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Eulenspiegel

Eulenspiegel

Titel: Eulenspiegel
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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bemerkte.
    »Die Chefin richtet in Goch ein neues Dezernat ein: Mißbrauch«, erzählte sie. »Eine Anlaufstelle für Frauen und Kinder. Aber nicht nur das, es geht auch um Ermittlungen und Prävention, schwerpunktmäßig.«
    »Und wann?« Toppe versuchte gelassen zu bleiben, obwohl er ahnte, was kam.
    »Januar 98.« Astrid legte ihr Besteck auf den Tellerrand und sah ihn eindringlich an. »Und ich soll die Leitung übernehmen!«
    »Das hatte ich mir schon gedacht.« Toppe kämpfte gegen das flaue Gefühl im Bauch. »Ist doch super.«
    »Ich wäre für meinen jetzigen Job völlig überqualifiziert, und dort könnte ich endlich meine besondere Sensibilität, bla bla, du kennst das ja, jedenfalls würde es auf die Dauer ein Hauptkommissar-Posten. Jetzt sag doch mal was!«
    Toppe schob die Kalbsschnitzelchen auf seinem Teller hin und her. »Ein tolles Angebot.«
    »Natürlich müßte ich noch einige Seminare in Wiesbaden besuchen – die Termine hat sie mir schon gegeben. Und in den ersten Monaten wäre das sicher ein 24-Stunden-Job. Muß ja alles erst mal strukturiert werden. Helmut?«
    »Willst du denn weg?«
    Sie seufzte. »Eigentlich nicht. Das heißt, es ist mir gar nicht in den Sinn gekommen. Es würde so vieles verändern, auch für uns.«
    »Ja sicher, aber das muß ja nicht unbedingt schlecht sein. Bis wann mußt du dich denn entscheiden?«
    »Bis zum ersten Juni; das war das Äußerste, das ich rauspokern konnte. Es ist eine Riesenchance, die ich vermutlich kein zweites Mal kriege, aber.« Mit beiden Händen strich sie sich das Haar aus dem Gesicht. »Es wirft natürlich für uns diese besondere Frage wieder auf.«
    »Welche Frage?«
    »Die Frage, die du seit zwei Jahren so geschickt verdrängst.«
    Jetzt legte auch Toppe das Besteck weg. »Sei nicht ungerecht. Die Frage verdrängen wir beide mehr oder weniger geschickt.«
    »Stimmt, entschuldige. Ich war da auch nicht besser als du.«
    Er nahm den direkten Weg. »Willst du immer noch ein Kind?«
    Sie lächelte verloren und sah an ihm vorbei. »Ehrlich, ich weiß es nicht, jetzt noch viel weniger. Ich mag meine Arbeit, ich mag eigentlich mein ganzes Leben, aber es ist auch. manchmal sehne ich mich. ich weiß es nicht.«
    Er hätte sie gern in die Arme genommen.
    »Und du?« Sie sah ihn wieder an. »Du willst ganz sicher kein Kind?«
    »Ich will dich.«
    Aber das reichte ihr nicht.
    »Ich will dich. Und wenn dein Lebensglück von einem Kind abhängt, dann wollen wir dieses Kind haben.«
    Die Schwäche sackte ihm vom Bauch in die Beine.
    »Mein Lebensglück! Jetzt bist du nicht fair. Du gibst mir den Schwarzen Peter. Das ist doch keine Entscheidung, die du mir allein überlassen kannst.«
    »Aber es ist deine Entscheidung, Astrid.«
    Er goß Wein aus der Karaffe nach und schob ihr schnell das Glas hin. »Nicht weinen. Wir reden heute abend weiter, ja? In aller Ruhe.«

    Das Büro war und blieb für Teamsitzungen, an denen auch noch der ED teilnahm, zu klein, darüber konnten auch die komfortabelsten Möbel nicht hinwegtäuschen.
    Toppe hatte gleich auf einen Stuhl verzichtet und sich auf die Fensterbank gehockt, und van Gemmern stand sowieso lieber irgendwo unauffällig an die Wand gelehnt.
    Jürgen Rother saß auf Toppes früherem Platz und sammelte sich für seinen Bericht. Wie immer wirkte er höchst konzentriert. Eigentlich war er ein schmächtiger, unscheinbarer Mann von Mitte Fünfzig mit korrektem, grauen Bürstenhaarschnitt und grauen Anzügen. Aber er hatte auffallend grüne Augen, die einen manchmal unerwartet durchdringend musterten, und die leicht nach oben gezogenen Mundwinkel gaben seinem Gesicht, was auch immer er gerade sagte, einen stets ironischen Ausdruck.
    »Nun«, begann er, »viel können wir Ihnen nicht berichten. Es gibt Reifenspuren vom Tatfahrzeug. Die genaue Beschreibung bezüglich der Reifenmarke etc. entnehmen Sie Ihren Kopien. Die Spuren können wir, was den Abrieb etc. angeht, selbstverständlich abgleichen, wenn Sie uns das Tatfahrzeug liefern. Ferner fanden und untersuchten wir Schuhspuren. Herrn Hoymanns Schuhe und die Schuhe des Toten wurden von uns überprüft, ebenso das Schuhwerk der beiden Streifenpolizisten sowie das von Herrn Ackermann, und es blieben uns einige ausreichend aussagekräftige andere Spuren, die sich nicht decken, also mit größter Wahrscheinlichkeit von den beiden Tätern stammen. Der Boden war, wie wir alle feststellen konnten, sehr weich und machte eine Abdrucknahme leicht.«
    Liebe Güte, dachte Toppe.
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