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Evas Auge

Evas Auge

Titel: Evas Auge
Autoren: Karin Fossum
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einem Tretschlitten und steckte die neue vorn in die Mitte. Seine Mutter kam ins Zimmer und lächelte.
    »Geh auf dein Zimmer«, sagte sie dann kurz. »Der Mann und ich haben etwas zu besprechen.«
    Der Junge setzte wieder den Hut auf und verschwand.
    Sejer nahm einen Schluck Kaffee und betrachtete Frau Einarsson, die zwei Stück Zucker in ihre eigene Tasse fallen ließ, aus nächster Nähe, um nicht zu spritzen. Sie trug keinen Trauring mehr. Ihre Haare waren am Scheitel dunkel, und sie hatte sich die Augen zu stark geschminkt, weshalb sie ziemlich böse aussah. Eigentlich war sie hübsch, eine helle, adrette kleine Gestalt. Wahrscheinlich wußte sie das nicht. Wahrscheinlich ist sie mit ihrem Aussehen unzufrieden, wie die meisten anderen Frauen, abgesehen von Elise, dachte er.
    »Wir suchen noch immer nach diesem Käufer, Frau Einarsson. Aus irgendeinem Grund wollte Ihr Mann plötzlich den Wagen verkaufen, obwohl er das Ihnen gegenüber nie erwähnt hatte. Er ist losgefahren, um ihn jemandem zu zeigen, und nie zurückgekehrt. Vielleicht hat jemand Ihren Mann auf der Straße angesprochen, oder was weiß ich. Vielleicht suchte jemand gerade ein solches Auto und hat sich einfach gemeldet. Oder vielleicht hatte jemand es auf Ihren Mann abgesehen, nur auf ihn, nicht auf das Auto, hat das Auto als Vorwand benutzt, um Ihren Mann aus dem Haus zu locken. Ihn mit der Verkaufsmöglichkeit in Versuchung geführt, vielleicht auch mit Bargeld als Lockmittel. Wissen Sie, ob er in Geldschwierigkeiten steckte?«
    Sie schüttelte den Kopf und zerkaute den aufgelösten Zucker zwischen ihren Backenzähnen.
    »Das haben Sie mich schon einmal gefragt. Nein, keine Geldschwierigkeiten. Ich meine, keine akuten. Aber alle brauchen ja Geld, und besonders viel leisten konnten wir uns nicht. Und jetzt ist es noch schlimmer. Und ich finde keinen Kindergartenplatz. Und ich habe Migräne«, sie massierte sich ein wenig die Schläfen, wie um zu demonstrieren, daß er sie schonen müsse. »Und es ist gar nicht so einfach, Arbeit zu finden, mit so einem Handikap und mit einem Kind und überhaupt.«
    Er nickte mitfühlend.
    »Aber Sie wissen nicht, ob er vielleicht Spielschulden oder Geld geliehen hatte, irgendein privates Darlehen, das er nicht zurückzahlen konnte?«
    »Das hatte er nicht. Er strotzte ja nicht gerade vor Intelligenz, aber Dummheiten hat er nicht gemacht. Wir sind zurechtgekommen. Er hatte ja seine Arbeit. Und er hat sein Geld nur für das Auto und ab und zu für ein Bier in der Kneipe ausgegeben. Er hat zwar manchmal ziemlich große Sprüche geklopft, aber er war nicht zäh genug, um irgendwo hineinzurutschen, ich meine in etwas Verbotenes, das glaube ich wenigstens nicht. Und wir waren immerhin acht Jahre verheiratet, ich glaube also, ihn zu kennen. Ich meine, gekannt zu haben. Und ich kann hier einfach nichts Schlechtes über Egil sagen, auch, wenn er tot ist.«
    Endlich holte sie Atem.
    »Sie wissen nicht mehr, ob irgendeiner von seinen Freunden je sein Auto übernehmen wollte?«
    »Ach, doch, das wollten viele. Aber er wollte nicht verkaufen. Er mochte es ja nicht einmal verleihen.«
    »Und Sie erinnern sich nicht an Anrufe an den Tagen vor seinem Verschwinden, die etwas mit dem Auto zu tun gehabt haben können?«
    »Nein.«
    »Wie war er an diesem letzten Abend?«
    »Das habe ich doch schon gesagt. Wie immer. Er kam um halb vier von der Arbeit. Hatte Frühschicht. Dann hat er Pizza Mexicana gegessen, Kaffee getrunken und für den Rest des Nachmittags in der Garage gelegen.«
    »Gelegen?«
    »Unter dem Auto. Und hat daran herumgebastelt. Er war wie besessen von diesem Auto. Danach hat er es gewaschen. Ich hatte im Haus zu tun, ich habe mir nichts dabei gedacht, bis er plötzlich loswollte, um das Auto vorzuführen.«
    »Aber er hat keinen Namen genannt?«
    »Nein.«
    »Und auch nicht gesagt, wohin er wollte?«
    »Nein.«
    »Und Sie haben nicht gefragt, warum er das Auto verkaufen wollte?«
    Sie machte sich an ihren Haaren zu schaffen und schüttelte den Kopf.
    »Ich habe mich nicht um dieses Auto gekümmert. Ich habe ja nicht einmal den Führerschein. Mir war es egal, was für ein Auto wir hatten, wenn wir nur eins hatten. Und er hat ja auch nicht von Verkaufen geredet, sondern nur von Vorführen. Und er muß dabei ja nicht unbedingt den Mörder gemeint haben. Er kann doch irgendwen getroffen oder einen Tramper mitgenommen haben, oder was weiß ich. In dieser Stadt wimmelt es doch nur so von Verrückten, das kommt vom Heroin,
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