Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es geschah in einer Regennacht

Es geschah in einer Regennacht

Titel: Es geschah in einer Regennacht
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
eigentlich nie
steckte. Nur das neue, sechsteilige Taschenmesser geriet ihm zwischen die
Finger.
    »Ist weg. Entweder Oskar hat’s
gefressen oder... na, logo! Ich bin zu Boden gegangen, hab dort rumgelegen wie
Restmüll. Dabei muss ich’s verloren haben.«
    Sie liefen hinter das Gebäude,
Oskar folgte ihnen mit seinem Knochen. Tim deutete zu Boden.
    »Hier lag ich.«
    »Igitt!«
    »Wenn man niedergeschlagen
wird, kann man sich die Unterlage nicht aussuchen. Es sei denn, man ist im
Boxring. Das hier ist die Bohle.« Tim stieß sie mit der Fußspitze an und war
unangenehm berührt von ihrem Gewicht.
    »Wahnsinn!« Gaby schauderte.
»Das... muss man als Mordversuch werten.«
    »Umbringen wollten die mich sicherlich
nicht. Aber eine leichtere Bohle war nicht zur Hand.«
    Tim zog die kleine
Maglite-Taschenlampe aus einer Innentasche seiner Wetterjacke. Das Gerät war
nur wenig dicker als ein Bleistift und fingerlang. Umso erstaunlicher der
grelle Lichtkegel. Tim suchte den Boden ab. Sein Handy lag auf einem fettig
glänzenden Frischhaltepapier, vermutlich der Verpackung eines Brathähnchens. Am
Rande des Lichtkegels berührte die Helligkeit einen Zettel.
    Tim wischte sein Handy ab,
steckte es ein, griff nach dem Zettel und hatte bereits gesehen, dass es ein
Bon war, also ein Kassenzettel. Er war fast trocken, obwohl er ungeschützt lag.
Das konnte nur bedeuten, dass er noch nicht lange da gelegen hatte.
    »Hast du was gefunden,
Häuptling?«
    »Scheint der Abholbon einer
Reinigungsfirma zu sein. ›Wandas Textilpflege‹ nennt sich der Laden. Am
Kottenbach 1, dazu die Telefonnummer. Datum 17.3. — also vor mehr als einer
Woche. Kasse 1. Pfote, mein Bon ist das nicht.«
    »Und du glaubst auch nicht,
dass ihn ein Bauarbeiter verloren hat?«
    »Verloren wurde er
offensichtlich. Und ich tippe auf einen der beiden Ganoven. Auch Kriminelle
lassen ja ihre Klamotten mal reinigen. Und die beiden sind hier
verrenkungsreich rumgeturnt. Da fällt schon mal so ein Kassenbon aus der
Tasche.«

    »Hui! Der Anfang einer Spur.«
    »Wir prüfen das. Wir, Pfote!
Die Polizei kann nicht so unbekümmert damit umgehen. Aber wir werden uns die
gereinigte Klamotte krallen und eine Spur legen. Eine Spur zu uns.«

2. Angela
braucht Geld
     
    Beim Verein der Kunst- und
Museumsfreunde konnte jedermann mitmachen. Der monatliche Unkostenbeitrag
war gering. Computer-Karl war vor vier Monaten beigetreten und gehörte damit zu
den wenigen jugendlichen Mitgliedern. Er hätte auch Gaby, Tim und Klößchen gern
mitgezogen, aber Klößchen war zu faul und Tim total ausgebucht mit seinen
sportlichen Aktivitäten. Auch Gaby fand, seit sie in der Mädchenmannschaft
Fußball spielte, keine Lücke in ihrem Terminplan. Notgedrungen hatte sich Karl also
mit anderen Mitgliedern des Vereins, mit Erwachsenen, zusammengetan, wenn er
teilnahm an Museumsbesuchen unter fachkundiger Leitung. Fast immer gesellte er
sich zu demselben Trio, was wohl auf gegenseitiger Sympathie beruhte. Dies
waren Angela Parth, eine wunderschöne Frau von vierunddreißig Jahren, Harald
Riemer und Burkhard Öme, die sie offenbar beide verehrten. Die beiden — sehr
unterschiedlichen — Männer litten Karl, zum einen, weil er kunsthistorisch
beschlagen war, zum andern weil er als Rivale bei Angela Parth mit seinen
vierzehn Jahren garantiert nicht infrage kam.
    Immerhin — diese Situation
führte dazu, dass TKKG in dieser Regennacht mit einem zweiten Verbrechen in
Berührung kamen. Und auch diesmal ging es um Kunst. Um Gemälde.
     
    *
     
    Vor einiger Zeit — rückschauend
entschied Burkhard Öme, dass das Datum nicht wichtig sei — hatte sich das
Gespräch ergeben. Vorausgegangen war ein Abend im Vereinslokal Blaue Traube. Man hatte einen bekannten Maler eingeladen, der als handwerklich genial galt.
Sonst ließ sich nichts Gutes über ihn sagen. Denn der Mann hatte gerade eine
zweijährige Gefängnisstrafe abgesessen. Er war berühmt und berüchtigt als
Fälscher. Er konnte fast so gut malen wie Rembrandt, Rubens, Tintoretto und
Velazquez, hatte das auch getan, allerdings nicht unter seinem, sondern unter
deren Namen. Damit war er aufgeflogen. Mit diesen — gefälschten — Gemälden
alter Meister hatte er auf dem internationalen Kunstmarkt einen Schaden
angerichtet, der in die Millionen ging. Die Strafe war gnädig ausgefallen. Nun
hatte er sich abgefunden mit diesem Schandfleck in seinem Leben und tingelte
durch die Kunstvereine, wo er Vorträge hielt mit dem Titel »Aus der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher