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Eve - Das brennende Leben

Eve - Das brennende Leben

Titel: Eve - Das brennende Leben
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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zurechtzulegen.
»Den Umständen entsprechend, obwohl ich keine Ahnung habe, was in den letzten Stunden passiert ist.«
    »Hat der Priester auch mit dir gesprochen?«, fragte Drem.
    Vonus zögerte und sah seine Frau an. Sie nickte. »Ja. Ich glaube, er hat mit den meisten von uns gesprochen, die vor Ort waren.«
    Drem sah zu den Bilderrahmen, die Vonus betrachtet hatte. Sie waren eine Großfamilie, was in einer Arbeiterkolonie nicht ungewöhnlich war. Ihre kleine Gemeinschaft saß auf einem Felsen, der in den Tiefen des Weltraums schwebte und auf dem es nichts Natürliches gegeben hatte: keine Atmosphäre, kein fließendes Wasser, keine geothermische Wärme und kein Leben. Es hatte lange gedauert, bis man diesem Ort eine gewisse Bewohnbarkeit verliehen hatte. Man musste nur einen Blick durch die Kuppel werfen, um sich darüber klar zu werden, dass diese Existenz nur an einem seidenen Faden hing. An einem Ort wie diesem klammerten die Menschen sich an alles, was auch nur annähernd Sicherheit und Trost vermittelte. Dadurch erhielten sie das Gefühl, das eigene Leben zu meistern. Das war ein guter Nährboden für starken Glauben, manchmal übermäßigen Alkoholgenuss und viele Kinder.
    »Ich habe auch mit ihm gesprochen«, sagte Drem. »Sogar zweimal. Zuerst gestern Morgen, als er kam, um uns über den Tod meines Bruders hinwegzutrösten. Dann noch einmal heute früh, als er mir sagte, was das für mich und diese Familie bedeutet.«
    Er warf Dakren einen Blick zu. Dieser äußerte sich nicht. Drem fuhr fort: »Leip litt an einer ganz bestimmten Blutkrankheit. Sie ist selten, aber nicht unbekannt. Es ist allerdings ungewöhnlich, dass sie bis ins Erwachsenenalter anhält. Normalerweise beginnt sie sich schnell zurückzubilden, wenn man vier Jahre alt ist; bei Eintritt der Pubertät ist sie dann endgültig verschwunden. Das war bei meinem Bruder nicht der Fall.«

    Die kleine Familie saß da und schwieg eisern. Drem fuhr fort: »Als die Diagnose bei ihm gestellt wurde, fanden wir heraus, dass er – zusätzlich zu den anderen Leiden, die diese Krankheit ihm brachte – nicht in der Lage war, Blut zu spenden, das für Rettungsmaßnahmen oder rituelle Zwecke benötigt wird. Wären wir immer noch im Imperium der Amarr, hätte das keine Rolle gespielt.«
    Vonus und seine Frau zuckten zusammen. Die Erwähnung der alten Welt, die ihr Volk vor langer Zeit – lange vor der Geburt jedes Einzelnen im Raum Anwesenden –, verlassen hatte, fiel immer noch schwer. Die Gründe für den Exodus waren kompliziert und hatten Wunden bei beiden Lagern hinterlassen, die trotz des Extremismus der Blood Raiders – der Blutjäger – immer noch in vielen Grundfragen des Glaubens übereinstimmten.
    »Er wäre wie jede andere Person, die an einer dauerhaften Krankheit leidet, behandelt worden – nicht mehr und nicht weniger. Aber wir sind die Sani Sabik. Wir verehren das Blut. Wir haben Schiffe dort draußen, die in unserem Namen die Himmel überfallen. In den Imperien benutzen sie uns als Monster, um Kindern Angst einzujagen.«
    Drem streckte seine Hand aus und nahm einen kleinen Bilderrahmen vom Regal, der etwas abseits der anderen stand. Darin wechselten sich Bilder seines Bruders ab; ein lächelndes Gesicht ging in ein anderes über. »Scheinbar ist es für ein Mitglied der Sani Sabik ein Frevel, wenn ein Erwachsener vergiftetes Blut in sich trägt. Allein der Gedanke steht in absolutem Widerspruch zu den Gesetzen des Roten Gottes. Ich dachte, ich wüsste viel über die Regeln meiner Fraktion, aber das wusste ich nicht.«
    Er strich sanft mit seinem Daumen über das Bild, stellte den Rahmen zurück ins Regal und wandte sich wieder seiner Familie zu. »Leip kann nicht beerdigt werden. Man kann ihn so lange wie nötig in Stasis lassen, denn wir Sani Sabik sind ja
wunderbar in der Lage, Menschen frisch zu halten.« Er spie die Worte beinahe aus. »Aber er kann nie beerdigt werden. Es sei denn, wir überzeugen wie durch ein Wunder die Kirche, seinen Namen ins Buch der Toten zu schreiben. Die einzige andere Möglichkeit wäre, seine Existenz auszulöschen, als ob er niemals gelebt hätte. Alle Aufzeichnungen über sein Leben würden, soweit das möglich ist, vernichtet. Als der Priester mir das mitteilte, war ich zu betäubt, um überhaupt zu antworten. Das nahm er zum Anlass, um obendrein noch auf diesen ganzen ekelhaften Misthaufen zu pissen.«
    Drem musterte Vonus’ Kind. »Bis diese Angelegenheit erledigt ist, können keine Kinder der
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