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Eva und die Apfelfrauen

Eva und die Apfelfrauen

Titel: Eva und die Apfelfrauen
Autoren: Tania Kraetschmar
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sehr an ihrem Garten. « Rechenberger kramte in seiner Mappe. » Einen Moment bitte « , sagte er, dann zog er mehrere Pläne heraus. » Hier, das ist der Grundriss des Hauses. Baujahr ist 1908, aber soweit ich weiß, ist der Zustand gut. Frau Staudenroos hat über die Jahre Modernisierungen vornehmen lassen. Und ich denke, dass der Platz mehr als ausreichend ist. « Er gab Eva die Skizze, und die anderen vier standen auf, um ihr über die Schulter zu schauen.
    Â» Da kommen die Kerzen hin… und da… und da… und da… « , murmelte Dorothee verträumt und zeigte auf eine große freie Fläche im Erdgeschoss.
    Â» Das ist unnötig « , zischte Marion. » Da ist doch schon ein Kamin! So viel offenes Feuer ist nicht gut. Das stört das Chi. Was wir brauchen, ist eher ein Zimmerbrunnen! «
    Â» Was bedeutet diese Eins hier? « , fragte Eva den Rechtsanwalt und zeigte auf einen kleinen Eintrag neben dem Haus.
    Â» Da waren Frau Staudenroos und ich uns auch nicht sicher. Es ist eine sehr alte Kopie, wissen Sie. Aber wir vermuten, dass es sich auf den Apfelgarten bezieht. «
    Â» Was denn? Ein Baum? «
    Â» Nein. Ein Hektar. Zehntausend Quadratmeter. «
    Â» Zehn… Nein! Das kann nicht sein! « Eva sah schockiert auf. Auch die anderen blickten Rechenberger ungläubig an.
    Â» Wieso nicht? « , fragte er.
    Â» Wir können unmöglich neben einem Haus einen Apfelgarten von zehntausend Quadratmetern in Wannsee geerbt haben! Mein Großvater hatte früher einen Schrebergarten, der war fünfhundert Quadratmeter groß. Zwanzigmal so viel Land! Nein! «
    Â» Gibt’s in Wannsee überhaupt so große Grundstücke? « , fragte Marion. » Außer dem Glienicker Park natürlich? «
    Einen Moment lang sah Rechtsanwalt Rechenberger sie überrascht an. Dann nahm er seine Brille ab, begann erneut, sie zu putzen, und holte tief Luft. » Meine Damen, wenn Sie Wannsee sagen, dann denken Sie dabei vermutlich an den zu Zehlendorf gehörenden Bezirk in Berlin– mit dem gleichnamigen Gewässer im Südwesten der Stadt gelegen und an Potsdam grenzend… «
    Â» Natürlich « , sagte Marion überzeugt. » Ein anderes Wannsee gibt es doch nicht in Berlin! «
    Â» In Berlin nicht, das stimmt « , erwiderte Rechenberger bedächtig und setzte die Brille langsam wieder auf. » Aber in der Mark Brandenburg, rund sechzig Kilometer südwestlich von Berlin, gibt es noch ein Wannsee. Ein beschauliches Dorf in einer landschaftlich sehr reizvollen Gegend. Es ist nach dem See benannt, der fußläufig zu erreichen ist. Die Dorfkirche datiert ins 17.Jahrhundert zurück, worauf die Wannseer sehr stolz sind. Es gibt allerdings keine öffentliche Verkehrsanbindung– wie gesagt, es ist ein kleines Dorf. Sehr klein. Bei der letzten Zählung hat man vierundachtzig Einwohner registriert. Es gibt nur eine Straße, die Dorfstraße. Ebendort befindet sich Frau Staudenroos’ Haus, das Sie fünf geerbt haben. Wenn Sie das Erbe jetzt überhaupt noch antreten wollen. Ich denke, es ist im Sinne der Erblasserin, wenn Sie Ihre endgültige Entscheidung erst nach der Besichtigung des Objekts fällen. Ich muss allerdings darauf bestehen, dass Sie mir innerhalb einer Woche Bescheid geben. «
    Alfons Rechenberger hätte seine Brille nicht so sorgfältig putzen müssen, um zu erkennen, wie verdattert die fünf Frauen ihn anschauten. Das hätte auch ein Blinder gesehen. Was dann kam, verblüffte den Rechtsanwalt, der schon so einiges in seinem Leben erlebt hatte, aber doch: Seine Klientinnen rissen unisono die Münder auf, streckten die Zungen weit heraus und drehten die Augen himmelwärts.
    Â» Meine Damen « , sagte er, und man musste ihm zugutehalten, dass seine Stimme nur ein kleines bisschen zitterte, » ich darf Sie einen Moment allein lassen? Sicher haben Sie etwas miteinander zu besprechen. «

4. Kapitel
    Die Natur ist das einzige Buch,
das auf allen Blättern großen Inhalt bietet.
    Johann Wolfgang von Goethe
    Â» Ich glaub, ich spinne. Aufs Land! In den wilden Osten! Was soll ich denn da? Ich will nicht in so ein Kuhkaff « , zischte Marion erbost. Anscheinend hatte der Löwe bei ihr diesmal nicht die erhoffte entspannende Wirkung erzeugt. » Lasst uns das Erbe ausschlagen. Sofort! Soll doch eine Stiftung damit glücklich werden! « Marion fasste die
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