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Erloest

Erloest

Titel: Erloest
Autoren: Kathryn Taylor
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Brust sinken und blicke auf die Wand, weil mir plötzlich ein Gedanke gekommen ist, der mir gar nicht gefällt.
    »Fehlt dir denn dein altes Leben?«, frage ich vorsichtig. Schließlich hat sich seit unserer Heirat auch für ihn viel geändert.
    »Ich habe von dir gesprochen und nicht von mir«, sagt er und küsst mich kurz, als ich zu ihm aufblicke. Dann schwingt er sich aus dem Bett und steht auf. »Wie wär’s, wenn ich uns noch schnell etwas zu essen mache? Ich bin noch gar nicht dazu gekommen und könnte jetzt wirklich was vertragen.« Er ist schon auf dem Weg ins Bad, hält jedoch an der Tür noch mal inne, sieht mich fragend an, weil ich noch nicht geantwortet habe.
    »Ja, das wäre nett«, erkläre ich lächelnd, werde jedoch sofort wieder ernst, nachdem er die Tür geschlossen hat. Mit einem Seufzen sinke ich zurück in die Kissen.
    Das war kein klares Nein, denke ich und spüre neue Sorge in mir aufsteigen. Jonathan war viel freier ohne mich, und er hat diese Freiheiten, bevor wir uns kennenlernten, auch extrem ausgelebt. Das hat sich geändert, seit wir zusammen sind, und bis vor Kurzem war ich noch ganz sicher, dass er es nicht bereut, das aufgegeben zu haben – weil er mich daran nie hat zweifeln lassen. Und eigentlich kann ich mir das auch immer noch nicht vorstellen, nicht nachdem wir uns gerade erst so leidenschaftlich geliebt haben. Aber er verhält sich dennoch irgendwie anders als sonst, und es ist mir unheimlich, dass unsere Beziehung gerade jetzt durch meine Schwangerschaft einer solchen Belastungsprobe ausgesetzt ist.
    Es wird bestimmt alles gut werden, sage ich mir und versuche, die Angst zu ignorieren, die mit kalten Fingern nach mir greift, während ich an die Decke starre. Denn die Vorstellung, dass ich Jonathan verlieren könnte, ist einfach zu schrecklich, um sie überhaupt zuzulassen.

3
    Im »Globe«, dem gemütlichen Pub ganz in der Nähe des Huntington-Ventures-Gebäudes am London Wall, ist es um die Mittagszeit immer sehr voll. Dennoch entdecke ich meinen Schwiegervater fast sofort. Er sitzt an einem Tisch ganz in der Ecke und starrt in das Glas Scotch, das vor ihm steht.
    »Hallo, Arthur«, begrüße ich ihn, als ich den Tisch erreiche, und er zuckt zusammen, bemerkt mich erst jetzt. Offenbar war er ganz in Gedanken versunken.
    »Grace!« Sofort erhebt er sich und umarmt mich herzlich. Er ist fast genauso groß wie Jonathan und wieder denke ich, dass Vater und Sohn sich in ihrer Haltung und Art sehr ähnlich sind. Kleidungsmäßig haben sie allerdings nichts gemeinsam, denn Arthur ist, was das angeht, extrem konservativ, bevorzugt Tweedblazer und karierte Stoffe. Doch zu ihm passt das irgendwie, und er ist auch ganz Gentleman alter Schule, bietet mir einen Platz an und rückt mir den Stuhl zurecht.
    »Wie schön, dass du kommen konntest«, sagt er, als wir beide wieder sitzen – was genau das ist, was mich so wundert.
    »Aber wieso wolltest du dich hier mit mir treffen? Du hättest doch einfach im Büro vorbeikommen können. Jonathan hätte sich sicher gefreut.«
    Das war nicht immer selbstverständlich, denn es hat Zeiten gegeben, da haben der Earl of Lockwood und sein Sohn kaum ein Wort miteinander wechseln können, ohne sich zu streiten. Das ist jedoch zum Glück vorbei, und da mein Schwiegervater – genau wie ich – den neuen Frieden sehr genießt, nutzt er eigentlich jede Gelegenheit für einen Besuch. Als er vorhin anrief, hat er jedoch darauf bestanden, dass ich ins »Globe« komme, und als ich jetzt sein sorgenvolles Gesicht sehe, spüre ich Unbehagen in mir aufsteigen.
    »Ist etwas passiert?«
    Arthur sieht mich einen langen Moment an, bevor er antwortet, so als müsste er seine Worte abwägen.
    »Yuuto ist wieder in London«, sagt er dann, und ich spüre ein dumpfes Ziehen im Magen, als hätte mir jemand mit voller Wucht hineingeschlagen.
    »Bist du sicher?« Yuuto Nagako ist so etwas wie mein ganz persönlicher Albtraum. Der Japaner, ein erfolgreicher Geschäftsmann, war einige Jahre lang Jonathans Mentor und hatte großen Einfluss auf ihn. Und keinen guten, denn mir ist selten ein Mensch begegnet, der so eiskalt ist. Gefühle sind für Yuuto ein Fremdwort, und Jonathan hatte diese Einstellung lange übernommen. Das hat sich geändert, seit wir uns begegnet sind, und nachdem die beiden im Streit auseinandergegangen sind, war der Japaner aus unserem Leben verschwunden. Dass er jetzt zurück ist, kann deshalb kein gutes Zeichen sein. »Woher weißt du das?«, frage ich
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