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Euro Psycho

Euro Psycho

Titel: Euro Psycho
Autoren: Craig Taylor
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für einen weiteren Champions-League-Formschnitt.
    Drei in Folge. Damit wäre ich unsterblich, fußballerisch gesehen zumindest. Ich würde aus der Unbeständigkeit des Alltagsgeschäfts ins dauerhafte Pantheon der Mythen und Legenden aufsteigen. Nachdenklich betrachte ich die Lücke für den dritten Champions-League-Strauch, dann gehe ich weiter und schlendere zu meinem ikonenhaften Arts-And-Crafts-Herrenhaus, das sich über die freie Fläche erhebt wie früher die Pyramiden über die Lehmhütten Italiens. Ich laufe über die Terrasse, vorbei an meinem Infinity-Pool, der wie eine Katze vor sich hinbrummt, zu meinem Lieblingsplatz im Garten.
    Hier habe ich einen kleinen Pavillon errichten lassen. Ach ja, und eine schlichte Discobar. Ich setze mich, lasse meinen Blick umherwandern und seufze, ziehe das Vertu hervor und rufe Google auf. Ich habe Mr. Fünfzehn Prozent zwar gesagt, dass ich nicht ins Netz gehe, aber andererseits hat ein Mann, der genug davon hat, sich selbst zu googeln, auch genug vom Leben.
    Ich tippe »Kev King« in die Suchmaschine.
    Ich werde überflutet, überschwemmt. Das hier ist das World Wide Kev.
    Ich lese einige der Überschriften. Englands Kapitän prügelt sich live im Fernsehen.
    Das entspricht den Tatsachen. Auch wenn es den Grund für die Schlägerei unerwähnt lässt: den Versuch des Hutträgers, den ruhmreichen Spitzensport in den Schmutz zu ziehen. Es ist ein Festschmaus für die Kommentatoren:
    … Missachtet die Regeln öffentlichen Zusammenlebens …
    … Negative Auswirkungen auf das Verhalten von Jugendlichen …
    … Der tiefe Fall eines Idols …
    … Eine Schande für das Nationalteam …
    Das geht in Ordnung so, ich selbst lege großen Wert auf öffentliche Verhaltensregeln – mehr als diese Flachwichser von der Journaille wissen –, doch sie haben da was falsch verstanden. Sie putzen mich zu Unrecht runter. Ich habe den Fußball vor abgrundtief dunklen Mächten beschützt, und jetzt schreibt man mir diese Rolle zu. Das ist so, als würde eine Horde Arschlöcher Luke Skywalker auf Schritt und Tritt folgen und »Darth, du Schwein« rufen.
    Man tut mir Unrecht.
    Ich starre wehmütig auf die Landschaft vor mir. Die mir gehört. Dann weiter zu der Reihe von Bäumen, die mein Grundstück säumen. Aber was ist das? Die rundliche dunkle Gestalt auf dem Ast eines Baumes. Was ist das?
    Ich stehe auf und gehe auf den undefinierbaren Tupfer zu, der weit oben in einem der Bäume am Rand meines Grundstücks hin und her schaukelt. Während ich darauf zumarschiere, scheint sich der Tupfer zu bewegen. Doch in diesem Moment klingelt das Vertu Constellation Precious. Ich bleibe stehen und sehe nach. Abtum Bahta, der Vereinspräsident.
    Ja, spinn ich denn? Er ruft mich höchstpersönlich an. Damit habe ich nicht gerechnet. Mein Herz hüpft wie ein Lachs auf einem heißen Blechdach. Zeig Stärke, Kev. Zeig Klasse. Ich gehe ran.
    »Kevin, eine so wichtige Nachricht wollte ich Ihnen persönlich mitteilen.«
    »Natürlich.«
    »Haben Sie den Karton Brausepulver bekommen, den ich Ihnen geschickt habe, Kevin?«
    Das macht er jedes Mal. »Ja, hab ich … Äh … Danke.«
    Spuck’s schon aus, Bahta. Spuck. Es. Aus. Denn ich habe das Gefühl, als hätte ich brennendes Öl in den Ohren und als glitten am Rand meines Blickfelds Umrisse von Wassertieren vorbei. Ich bin leicht neben der Kappe. Bin ich drin oder draußen?
    »Einer unserer Hauptsponsoren hat darauf gedrängt, Sie sofort zu feuern.«
    »Was!?«
    »Unter den gegebenen Umständen kann ich den Leuten kaum einen Vorwurf machen. Doch ich konnte es ihnen ausreden.«
    Er hat es ihnen ausgeredet! Bahta hat es ihnen ausgeredet!
    »Statt Sie zu feuern haben wir uns dafür entschieden, Sie zu beurlauben und mit einer hohen Geldstrafe zu belegen.«
    »Nein!«, brülle ich. »Beurlauben? Was!?«
    Eine Beurlaubung oder eine Entlassung kommen aufs Gleiche raus: Ich werde das Spiel verpassen. »Beschissene, beschissene …«
    »… Bevor Sie etwas sagen, was sie hinterher bereuen, lassen Sie mich ausreden … Wir beurlauben Sie erst nach dem Spiel.«
    Verstehe, alles klar. Eine aufgeschobene Beurlaubung.
    »Aber«, fährt Bahta fort, »wir werden es heute bereits bekanntgeben, um den Eindruck zu erwecken, dass der Verein hart durchgreift. Medien und Fans werden zufrieden sein, und damit auch der Sponsor.«
    »Gut … Mr. Bahta, danke …«
    »Moment, Kevin. Ich habe Ihnen noch nicht die Höhe der Geldstrafe genannt.«
    »Ach ja, ich höre.«
    »Zwei
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