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Es ist nicht alles Gold...

Es ist nicht alles Gold...

Titel: Es ist nicht alles Gold...
Autoren: Marcia Muller
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Augen zu sehen.
    So ruhig wie möglich sagte ich: »Sie
hatten eigentlich nicht die Absicht, Joan zu töten, nicht wahr?«
    Ihr Atem wehte mir in heißen kleinen
Stößen ins Gesicht, während ihre hellen Augen in den meinen forschten. Dann
wich sie ein Stück zurück, immer noch auf der Hut, aber doch so weit, daß sie
mich nicht mehr berührte.
    »Ich wollte überhaupt niemanden töten.«
Sie zitterte stark. »Van Osten erhöhte plötzlich den Preis für die anderen
Tafeln des Altarbildes. Er wußte, daß ich mit dem Hirtenbild ohne die anderen
Teile nichts anfangen konnte.«
    »Das war nicht fair. Warum hat er das
getan.« Ich hockte, das linke Bein unter mir angewinkelt, an der Wand. Aber das
Bein schmerzte zu sehr, als daß ich mich darauf hätte abstützen und einen
Sprung wagen können. Cara Ingalls war immer noch direkt vor mir, das Messer in
der Hand, das jede Bewegung meinerseits gefährlich machte. Ich konnte meine
Pistole im trüben Licht nirgends sehen.
    »Er wußte, daß ich die Albritton
getötet hatte. Er kam rein und entdeckte mich mit der Leiche.«
    Die rauchige Stimme wurde schrill. Mit
meiner Frage hatte ich Cara Ingalls’ unersättliches Bedürfnis nach emotionaler
Zuwendung gereizt, dieses Bedürfnis, das sie mir schon am Tag zuvor zeigte, als
sie mir die Geschichte von ihrem Vater erzählt hatte. Auf ihrem steilen Weg nach
oben hatte sie sich wahrscheinlich nie einem Menschen anvertraut, wo sie unter
dem Druck von Mord und Erpressung zusammenzubrechen drohte, erschien ich ihr
wohl als ein Mensch, der, wenn auch nur kurz, bereit war, ihr zuzuhören.
    Ich ermutigte sie in diesem Glauben.
»Wie war das mit Joan Albritton?«
    Sie schauderte. »Am Montag abend kam
ich hier in den Laden, um sie zu überreden, die beiden anderen Bellinis und das
Grundstück direkt an mich zu verkaufen. Van Osten, der zu Harmon hielt, hatte
mir gedroht, die beiden Bellinis zurückzuhalten, wenn ich nicht mein Angebot
für den Grund hier zurückzöge. Außerdem ging das Schmuggelunternehmen nicht
mehr richtig. Unser italienischer Kontaktmann hatte Schwierigkeiten, die
gestohlenen Gemälde in den Fabriksendungen unterzubringen. Zum Beispiel lag
zwischen der Lieferung der ersten Tafel des Altarbildes und der nächsten eine
Frist von vier Monaten. Ich wußte, es war an der Zeit, etwas zu unternehmen.
Aber da eröffnete mir das blöde Frauenzimmer, daß sie sich ganz aus dem
Geschäft zurückziehen würde, und sagte, sie schulde mir überhaupt nichts. Es
gab Streit, und sie beschimpfte mich scheußlich. Ich sah die Messer in der
offenen Vitrine und...«
    Sie stockte, und beinahe hätte sie das
Messer gesenkt. Ich wollte mich aufrichten, aber da war das Messer schon wieder
da.
    Rasch fragte ich: »Was sagte sie denn?«
    Cara Ingalls schüttelte sich heftig.
»Sie nannte mich einen Aasgeier. Sie sagte, ich lebte auf Kosten der Leute, die
ich ruiniert hätte. Sie sagte, ich wäre unmenschlich, sie fände mich krank und
ekelhaft.«
    Ich fröstelte bei der Erinnerung an
Joans letzte Worte zu Charlie. »Du bedeutest mir jetzt nichts mehr.« Ihre
Abscheu vor Cara Ingalls war wahrscheinlich eine Projektion ihres Selbsthasses
gewesen, die sie wegen ihrer Grausamkeit zu Charlie quälte.
    Cara Ingalls, die mich aufmerksam
beobachtete, sagte leise: »Ist es nicht furchtbar, einem Menschen so etwas zu
sagen?« Ich nickte. Es war furchtbar, aber nicht so furchtbar, daß man dafür
töten mußte. Umsonst hielt ich nach meiner Pistole Ausschau.
    »Und dann kam van Osten herein?«
    »Ja. Er wollte die Madonna holen, damit
ich sie nicht bekäme, ehe ich mein Angebot für den Grund zurückgezogen hatte.
Er sagte, ich solle hier verschwinden, er würde sich um alles kümmern. Erst als
ich in meinen Wagen stieg, sah ich, daß ich das Messer noch in der Hand hatte.
Es war ganz voller Blut.«
    Sie machte ein angewidertes Gesicht.
    Wie unangenehm für dich, dachte ich.
Laut fragte ich: »Und wann hörten Sie wieder von van Osten?«
    »Am nächsten Tag. Er rief mich an und
erhöhte den Preis für die Madonna.«
    »Und gestern abend suchten Sie ihn in
seiner Wohnung auf, um zu zahlen?«
    Mein linkes Bein tat jetzt nicht mehr
so weh. Ich versuchte, es gegen die Wand zu stemmen. Cara Ingalls sprach
schnell, unaufhaltsam. Wenn ich jetzt meine Pistole gehabt hätte, wäre ein
Überraschungsangriff möglich.
    »Aber van Osten hatte das Bild nicht.
Er sagte, ich könnte es vergessen, er hätte sogar auf Ben Harmons
Brandstiftungsstrategie
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