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Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden

Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden

Titel: Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden
Autoren: Anna Carey
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einziges dieser Gesichter. Viele waren schmutz- und schlammverkrustet. Ihre Stiefel waren löchrig. Andere sahen mager und abgezehrt aus. Eine Frau hatte ihr Handgelenk mit einem Seil umwickelt, um damit ein schmales Stück Holz an ihrem Knochen zu fixieren.
    »Es ist endlich vorbei«, sagte die ältere Frau neben mir. An ihrer weißen Bluse und der schwarzen Hose erkannte ich, dass sie in einem der Läden im Einkaufszentrum gearbeitet haben musste. »Das ist das Ende.« Sie lächelte, ja, lachte beinahe, als die Soldaten näher kamen und mit gezogenen Waffen auf das Lagerhaus zugingen.
    Zwei Rebellen, ein Mann und eine Frau, sahen zu uns herauf und zielten auf den obersten Dachvorsprung. »Einer von euch macht uns die Tür auf«, schrie der Mann. »Der Rest hebt die Hände. Stellt euch am Rand des Daches auf, wo wir euch im Blick haben.«
    Ein dünner Mann mit einer Brille ging freiwillig und verschwand hinter uns in den Tiefen des Lagerhauses. Minuten später tauchte er mit den beiden Rebellensoldaten im Schlepptau wieder auf. Die Soldatin hatte harsche, scharf konturierte Gesichtszüge. Auf ihrer Wange klebte getrocknetes Blut. Sie hielt ihre Waffe auf uns gerichtet, während sie sprach. »Wir fragen euch das nur ein Mal«, sagte sie. »Steht irgendjemand hier mit dem Regime in Verbindung?«
    Wir standen mit erhobenen Händen in einer Reihe und ich versuchte, meine Atmung zu verlangsamen, damit meine Finger aufhörten zu zittern. Einige Sekunden verstrichen. Die Frau neben mir beobachtete alles und wartete, ob ich etwas sagen würde. Ich schloss die Augen. Ich war die Tochter des Königs, das ließ sich nicht verleugnen.
    Doch niemand sagte etwas. Der Wind fegte über das Dach und trieb mir die Tränen in die Augen. Ich zählte die Sekunden, dankbar für jede, die verging. Der Soldat, der etwas kleiner war als die Frau und dessen Hose an den Knien aufgerissen war, trat vor. Er musterte unsere Gesichter und unsere Kleidung. Vor der Frau in der Palastuniform blieb er stehen. »Hast du für –«
    »Warten Sie«, sagte jemand am anderen Ende der Reihe. Ein Mann in einer zerschlissenen grauen Jacke starrte mich an. Sein Finger zitterte, als er in meine Richtung deutete. »Sie ist die Tochter des Königs. Sie sollte heute hingerichtet werden.«
    »Wegen des versuchten Mordes an ihrem Vater«, ergänzte die Frau neben mir. Sie sah den Soldaten ins Gesicht. »Sie dürfen sie nicht bestrafen. Sie stand aufseiten der Rebellen, nicht auf der des Regimes.«
    Die Soldaten schwiegen. Der kleine bullige Soldat mit den grauen Haaren zog mich aus der Reihe. Er nahm ein Stück Seil von seinem Gürtel und fing an, mir die Hände damit zu fesseln, während die Soldatin mir die Waffe an die Brust hielt. Ihre Gesichter waren ruhig und zeigten keinerlei Regung.
    »Sonst noch jemand?«, fragte die Soldatin. Sie sprach langsam und mir fiel auf, dass ihre Lippe aufgesprungen und im Mundwinkel angeschwollen war. »Ist hier sonst noch jemand vom Palast?«
    »Sie sollte nicht bestraft werden«, wiederholte die Frau. Sie ließ die Hände sinken und trat aus der Reihe. »Bitte – lassen Sie sie gehen. Sie ist schwanger.«
    Der Mann mit dem grauen Haar zog mich an meinen gefesselten Händen mit sich. »Das ist nicht deine Entscheidung.« Er führte mich zur Tür, während die Soldatin hinter uns herlief. Die restlichen Stadtbewohner standen einfach nur da und sahen mit weiter erhobenen Händen zu, wie die Soldaten mich die Treppe hinunterzerrten.
    Sobald wir allein waren, sprudelten die Worte nur so aus meinem Mund. Ich versuchte, nicht allzu verzweifelt zu klingen, während sie mich weiterzogen und eine Metallstufe nach der anderen unter meinen Füßen verschwand. »Ich habe mit Moss zusammengearbeitet.« In der Dunkelheit konnte ich ihre Gesichter nur schwer ausmachen. »Er hatte eine Stellung innerhalb des Palastes eingenommen und ich habe mit ihm einen Plan zur Ermordung des Königs ausgearbeitet.«
    Der bullige Soldat wickelte das Seil noch einmal um seine Hand, sah mich aber nicht an, als ich weiterredete. Wir liefen durch das Betongebäude, dessen muffiges, schattendurchzogenes Inneres voll von halb fertigen Möbeln – Kommoden, Tischen und Stühlen – stand. Das Gewehr bohrte sich in mein Kreuz, als wir auf die Straße hinaustraten. »Ich habe noch nie von einem Moss gehört«, sagte die Soldatin.
    »Reginald«, entgegnete ich. »In der Stadt nannte er sich Reginald. Er war der Pressechef meines Vaters.«
    Vor uns brannte ein Feuer
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