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Ernest Hemingway

Ernest Hemingway

Titel: Ernest Hemingway
Autoren: Ernest Hemingway
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drin, die größte Sorte schwarze Seebarsche. Manche wiegen drei-bis vierhundert Pfund. Irgendwann wollen wir mal rausfahren und welche fangen. Von dort, wo er liegt, kann man das Rebecca-Leuchtfeuer sehen. Man hat jetzt eine Boje auf ihm angebracht. Er liegt da, wo der Treibsand aufhört, direkt am Rande des Golfs. Sie hatten die Durchfahrt um höchstens achtzig Meter verfehlt. In der Dunkelheit, in dem Sturm hatten sie sie gerade verfehlt; es regnete derartig, daß sie die Rebecca nicht sehen konnten. Außerdem sind sie an derartige Sachen nicht gewöhnt. Der Kapitän eines Passagierdampfers ist nicht gewöhnt, so zu lenzen. Sie haben ihren Kurs, und man hat mir erzählt, sie setzen eine Art Kompaß, und es steuert sich von allein. Sie wußten wahrscheinlich nicht, wo sie waren, als sie vor dem Sturm herjagten, aber sie hätten es beinahe geschafft. Vielleicht hatten sie jedoch das Steuerruder verloren. Wie dem auch war, es gab sonst nichts zum Auflaufen, bis sie nach Mexiko kamen, sobald sie erst mal im Golf waren. Muß aber schon allerhand gewesen sein, als sie in dem Regen und Wind aufliefen, und er ihnen befahl, die Tanks zu öffnen. Bei dem Sturm und Regen kann niemand an Deck gewesen sein. Alle müssen unten gewesen sein. An Deck konnte man sich nicht aufhalten. Drinnen müssen sich schon allerhand Szenen abgespielt haben, nämlich, weißt du, er sank schnell. Ich hab gesehen, wie der Schraubenschlüssel im Sand versank. Der Kapitän konnte, als er auflief, nicht gewußt haben, daß es Treibsand war, außer wenn er die Gewässer hier kannte. Er wußte bloß, daß es kein Felsen war. Er muß alles von der Brücke aus gesehen haben. Er muß gewußt haben, was los war, als sie aufliefen. Ich möchte wissen, wie schnell es ging. Ob wohl der Steuermann bei ihm war? Glaubst du, daß sie auf der Brücke blieben, oder glaubst du, daß sie’s im Freien geschluckt haben? Man hat nie irgendwelche Leichen gefunden. Nicht eine einzige. Niemand trieb umher. Und mit Rettungsringen treiben sie lange Strecken. Sie müssen es drinnen geschluckt haben. Na, die Griechen haben alles gekriegt. Alles. Die müssen mächtig schnell da gewesen sein. Sie plünderten ihn gänzlich aus. Zuerst waren die Vögel da, dann ich, dann die Griechen, und selbst die Vögel kriegten mehr aus ihm raus als ich.

Ein sauberes, gutbeleuchtetes Cafe
    Es war spät, und alle hatten das Cafe verlassen bis auf einen alten Mann, der in dem Schatten saß, den die Blätter des Baumes vor dem elektrischen Licht warfen. Bei Tag war die Straße staubig, aber nachts hielt der Tau den Staub nieder, und der alte Mann saß gern spät hier, denn er war taub, und jetzt in der Nacht war es still, und er spürte den Unterschied. Die beiden Kellner drinnen im Cafe wußten, daß er, obschon er ein guter Kunde war, ohne zu zahlen wegging, wenn er zuviel getrunken hatte, darum behielten sie ihn im Auge.
    «Letzte Woche hat er einen Selbstmordversuch gemacht», sagte der eine Kellner.
    «Warum?»
    «Aus Verzweiflung.»
    «Worüber?»
    «Über nichts.»
    «Woher weißt du, daß es nichts war?»
    «Er hat ‘ne Masse Geld.»
    Sie saßen zusammen an einem Tisch dicht an der Wand neben dem Eingang des Cafes und sahen hinaus auf die Terrasse, wo alle Tische leer waren bis auf den einen, an dem der alte Mann im Schatten der Blätter des Baumes saß, die sich leicht im Winde bewegten. Ein Mädchen und ein Soldat gingen auf der Straße vorüber. Das Laternenlicht fiel auf die Messingnummer auf seinem Kragen. Das Mädchen trug keine Kopfbedeckung und eilte neben ihm her.
    «Die Wache wird ihn festnehmen», sagte der eine Kellner.
    «Was macht’s, wenn er das bekommt, worauf er aus ist?»
    «Er sollte lieber jetzt von der Straße verschwinden. Die Wache wird ihn festnehmen. Vor fünf Minuten sind sie vorbeigekommen.»
    Der alte Mann, der im Schatten saß, klopfte mit seinem Glas auf die Untertasse. Der jüngere Kellner ging zu ihm hinüber.
    «Sie wünschen?» .
    Der alte Mann sah ihn an. «Noch einen Schnaps», sagte er.
    «Sie werden sich betrinken», sagte der Kellner. Der alte Mann blickte ihn an. Der Kellner ging fort.
    «Der bleibt die ganze Nacht», sagte er zu seinem Kollegen. «Ich bin schläfrig. Ich komme nie vor drei ins Bett. Er hätte sich letzte Woche umbringen sollen.»
    Der Kellner nahm drinnen im Cafe die Schnapsflasche und eine neue Untertasse vom Büfett und schlenderte hinaus an den Tisch des alten Mannes. Er stellte die Untertasse hin und goß das Glas voll
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