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Euro Psycho

Euro Psycho

Titel: Euro Psycho
Autoren: Craig Taylor
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Millionen Pfund.«
    »Was? Also, zweimal eine Million? Zwei Millionen mal eins?«
    »Damit sind Sie noch gut bedient. Wie auch immer, ich muss jetzt vor die Presse.«
    Bahta legt auf.
    Zwei Millionen Pfund! Neben dieser Summe wirkt der Betrag, den man Eric Cantona – dem Stürmer mit dem hochgestellten Kragen – aufgebrummt hat, weil er mit einer Fluggrätsche einem Durchschnittszuschauer in Kung-Fu-Manier einen Tritt vor den Brustkorb verpasst hat, winzig. Ja, zwergenhaft.
    Das ist eine Menge Kohle. Zusammen mit den Kosten für meine Scheidung und den versiegenden Werbeeinnahmen trifft mich das hart. Aber halt, halt … Andererseits werde ich unter den Augen der begeisterten Zuschauer überall auf der Welt den Champions-League-Pokal in die Höhe recken. In ein paar Monaten wird man sich an meinen Auftritt als Würger kaum noch erinnern – allenfalls als eine geisterhafte Erscheinung –, und alles, was bleibt, ist das Bild eures Kev, der zu einem Unsterblichen des Fußballs geworden ist.
    Ich werde die Strafe zahlen, die Klappe halten und in der Zwischenzeit alles daransetzen, dieses Arschloch mit dem Hut aufzuspüren. Ich werde dich finden, du Wichser. Du hast dein giftiges Sperma ins Ohr des Spitzensports gespritzt. Das werde ich nicht dulden.
    Ich stecke mein Handy ein, drehe mich um und will wieder meinen Zufluchtsort aufsuchen, da springt mir etwas ins Auge. Also im übertragenen Sinn, das ist nur eine Redewendung. Zwischen den Bäumen funkelt etwas. Und dann noch mal. Als würde sich die Sonne in einer Glasscherbe spiegeln. Erneut kann ich die dunkle, rundliche Gestalt ausmachen. Sie klettert gerade vom Baum, um sich aus dem Staub zu machen.

Lüsterne Akrobaten
    Wir sind in Lissabon, Heimat aller Lesbierinnen und Mekka für gepflegten Damen-Sex.
    Ich stehe im Mittelkreis des Estádio da Luz, noch zwei Minuten bis zum Anstoß. Ich habe den rechten Arm um die Schulter von Leon Bédard, unserem mürrischen französischen Stürmer, gelegt. Meinen linken auf der von Ash Hughes, unserem unterbelichteten aber begnadeten Innenverteidiger. Unser Team hat Aufstellung genommen, während die Champions-League-Hymne aus den Lautsprechern dröhnt.
    Andächtig lausche ich der Musik. »Warum singen sie Lasagne ?«, fragt Ash und brüllt gegen den Lärm der Hymne und der 65000 Zuschauer an.
    »Tun sie nicht«, entgegnet Leon zu meiner Rechten.
    »Was dann?«, fragt Ash.
    »Charampam«, erwidert Leon.
    »Schwachsinn«, antwortet Ash. »Das ist kein Wort.«
    »Natürlich. Wie könnte ich es sonst aussprechen, wenn es kein Wort ist?«
    »Das ist kein richtiges Wort.«
    »Herrgott noch mal«, unterbreche ich sie. »Erstens, Ash, in Songtexten müssen keine richtigen Wörter vorkommen. Die aktuelle Musik ist voller Las und Das und Parapapampas . Wenn der Laut das gewünschte Gefühl vermittelt, dann hat der Sänger auch das Recht, ihn zu singen.«
    »Siehst du?«, sagt Bédard hämisch.
    »Aber davon mal abgesehen, Leon, sie singen nicht Charampam . Sie – das heißt in diesem Fall der Choir of St. Martin in the Fields, begleitet vom Royal Philharmonic Orchestra – singen The Champions , das letzte Wort des dreisprachigen Refrains der Champions-League-Hymne von Komponist Tony Britten, eine Adaption von scheiß Händels Zadok the Priest .«
    »Oh«, sagt Bédard.
    »Nein«, sagt Ash Hughes. »Sie singen definitiv Lasagne .«
    »Okay, schön, Ash. Sekunden vor dem Anstoß zum Champions-League-Finale spielt die UEFA ein Liedchen über ein Pasta-Gericht mit Hackfleisch und weißer Soße. Das leuchtet ein. Ergibt Sinn. Und was singen sie jetzt? Die Meister, die Besten, Les Grandes Équipes? Oder Moussaka? Ist es das, was sie singen?«
    »Ist ja gut, Kev, beruhig dich.«
    Er hat recht. Ich muss mich beruhigen. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um wegen des Hymnentextes auszurasten. Jetzt steht Fußball auf dem Programm. Darum bin ich hier, im Heimstadion von Benfica, dem Schauplatz von Portugals 0 : 1-Niederlage gegen Griechenland im EuroFinale 2004. Ein Stadion, das sich, wie mir jetzt auffällt, als ich zu den drei Rängen des Bancada Centenarium mit seinen VIP -Plätzen hinaufschaue, durch eine äußerst ausgeklügelte Konstruktion auszeichnet. Durch das Polykarbonatdach fällt das sinnliche Licht der Stadt Lissabon ins Innere.
    Ja! Ein Polykarbonatdach. 156 VIP -Logen. 43 Meter lange Stahlbögen, die von rechteckigen Betonpfeilern gestützt werden. Ein erstklassiges Stadion. Ein Fußballstadion. Die Hymne ist zu Ende. Ich
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