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Es gibt kein nächstes Mal

Es gibt kein nächstes Mal

Titel: Es gibt kein nächstes Mal
Autoren: Imogen Parker
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als altmodisch angesehen werden, und
daher hat man mich engagiert, damit ich dem Programm einen gewissen Pfiff
gebe.«
    »Wie aufregend... hast du schon viele Ideen?«
    »Eine oder zwei. Ich habe mich heute in den
Buchhandlungen umgesehen. Mir scheint, daß das Marktforschungsinstitut ziemlich
richtig liegt. Die Umschläge wirken äußerst harmlos, und es gibt Bereiche, die
man bisher vollständig aus dem Programm ausgeklammert hat.«
    »Was zum Beispiel?«
    »Nun, hier scheint eine gewisse Nachfrage auf dem
Sektor erotischer Literatur für Frauen zu bestehen...«
    »Gemma! Du willst mir doch nicht etwa im Ernst
erzählen, daß du vorhast, Softpornos zu verlegen?«
    »Weshalb denn nicht?« fragte Gemma mit einem breiten
Grinsen. »Aber bisher ist das ohnehin nur eine vage Idee.«
    Sie fragte sich, warum die Leute in England
immer davon ausgingen, Interesse an Büchern müsse ernsthafte und intellektuelle
Beweggründe haben. Kathy hatte gerade genau denselben Tonfall angeschlagen wie
die Tutorin in Oxford vor so vielen Jahren, als Gemma zaghaft eine Karriere im
Verlagswesen zur Diskussion gestellt hatte. Die Tutorin hatte behauptet, noch
nie etwas von Judith Krantz gehört zu haben, und ihr Gesicht hatte sich zu
einer Grimasse des Widerwillens verzogen, als Gemma die knallrosa
Taschenbuchausgabe von Judith Krantz’ neuestem Roman aus ihrem Fahrradkorb
gezogen hatte, um zu demonstrieren, wie es in den frühen achtziger Jahren um
die romantische Tradition bestellt war.
    Gemma besaß eine oberflächliche Art, die
ausgeprägt und ernstzunehmen war, und fast allen, angefangen mit ihrer Mutter
und ihrem Vater, fiel es schwer, diese Veranlagung zu verstehen.
    Gemma glaubte zu wissen, wo ihre Vorliebe für
Hochglanzmagazine und Liebesromane ihren Ursprung hatte. Sie konnte sich noch
gut daran erinnern, welche Faszination die Zeitschrift Woman auf sie
ausgeübt hatte, als sie sie zum ersten Mal gelesen hatte, auf das Sofa ihrer
Tante Shirley gebettet, während sie im Alter von zehn Jahren die Windpocken
auskurierte.
    Unten im Geschäft brutzelten die Friteusen, und
Shirley schälte ein Kilo Kartoffeln nach dem anderen. Onkel Ken klatschte nasse
Fischfilets in den Panierteig und ließ sie zischend in das heiße Fett fallen.
Draußen wurde es dunkel, und die Lichterkette, die über die gesamte Länge der
Uferpromenade gespannt war, war gerade angeschaltet worden. Im oberen Stockwerk
des Hauses entdeckte Gemma erstmals Liebesgeschichten und Problemseiten. Sie
las heimlich und verstohlen und hielt die Zeitschrift unter der Decke, damit
sie sie schnell verstecken konnte, wenn sie jemanden kommen hörte, doch als
Shirley mit einem Glas Orangensaft nach oben kam und die Zeitschrift unter der
Decke herausschauen sah, während Gemma sich zum Trinken aufsetzte, wirkte sie
äußerst gelassen und sagte, wenn sie zwischendurch einen Augenblick Zeit fände,
würden sie das Strickmuster gemeinsam ausprobieren.
    Von dem Moment an war Gemma süchtig. Wie bei
jeder Sucht erhöhte sich auch in diesem Fall der Reiz erheblich durch den
Umstand, daß die Zeitschrift zu Hause verboten war. Um deutlich zu erkennen,
daß sie sich versündigt hatte, brauchte sie ihrer Mutter nur ins Gesicht zu
sehen, wenn sie darum bat, ihr am Zeitschriftenstand im Dorf anstelle einer
Tafel Schokolade lieber die neueste Ausgabe von Jackie zu kaufen. Sie
war das erste Mädchen in ihrer Schulklasse, das sich die Cosmopolitan kaufte,
die sie in ihrem Schuhbeutel versteckte, weil sie nicht wagte, sie nach Hause
mitzunehmen, und sie hatte sich eine schlechtere Note in Englisch damit
eingehandelt, daß sie neben Eliot und den Brontës auch Colleen McCullough als
eine ihrer Lieblingsautorinnen aufgezählt hatte.
    »Aber laß uns jetzt nicht mehr über die Arbeit
sprechen«, sagte Gemma. »Wie geht es dir? Die Mutterrolle steht dir gut...
genießt du sie?« Es war doch nicht zu fassen — sie tappte tatsächlich in
dieselbe Falle, dachte sie.
    »Ach, tatsächlich?« Kathy wirkte ein wenig
beunruhigt. »Ich weiß nicht recht. Ich habe aufgehört, mir Gedanken darüber zu
machen, ob ich das Leben genieße oder nicht. Ist es dir schwergefallen, von New
York fortzugehen?« fragte sie.
    Gemma dachte darüber nach. Sie hatte das Gefühl,
irgendwie in der Luft zu hängen. Es erschien ihr nicht so, als sei sie wirklich
schon von dort fortgegangen.
    »Ich hätte unmöglich in der Wohnung bleiben
können. Es war zu traurig«, begann sie. »Boy war so unglaublich lebhaft und
vorhanden,
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