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Es geschah in einer Regennacht

Es geschah in einer Regennacht

Titel: Es geschah in einer Regennacht
Autoren: Stefan Wolf
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daraufhin zu dem Durchgang zu
Saal sieben zurückzog — samt Oskar, der eine Türfüllung beschnupperte und
abermals pieseln wollte.
    »Ich geh mal mit ihm zur
Toilette«, sagte Gaby leise. »Vielleicht macht er’s dort.«
    Sie verschwand mit Oskar
Richtung Flur. Tim beobachtete Kolloschke, der offenbar keine Ahnung hatte, was
er tun sollte. Immerhin schritt er vor dem leeren Hängeplatz auf und ab und
starrte auf den Boden. Aber dort war nichts. Dann trat er zur Wand und
betrachtete die grauweiße Tapete. Auch das machte ihn nicht klüger. Dann fiel
ihm eine Frage ein, die er offenbar für schlau hielt, denn sein
Frettchengesicht leuchtete auf unter den Bartstoppeln.
    »Wie schwer ist das Gemälde?«,
blaffte er Lohm an.
    »Wie schwer?« Lohm war
verblüfft.
    »Ja, wie schwer?«
    »Sie meinen, wie viel es
wiegt?«
    »Wenn Sie die Frage so rum
leichter verstehen: Wie viel wiegt es?«
    »Keine Ahnung.« Lohm hob die
Schultern so langsam, als hätte er Zentnerlasten auf jeder. »Wir wiegen die
Bilder nicht. Ich kann nur schätzen.«
    »Dann schätzen Sie mal. Falls
Sie das nicht überfordert.«
    Lohm überhörte die
Gehässigkeit. »Der ›Tanzende Tiger‹ hat einen massiven Rahmen. Alles in allem —
vielleicht zehn Kilo.«
    Kolloschke nickte und gab sich
den Anschein intensiven Nachdenkens. »Und hier«, stellte er mit blecherner
Stimme fest, »sind wir im fünften Stock. Nicht leicht, ein sperriges Exponat
von zehn Kilo Gewicht übers Baugerüst runterzuschleppen.«
    »Sie waren zu zweit«, sagte
Tim.
    »Das weiß ich«, schnappte
Kolloschke.
    »Zu zweit geht’s leichter«,
sagte Tim ungerührt. »Auf den Leitern klettert einer voran und stützt von unten
ab, der andere hält von oben fest. Wenn der Tiertransport auf diese Weise
erfolgte, ist der ›Tanzende Tiger‹ sicher unbeschädigt geblieben.«
    »Tatsächlich?«, kläffte
Kolloschke. »Darauf wäre ich nicht gekommen.«
    »Deshalb sage ich’s ja.«
    »Ich glaube, du und deine
Freundin und der Köter — ihr geht jetzt nach Hause.«
    »Gute Idee, Herr Kolloschke.
Wir haben ja gesehen, was wir sehen wollten. Gute Nacht allerseits.«
    Tim sockte zum Flur und fand
die Damentoilette, wo Gaby soeben mit Oskar herauskam. Sie lächelte
schuldbewusst.
    »Er hat tatsächlich gepieselt.
Oskar ist der einzige Hund, der deshalb zur Toilette geht.« Gaby kicherte. »Ich
hab’s aufgewischt.«
    »Pfote!« Tim grinste. »Oskar
ist ein Rüde. Wenn schon, denn schon — hättest mit ihm auf die Herrentoilette
gehen müssen.«
    »He, Häuptling! Dort kriegt
mich niemand rein. Dort ist deine Begleitung angesagt.«
    »Das nächste Mal. Lass uns
jetzt gehen. Kolloschke hat uns rausgeschmissen. Er wird hier noch eine Weile
in seiner Ahnungslosigkeit rumstochern, bevor er die Platte putzt. Unser
starker Auftritt, Pfote, kommt morgen.«
    »Wenn wir bei der
Reinigungsfirma nachforschen.«
    »Exakt.«
    Sie fuhren mit dem Lift
hinunter und traten hinaus in die Eingangshalle. Dort schüttelte in diesem
Moment eine junge Frau Regentropfen von ihrem knallroten Nixnasstex-Mantel,
ließ ihn aber dabei an. Die Kapuze flatterte.
    Der Polizist sagte gerade:
»...sind wohl alle oben, Frau Mazoli. Wo genau, weiß ich nicht.«
    »Huh!«, flüsterte Gaby. »Das
ist Ulrike Mazoli, die Katze.«

4. Doppelter
Einbruch
     
    Heute, in dieser Regennacht,
war es so weit.
    Heute, dachte Burkhard Öme,
führe ich ihn aus — meinen Plan.
    Öme, der unscheinbare Typ, der
Kunstfreund und heimliche Verehrer der schönen Angela Parth, sah eine Chance,
sich in ihr Herz einzuschleichen, indem er sie befreite aus ihrer finanziellen
Not. Mit mutiger Tat, die gleichwohl riskant für ihn war, wollte er Angelas Probleme
aus der Welt schaffen. Und damit würde er die schöne Frau anrühren wie mit
einem Zauberstab und ihr bewusst machen, dass sie auf ihn, Burkhard, zählen
konnte wie auf niemanden sonst. Wie armselig nahm sich der Rivale dagegen aus,
der kantige Harald Riemer mit seinen neun Lederjacken — und säuselnden Worten,
statt beherzter Tat.
    In der Molchowstraße brannten
nur wenige Laternen. Dunkler Himmel, fette Wolken, Nieselregen. Es war später
Abend an diesem Freitag Ende März. Keine Autos, keine Spaziergänger. Öme stand
am Ende einer Gartenhecke, wo ein Weg zwei Grundstücke trennte. Das nächste —
ebenfalls hinter Hecken — gehörte Angela Parth.
    Er konnte den Dachgiebel sehen.
Das Haus war dunkel. Logo. Denn Angela war verreist. Mittags hatte er sie am
Bahnhof getroffen. Zufällig. Sie
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