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Eve - Das brennende Leben

Eve - Das brennende Leben

Titel: Eve - Das brennende Leben
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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das. Das war bei jedem Konzern so, wenn auch anscheinend jedes Mal aus anderen Gründen. »Es hat etwas mit dem neuen Komitee zu tun, nicht wahr? Irgendwas mit dem DED und den Schwestern«, sagte sie. »Ich habe davon gehört. Weniger aufs Geld konzentrieren und mehr auf die Infrastruktur und die Arbeiter achten. Befragungen und so was.«
    »Die führen diese Befragungen hauptsächlich in Abteilungen mit hohem Stressfaktor durch«, fuhr Alder fort. »Die Kommandantur hat alle Hände voll damit zu tun, aber sie wollen auch mit den ausführenden Organen sprechen. Also Sicherheit, Internes und dergleichen.«
    Raleas Bauch krampfte sich wieder zusammen. Sie hielt ihren Blick starr auf Alders Gesicht gerichtet, weil sie das ungute Gefühl hatte, dass sie etwas äußerst Unangenehmes zu sehen bekam, wenn sie es nicht tat. Ihr Herz schlug weiterhin rasend schnell.

    Alder fuhr fort: »Liquidationsmissionen sind ihnen immer ein Dorn im Auge gewesen. Der DED meint, dass das sein Aufgabengebiet ist, und die Schwestern von EVE sind grundsätzlich dagegen. Also wollen sie sich einige Leute vorknöpfen und mit ihnen sprechen.«
    Sie spürte, wie ein Schweißtropfen ihren Rücken hinunterlief. Vor ihren Augen tanzten kleine Lichtpunkte. »Sir, bitte … bei allem nötigen Respekt, aber ich glaube nicht, dass ich an so etwas teilnehmen kann. Ich habe wirklich viel zu tun und ohnehin schon zu wenig Zeit, um es zu erledigen.« Sie hoffte, dass er den Hinweis verstand und sie in Ruhe ließ. Doch er rührte sich nicht und blieb auf dem Tisch sitzen.
    »Das weiß ich«, sagte Alder. »Aber es muss sein und wird gar nicht so schlimm, wie Sie denken. Sie wollen nur reden, Ralea. Es wird Ihnen vielleicht guttun, mit ihnen zu sprechen.«
    Die Lichtpunkte tanzten an den Rand ihres Sichtfeldes und wurden durch eine Schwärze ersetzt, die immer tiefer wurde, je mehr sie wuchs.
    »Sir …«
    »Es dient dem Wohle des Konzerns. Außerdem werde ich dafür sorgen, dass es bei Ihrer nächsten Beurteilung berücksichtigt wird.«
    »Aber ich habe keine …«
    »Ralea«, sagte er, »lassen Sie es mich so ausdrücken. Sie werden sich mit diesen Leuten zusammensetzen. Alles klar?«
    »Alles klar, Sir.«
    »Gut.« Er lächelte und erhob sich. »Arbeiten Sie heute wieder spät?«
    »Immer, Sir.«
    Er stand kurz in Gedanken versunken da. In dem Moment verzerrte sich sein Profil. Sein Kopf verlängerte sich. Dabei spannte sich seine Haut und gab den Blick auf ein Netzwerk blutroter Adern frei, die seinen Kopf bedeckten wie Magmaströme
einen unbewohnbaren Planeten. Das Fleisch seines Gesichts war zum Zerreißen gespannt und legte seine grauen Augen frei, die in ihren Höhlen festsaßen. Ein grimassenartiges Lächeln bleckte gelbe Zähne. Die Nase sah aus wie ein harter Schnabel. Hinter ihm waren die Lichtpunkte zu Ascheflocken geworden, die sich auf der Wand mit den Bücherregalen absetzten. Dort pulsierten sie leicht und schwebten aufeinander zu wie teerverschmierte Insekten, die blindlings ihren Weg suchten. Ralea erkannte mit wachsendem Entsetzen, dass es sich nicht um den Anfang einer Migräne oder Vorboten von Erschöpfung handelte, sondern um eine ausgewachsene Halluzination. Sie musste verdammt schnell handeln.
    »Ralea«, sagte Alder mit diesem klaffenden Maul, »wo wollen Sie in diesem Leben noch hin?« Seine Zunge war die eines Reptils und züngelte in seinem schmierigen Mund.
    »An die Spitze, Sir«, sagte sie instinktiv. Doch sie hörte selbst, wie wenig überzeugend ihre Stimme klang. Die schwarze Masse an der Wand streckte ihre Fühler aus, klammerte sich an den Oberflächen fest und bewegte sich langsam Richtung Boden und Decke. Sie wölbte sich so deutlich vor, dass es schien, als ob der Raum atmete; teerbedeckt wie die Lungen eines kolonialen Minenarbeiters. Ralea wusste nicht mehr, ob die Schwärze eine große Einheit war oder aus mehreren Teilen bestand, die übereinanderkrochen. Als sie sich hinter Alder schob, nahmen seine Augen ihre Farbe an. Die Iris und das Weiße wurden erst aschgrau, dann schwarz.
    Ihr Boss klang nicht gerade zufrieden, als er scheinbar aus einer Million Meilen Entfernung fragte: »Sonst noch etwas?«
    »Sir?« Sie blinzelte und konzentrierte ihren Blick wieder auf Alder, der seinen Kopf schief legte. Er lächelte, doch seine Zähne waren zu scharf. Seine Augen waren so dunkel. Sie wusste nicht, ob die schwarze Masse aus seinem Kopf herausquoll oder ob er einfach leere Augenhöhlen hatte, durch die sie
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