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Eroberer der Unendlichkeit

Eroberer der Unendlichkeit

Titel: Eroberer der Unendlichkeit
Autoren: Ray Cummings
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du darfst nicht weinen. Ich suche noch einmal. Vielleicht sehe ich sie jetzt.«
    Ich machte mich von ihr los und ging zurück an das Instrument. Ich wollte das Myrdoskop versuchen, aber alle unsere Bemühungen während der letzten beiden Wochen waren vergeblich gewesen. Es war ein ruhiger, klarer Abend. Eine breite Mondsichel kippte nach Westen. Mars stand ein gutes Stück über dem östlichen Horizont. Ich sah durch das Elektroteleskop in diese Richtung. Der runde Fleck meines Sichtfeldes blieb leer. Frannie schluchzte nicht mehr. Sie sah mir mit neu erwachter Hoffnung zu.
    »Siehst du sie nicht, Frank?«
    »Nein – noch nicht – Ja! Ich sehe sie! Frannie, ich sehe sie!«
    Ein Stück über dem roten Planeten tauchte aus dem Nichts plötzlich eine weiße Form auf. Einen Moment zuvor war sie noch nicht dagewesen. Während des Bruchteils einer Sekunde hing sie wie ein Geist da. Doch noch bevor ich Frannie Bescheid sagte, wurde sie deutlicher. Es war der Transporter.
    »Sie sind gekommen, Frannie! Ich sehe sie! Dr. Gryce! Sie sind gekommen! Sie sind in Sicherheit.«
    Frannie rief ihn. Und Dr. Gryce wiederholte noch im Halbschlaf:
    »Sie sind gekommen? Sie sind in Sicht? Und alles ist in Ordnung?« Er torkelte in den Beobachtungsraum. »Wo sind sie, Frank? Können Sie sie erkennen, mein Junge?«
    Ich konnte sie sogar sehr gut sehen. Ich erkannte, daß sie direkt an der Grenze der Atmosphäre waren. Und ich konnte auch die Flagge am Turm des Transporters sehen, der uns ankündigen sollte, daß alles in Ordnung war.
    Sie landeten im Garten. Wie eine Feder senkte sich der Transporter unter Bretts geschickter Führung. Die Tür ging auf, als wir ins Freie liefen. Brett und Martt – so merkwürdig gekleidet, daß sie uns fast als Fremde erschienen – standen im Eingang. Frannie jubelte ihnen zu. Dr. Gryce beherrschte sich nur mühsam, das merkte man seiner zitternden Stimme an. Und ich hörte meine eigene Stimme, seltsam ruhig:
    »Na also! Da seid ihr wieder. Tag, Brett, Tag, Martt! Wir sind alle so froh!«
     

 
6.
     
    Sie schienen nicht müde zu sein, aber ganz offensichtlich waren sie richtig ausgehungert. Und bevor sie ein Wort über ihre fremdartigen Erlebnisse verloren, verlangten sie etwas zu essen.
    »Vernünftiges Essen«, wie Martt es lachend nannte. »Wir haben seit Monaten Dinge gegessen, die keiner von euch über die Lippen gebracht hätte. Meine ganze Verdauung ist ruiniert.«
    Monate! Sie waren zwei Wochen und zwei Tage in einer Welt gewesen, in der diese Zeit nicht einmal den Bruchteil einer Sekunde bedeutete. Und dennoch sprachen sie von Monaten!
    »Frannie! Das hast du jetzt oft genug gefragt! Ich sage dir doch, wir haben sie gefunden. Warte, bis wir gegessen haben, dann erzählen wir alles.«
    Sie aßen mit dem Heißhunger von Leuten, die lange Zeit die gewohnte Kost hatten entbehren müssen. Und wieder spürte ich, wie fremdartig sie geworden waren. Es war nicht nur ihre Kleidung, obwohl auch die merkwürdig genug anmutete. Sie trugen bunte Hemden mit einem hohen Rollkragen vorne und einem tiefen Ausschnitt im Rücken. Die kurzen Hosen waren viel zu weit und schlotterten um die Knie. Dazu trugen sie eine Art Strümpfe aus grauem Wildleder und lange spitze Schuhe, deren Material ich nicht bestimmen konnte. Über dem Hemd saß eine kurze Jacke mit breit geschnittenen Schultern und Puffärmeln und einem gekrausten Schößchen. Frannie hatte inzwischen die Hüte aus dem Transporter geholt. Sie waren steif und hatten eine Dreieckskrempe.
    Die Kleidung erschien grotesk. Aber sie trugen sie mit einer solchen Natürlichkeit und Selbstverständlichkeit, daß ich schon bald aufhörte, meine Bemerkungen darüber zu machen. Mir wurde klar, daß es nur die Gewohnheit war, die mich zu meinem abfälligen Kommentar verleitete. Bretts Kleider wirkten nüchterner als die von Martt – weniger farbenfroh und extrem. Sein Hemd war von einem schlichten Braun, das von Martt hingegen leuchtend grün. Martt hatte auch ein paar Armreife über die Jackenärmel gestreift und trug das Schößchen bauschiger. Von seinen Ellbogen hingen lange Quasten. Auch seine Jackenärmel waren voller, und seine Hosen hatten einen extraweiten Schnitt. Als ich mich einigermaßen an die Fremdartigkeit der Gewänder gewöhnt hatte, fand ich, daß Martt außerordentlich hübsch darin aussah.
    Und sie waren nicht nur in der Kleidung verändert. Sie erschienen älter. Etwas Starkes, Befehlsgewohntes strahlte von ihnen aus – besonders von
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