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Evas Auge

Evas Auge

Titel: Evas Auge
Autoren: Karin Fossum
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unangenehme Entdeckung gemacht worden.«
    »Nun reden Sie doch endlich!«
    »Maja Durban wurde dadurch getötet, daß ihr Mörder ihr ein Kissen ins Gesicht drückte.«
    »Ja, das habe ich doch gesagt. Ich habe doch alles mit angesehen.«
    »Aber zuerst hatten sie Sex. Und diese Tatsache gibt uns physische Anhaltspunkte, um die Identität des Täters zu ermitteln. Und nun ist es so«, er holte wieder tief Atem, »daß dieser Mann nicht mit Einarsson identisch ist.«
    Eva starrte ihn an. Ihr Gesicht war ausdruckslos. Dann lächelte sie.
    »Es ist so, Eva«, sagte Sejer, »daß Sie den Falschen umgebracht haben.«
    Sie schüttelte heftig den Kopf und breitete die Arme aus, sie lächelte noch immer, aber langsam erstarrte das Lächeln dann.
    »Entschuldigen Sie – aber bei dem Auto bin ich mir sicher. Wir hatten auch so eins, Jostein und ich.«
    »Vergessen Sie bitte bis auf weiteres dieses Auto. Vielleicht haben Sie dabei wirklich recht. Aber dann hat nicht Einarsson darin gesessen.«
    Ein plötzlicher Zweifel überkam sie.
    »Er hat es doch nie verliehen«, stammelte sie.
    »Vielleicht hat er eine Ausnahme gemacht. Oder jemand hat das Auto entwendet.«
    »Das kann nicht sein!«
    »Wieviel haben Sie eigentlich gesehen? Sie haben durch einen schmalen Türspalt geschaut. Das Zimmer war halbdunkel. Und hatten Sie nicht lange Zeit die Hände vors Gesicht geschlagen?«
    »Bitte, gehen Sie«, schluchzte sie.
    »Tut mir leid«, sagte er schwach.
    »Seit wann wissen Sie das schon?«
    »Schon ziemlich lange.«
    »Fragen Sie, wo mein Vater bleibt.«
    »Der ist bestimmt unterwegs. Versuchen Sie, sich auszuruhen, das werden Sie noch brauchen.«
    Er stand noch immer vor ihr und wäre gern weggerannt, riß sich dann aber zusammen.
    »An Ihrem Verbrechen ändert das nichts«, sagte er.
    »Doch.«
    »Vor Gericht ist wichtig, daß Sie geglaubt haben, es sei Einarsson gewesen.«
    »Nein! Ihr müßt euch da geirrt haben!«
    »Das kommt durchaus vor. Diesmal aber nicht.«
    Sie saß lange mit den Händen vor dem Gesicht da, dann sah sie ihn an. »Einmal, mit dreizehn …«
    »Ja?«
    Sejer wartete.
    »Meinen Sie, man kann vor Angst sterben?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Ich glaube schon. Aber nur, wenn man alt ist und ein schwaches Herz hat. Wieso fragen Sie?«
    »Ach, einfach so.«
    Sie schwiegen eine Weile. Eva fuhr sich über die Stirn und warf dann einen Blick auf ihr Handgelenk, dann fiel ihr ein, daß ihr die Uhr weggenommen worden war.
    »Aber wenn es nicht Einarsson war – wer war es dann?«
    »Das werde ich noch feststellen. Möglicherweise war es ein Bekannter von Einarsson.«
    »Stellen Sie fest, wo mein Vater bleibt!«
    »Das werde ich.«
    Er ging zur Tür, öffnete sie und drehte sich um.
    »Nehmen Sie es nicht so schwer, daß wir Sie durch das Türfenster beobachten können. Wir wollen uns nur vergewissern, daß es Ihnen gut geht. Wir sind keine Voyeure.«
    »Aber mir kommt das so vor.«
    »Ziehen Sie sich die Decke über den Kopf. Versuchen Sie, daran zu denken, daß Sie hier nur eine unter vielen sind. Sie sind nichts Besonderes, auch, wenn Sie sich so vorkommen. Ein wirklich interessanter Mensch sind Sie nur draußen, oder etwa nicht?«
    »Sie haben gut reden.«
    »Ich melde mich.«
    Er schloß die Tür und drehte den Schlüssel um.
    ---
    D as Haus in der Rosenkrantzgate 16 war frisch gestrichen und grüner denn je.
    Sejer hielt vor der Garage und wollte gerade aussteigen, als er hinten bei den Wippen Jan Henry entdeckte. Der blieb einen Moment lang sitzen und sah verlegen aus, dann kam er angetrottet.
    »Ich dachte, Sie würden nicht mehr kommen.«
    »Das habe ich doch versprochen. Wie geht’s?«
    Jan Henry zuckte mit den schmalen Schultern und schlang die Beine umeinander.
    »Ist deine Mutter zu Hause?«
    »Sicher.«
    »Und hast du jetzt schon richtige Ausflüge gemacht? Mit dem Motorrad?«
    »Ja. Aber Ihr Auto gefällt mir besser. Auf dem Motorrad ist es so kalt«, fügte er hinzu.
    »Warte hier draußen auf mich, Jan Henry, ich hab’ dir was mitgebracht.«
    Sejer ging auf die Haustür zu, und der Junge setzte sich wieder auf die Wippe. Jorun Einarsson öffnete, sie trug nur eine Strumpfhose, aber vielleicht hatten auch Strumpfhosen jetzt einen fetzigen neuen Namen, überlegte er, und einen weiten Pullover. Ihre Haare waren bleicher denn je.
    »Ach, Sie sind’s?«
    Er nickte höflich. Sie wich zurück und ließ ihn ins Haus. Er blieb im Wohnzimmer stehen, holte Luft und sah sie mit ernster Miene an.
    »Im Moment
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