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Erste Male

Erste Male

Titel: Erste Male
Autoren: Megan McCafferty
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startklar. Jedenfalls theoretisch.
    »Ich habe dir ja gesagt, du würdest noch einen Anlass finden, es zu tragen«, sagte Mom, die den Kopf ins Bad steckte, während ich mir gerade die Wimperntusche von der Wangewischte, die dort gelandet war. »Was ist das denn für ein Junge, mit dem du heute ausgehst?«
    »Bloß so ein Freund aus meinem Jahrgang, Mom.« Ich hoffe, sie merkte nicht, wie meine Hände zitterten.
    »Hat der Freund auch einen Namen?«
    Ich zögerte. Ich hatte schon falsche Angaben über unser Ziel gemacht – Party bei Scotty – und wollte nicht zu viel riskieren. Wenn ich den Namen verschwieg, würde sie mich so lange foltern, bis ich plauderte.
    »Er heißt Marcus«, sagte ich und trug noch einmal Lipgloss auf, weil ich die erste Lage schon abgekaut hatte. »Marcus Flutie.«
    »Marcus …« Sie tippte mit den Fingern an die Stirn. »Marcus Flutie. Woher kenne ich den Namen bloß?«
    Wahrscheinlich aus dem Gerichtsreport.
    »Er ist echt schlau, vielleicht sogar ein Genie«, sagte ich. »Vielleicht kennst du ihn daher.«
    »Ist er klüger als du?«, fragte sie.
    Ist er klüger als ich?, fragte ich mich. »Kann sein«, entschied ich.
    »Das sollte er auch, wenn er was mit dir anfangen will.«
    Dann klingelte es an der Haustür. Der Finger, der auf den Klingelknopf drückte, gehörte Marcus Flutie. Marcus Flutie klingelte an unserer Haustür wie ein ganz normaler Junge. Ich war sicher, er würde bloß hupen und in der Einfahrt warten. Aber er wollte tatsächlich reinkommen und sich meinen Eltern vorstellen. Oh Gott. Das konnte doch nicht wahr sein. Ich ließ die Haarbürste ins Klo fallen.
    »So nervös habe ich dich ja noch nie gesehen«, sagte Mom und holte ein Paar Gummihandschuhe unterm Waschbecken hervor, um sie wieder rauszufischen.
    Ich habe ja auch noch nie beschlossen, Sex zu haben.
    Ich ging raus auf den Treppenabsatz und sah, wie Marcus meinem Vater die Hand schüttelte. Ich hatte das Gefühl, wieder Gips zu tragen – bloß diesmal an beiden Beinen. Ich konnte mich nicht bewegen. Meine Mutter stupste mich von hinten an, und ich wäre beinahe Hals über Kopf die Treppe runtergerauscht. Ich krallte mich am Geländer fest und nahm vorsichtig eine Stufe nach der anderen. Dabei hoffte ich inständig, dass Marcus keine seiner bizarren Fragen stellen würde, bevor ich unten ankam: Mr Darling, wussten Sie eigentlich, dass die Japaner ein eigenes Wort für die Wahnvorstellung haben, dass einem der Penis schrumpft?
    »Jessica!«, rief mein Vater, als hätte er mich zum letzten Mal auf einem »Vermisst«-Plakat gesehen.
    Marcus schaute mich von oben bis unten an.
    »Ain’t you jus’ darlin’?«, sagte er, genau wie beim ersten Mal, letztes Schuljahr im Sekretariat. So lange her.
    »Ja, genau, nicht wahr?«, rief meine Mutter, die den Witz natürlich nicht verstand. »Das habe ich ihr auch gesagt!«
    Ich glaube, ich kriegte gerade noch das d von danke raus, der Rest ging im erstickten Kichern unter.
    An den Abschied erinnere ich mich nur verschwommen, es klart erst wieder auf, als ich mit Marcus im Cadillac sitze.
    »Deine Eltern stehen auf mich«, sagte er. »Offensichtlich wissen sie nicht, wer ich bin.«
    »Offensichtlich.«
    Marcus schob eine Kassette ein. Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich die Snare-Drum und den Bass erkannte.
    »Das ist doch Kind of Blue «, sagte ich.
    »Genau.«
    »Hy hat gesagt, das wäre das ultimative Jazz-Album«, sagte ich.
    »Da hatte Hy Recht«, sagte Marcus.
    »Das finde ich scheiße«, sagte ich. »Es wäre so viel leichter, sie zu hassen, wenn sie mit allem falschgelegen hätte.«
    Ich lauschte der Musik und überlegte, wie und wo meine Entjungferung vollzogen werden würde. Würden wir zu ihm nach Hause fahren? Oder zu mir? Meine Eltern wollten auf eine Party, aber man wusste nie, wann sie zurückkamen. Wie wäre es direkt hier im Auto? Der Rücksitz des Caddys war groß genug …
    »Bist du gar nicht neugierig, wo wir heute Abend hinfahren?« Er wartete meine Antwort nicht ab. »Also, heute Abend mache ich mit dir eine Führung. Zu den Fünf Wundern von Pineville , wie ich sie zu nennen pflege – den seltsamsten Sehenswürdigkeiten, die unsere kleine Stadt zu bieten hat.«
    Ich schnaubte verächtlich. »Davon soll es fünf geben? Schwer zu glauben.«
    Er lenkte den Wagen auf einen verlassenen Parkplatz. »Sieh«, sagte er mit ausladender Geste. »Le Château de Propan.«
    Le Château de Propan ist eine acht Meter hohe Betonkonstruktion in Form einer
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