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Eve & Adam (German Edition)

Eve & Adam (German Edition)

Titel: Eve & Adam (German Edition)
Autoren: Katherine Applegate , Michael Grant
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zugeben, es geht mir nicht mehr ganz so schlecht wie noch vor einigen Stunden. Die Schmerzen sind von brennend auf dumpf pochend zurückgegangen.
    Und als endlich der Schlauch aus meinem Hals gezogen wird, sage ich mit einem heiseren Flüstern: »Ich habe Hunger«, worauf die anderen mit anerkennendem Gelächter und Applaus reagieren.
    Ein Krankenpfleger, ein älterer Typ mit einem gepflegten grauen Bart, macht mich mit der Zimmerausstattung bekannt wie ein Hotelpage, der auf ein gutes Trinkgeld aus ist. WLAN ! Flachbildschirm! Italienischer Marmor! Beheizter Handtuchhalter!
    »Brauchst du noch irgendetwas?«, fragt meine Mutter. »Schlafanzug und Bademantel lasse ich dir gleich von zu Hause holen.«
    Ich überlege. »Meinen Laptop. Mein Titus-Andronicus- T-Shirt, du weißt schon, das blaue. Und vielleicht die Hautcreme.«
    »Deinen Laptop brauchst du erst mal nicht.«
    »Weißt du, wo mein Handy ist?«, krächze ich. »Ich muss Aislin anrufen. Ich glaube, dieser Typ – Solo – sagte, jemand hätte es abgegeben.«
    Ein angestrengtes Lächeln. Meine Mutter mag Aislin nicht. Sie duldet sie, wie sie mein Frettchen geduldet hat, das nie ganz stubenrein wurde.
    Meines Wissens liegt das daran, dass Aislin unseren schwedischen Siebentausend-Dollar-Ganzkörper-Massage-Stuhl mit einem ausgekotzten Mojito kurzgeschlossen hat.
    Aislin jedoch behauptet, der entscheidende Wendepunkt sei ein anderer gewesen: als sie meiner Mutter ein Mittel gegen ihre chronischen Kopfschmerzen vorgeschlagen hat. Wahrscheinlich mit einer Formulierung wie »das würde Ihnen guttun«.
    »Derek, sehen Sie nach, ob Solo das Handy meiner Tochter hat.« Ein Techniker eilt nach draußen und im nächsten Moment erscheint Solo mit einer Plastiktüte.
    »Jemand hat dein Handy abgegeben«, sagt er. »Und deinen Skizzenblock. Er ist ein bisschen schmutzig geworden, aber nicht schlimm.«
    »Danke.« Ich klinge wie meine Urgroßmutter nach ihrer abendlichen Mentholzigarette.
    »Ich nehme ihn«, sagt meine Mutter, aber Solo will den Block aus irgendeinem Grund nicht loslassen.
    Sie zieht daran und der Block fällt auf den Boden.
    Als Solo ihn aufhebt, ist er an der Stelle aufgeschlagen, an der ich seit einigen Wochen im Zeichenkurs arbeite. Wir sollten einen Menschen aus der Erinnerung oder unserer Fantasie zeichnen, ohne ein Modell oder Foto zu Hilfe zu nehmen.
    Einfach, dachte ich.
    Es stellte sich heraus, dass es doch gar nicht so einfach war.
    Solo starrt die Zeichnung an. Ich habe mit dem Gesicht eines Typs im Profil angefangen. Nichts aus dem Gedächtnis, sondern was mir so einfiel. Überwiegend Linien, Winkel und Flächen. Ein Vorschul-Picasso.
    In jeder Beziehung schwach.
    Solo betrachtet es und sieht mich an.
    »Interessant«, sagt meine Mutter, ohne einen Blick darauf zu werfen. Sie schlägt den Block zu und gibt ihn einem Assistenten.
    Meine Mutter mag keine Kunst, weder von mir noch von sonst wem. Wahrscheinlich weil mein Vater Künstler war.
    »Austin war ein gescheiterter Bildhauer«, sagt sie oft – an dieser Stelle hält sie immer kurz inne und hebt die professionell gewachsten Augenbrauen –, »aber auf höchstem Niveau.«
    »Du bist ja eine Künstlerin«, sagt Solo.
    »Sie ist eine Patientin«, antwortet meine Mutter für mich, »und braucht jetzt Ruhe.«
    »Richtig.« Solo will ihr mein Handy geben.
    »Nein«, sage ich rasch. »Kannst du zuerst nachsehen, ob ich eine Nachricht bekommen habe? Das Passwort ist 0123.«
    »Wäre ich nie draufgekommen.« Solo überfliegt meine SMS. »Aislin will wissen, ob du tot bist oder was, und du sollst sie doch bitte, bitte, bitte sofort anrufen.«
    »Hast du sie nicht angerufen?«, frage ich meine Mutter. »Sie ist bestimmt schon …«
    »Dazu hatte ich nun wirklich keine Zeit«, schnappt meine Mutter. »Ich lasse sie durch einen Mitarbeiter anrufen, damit sie weiß, dass es dir gut geht.«
    Ein Versprechen, das sie bei der ersten Gelegenheit vergessen wird.
    »Kannst du das tun?«, bitte ich Solo. Keine Ahnung, warum ich ausgerechnet ihn frage, abgesehen davon, dass er mein Handy hat.
    »Klar, kein Problem.« Er tippt auf den Bildschirm. »Ist schon gespeichert. Keine Angst, ich habe ein fotografisches Gedächtnis.«
    »Wirklich?«, frage ich kraftlos. Ich bin plötzlich unglaublich müde.
    »Nur für die wichtigen Dinge.« Sein Blick verweilt auf meinem Bein und wandert von dort zu meinem Bauch.
    Ich weiß nicht, ob er meinen flach gedrückten Arm anstarrt oder meine Möpse (auch ziemlich flach),
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