschlossenheit ins Wanken geriet. »Also gut, Gran. Erklär es mir.«
    Granny Deru sah ihn an und lächelte ihr altvertrautes Lächeln. »Ich kenne die Männer dieser Familie, Drem. Die meisten kenne ich, seit sie mit aufgeschürften Knien und verheulten Augen in genau diesem Raum gestanden und um Kekse gebettelt haben. Sogar an dich kann ich mich erinnern. Und jetzt sieh mal, was aus dir für ein entschlossener, junger Mann geworden ist.«
    Bevor Drem antworten konnte, fuhr Gran fort: »Dakren war auch einmal ein Junge, genau wie du. Aber das ist lange her,
und inzwischen hat er einer Finsternis ins Auge sehen müssen, von der ich hoffe, dass du sie nie kennenlernen wirst. Er hat die äußerst seltene Gabe, ein Problem zu verstehen und eine Lösung dafür zu finden, koste es, was es wolle. Wenn etwas kaputtgeht, betrachtet er es von allen Seiten, bis er nicht nur seine ursprüngliche Funktion begriffen hat, sondern auch die Art der Störung. Dann
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