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Esquivel, Laura - Bittersuesse Schokolade

Esquivel, Laura - Bittersuesse Schokolade

Titel: Esquivel, Laura - Bittersuesse Schokolade
Autoren: Laura Esquivel
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angesetzt wurde. Ihr Tod hatte sich auf äußerst merkwürdige Weise ereignet. Wie üblich hatte sie zu Abend gegessen und sich dann sogleich auf ihr Zimmer zurückgezogen. Esperanza und Tita waren noch auf eine kleine Unterhaltung im Eßzimmer geblieben. Pedro war nach oben gegangen, um Rosaura gute Nacht zu wünschen. Durch die beträchtliche Entfernung des Eßzimmers von den Schlafgemächern konnten Tita und Esperanza nichts hören. Zunächst wunderte sich Pedro kaum, als er hinter der geschlossenen Tür die Auswirkungen der ungeheuren Gasbildung seiner Rosaura vernahm. Doch als eines dieser abstoßenden Geräusche länger währte als üblich, ja schier unendlich schien, horchte er doch auf. Mit dem Gedanken, jener anhaltende Laut könne unmöglich von den Verdauungsproblemen seiner Frau herrühren, versuchte Pedro krampfhaft, sich auf das Buch in seinen Händen zu konzentrieren. Schließlich begann jedoch der Boden zu erzittern, und das Licht flackerte. Einen Moment lang meinte Pedro noch, dieser Kanonendonner sei ein Zeichen für ein neues Aufflammen der Revolution, dann freilich verwarf er diesen Gedanken sogleich wieder, denn dafür herrschte im Moment zuviel Ruhe im Lande. Möglicherweise hatte es sich auch um den Automotor der Nachbarn gehandelt. Bei genauerer Überlegung mußte man allerdings zugeben, daß Automotoren nicht einen derart pestilenzartigen Gestank verbreiten. Seltsam war nur, daß er überhaupt diesen Geruch wahrnahm, hatte er doch in weiser Voraussicht schon einen Löffel mit einem Stück glühender Kohle und ein wenig Zucker durch sein ganzes Zimmer getragen.
    Das ist eine der wirksamsten Methoden, um üblen Gerüchen zu Leibe zu rücken.
    In seiner Kindheit wurde es üblicherweise in Krankenzimmern so gehandhabt, wo Magen-Darmkranke sich entleert hatten, und immer gelang eine erfolgreiche Reinigung der Luft. Doch in diesem Fall hatte selbst das nicht im geringsten genützt. Beunruhigt ging er zur Verbindungstür zwischen beiden Zimmern, klopfte leise mit den Fingerknöcheln an und fragte Rosaura nach ihrem Befinden. Als er jedoch keine Antwort erhielt, öffnete er schließlich die Tür und fand Rosaura mit blau verfärbten Lippen, eingefallenem Körper, verdrehten Augen, starrem Blick und einem letzten Luft ablassenden Seufzer auf den Lippen vor. Johns Diagnose lautete später akutes Magenversagen.
    Die Beerdigung war sehr spärlich besucht, verstärkte sich doch mit dem Tod der unangenehme Gestank, den Rosauras Körper verbreitete. Aus diesem Grunde gingen nur wenige Personen das Wagnis ein, an der Beisetzung teilzunehmen. Eine Schar Truthahngeier, die den Leichenzug hoch in der Luft von Anfang bis Ende eskortierten, wollte sich diesen freilich um keinen Preis entgehen lassen. Dann aber, als sie schließlich erkennen mußten, daß es keinen Festschmaus geben würde, zogen sie sich sichtlich enttäuscht zurück und ließen Rosaura in Frieden ruhen.
    Für Tita in der Küche war leider die Zeit der Ruhe noch nicht angebrochen. Ihr Körper verlangte zwar unmißverständlich danach, doch bevor sie diesem Verlangen nachgeben konnte, mußte sie noch die Walnußsauce beenden. Das klügste war also, statt vergangenen Dingen nachzuhängen, sich mit der Küchenarbeit zu beeilen, um endlich in den Genuß der wohlverdienten Ruhepause zu kommen.
    Sind alle Walnüsse zu Ende geschält, werden sie zusammen mit dem Käse und der Sahne auf dem Metate zermahlen. Zum Schluß würzt man mit Salz und weißem Pfeffer nach Geschmack. Die Nußtunke wird über die gefüllten Pfefferschoten gegeben und mit dem Samen der Granatäpfel dekoriert.
    Füllung für die Pfefferschoten:
    Die Zwiebel wird in ein wenig Öl angebraten. Sobald sie goldgelb wird, fügt man das Hackfleisch mit Kümmel und etwas Zucker hinzu. Ist das Fleisch braun, kommen die Pfirsich- und Apfelstücke, das Zitronat, die Nüsse, Rosinen, Mandeln und zerkleinerten Tomaten hinein, bis alles gut durchgekocht ist. Dann wird das Ganze nach Geschmack gesalzen und eingekocht, bevor man es vom Feuer nimmt.
    Die Pfefferschoten werden getrennt geröstet und enthäutet. Dann schneidet man sie an einer Seite auf, um die Körner und Rippen zu entfernen.
    Tita und Chencha dekorierten die letzten der 25 Platten mit Pfefferschoten und stellten sie an einen kühlen Ort. Am darauffolgenden Morgen holten die Kellner sie in unversehrtem Zustand von dort hervor, um sie zum Festessen auf den Tisch zu tragen.
    Beflissen liefen sie von einem Platz zum anderen, um die
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