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Erlebnisse eines Erdenbummlers

Erlebnisse eines Erdenbummlers

Titel: Erlebnisse eines Erdenbummlers
Autoren: Adam Karillon
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Kreuzfahrt geschrieben und den Michael Hely. Der letztere namentlich hatte sich einen weiteren Leserkreis erworben und hatte um mich einen matten Schimmer von zweifelhafter Berühmtheit ausgebreitet, der mich immer verlegen machte, wenn ein ehrlicher Mensch mir lächelnd ins Gesicht sah. Eines Tages mußte ich dies nun gar von einem Wesen erleben, an dessen Achtung mir unendlich viel gelegen war,und dieses Wesen war die Stadtschwester Phililppine Schwarz. Ihr schiefer Kopf stak unschön in der schwarzweißen Haube drinnen. Sie hatte einen großen Mund und war durchaus nicht so, daß sie ein Titian als Modell für einen Venuskopf ausgewählt hätte, und doch hatte ich sie immer gut leiden mögen. Sie war nämlich die fleischgewordene Gutmütigkeit selber und unermüdlich in den Werken christlicher Nächstenliebe. Mir selber erschien sie immer wie ein strafender Mentor, wenn mein lässiger Eifer für die Leiden der Menschheit erlahmen wollte. Als ich nun das verdächtige Lächeln in ihren Zügen sah, hatte ich mehr noch als sonst kein gutes Gewissen und fürchtete so halb und halb, daß sie wieder einmal hinter eine meiner Dummheiten und Nachlässigkeiten gekommen sein könnte. Um nun aber den völlig Ahnungslosen spielen zu können, kam ich ihrer Anrede zuvor, indem ich sagte:
    »Gut ausgeschlafen heute oder in der Lotterie gewonnen, Schwester, oder gar zu einem Judenball geladen?«
    »Weil ich so lustig bin,« war die Antwort. »Nein, ich soll Ihnen nur ausrichten, daß Sie einmal zu Fräulein Pfander kommen möchten.«
    »So, und da freuen Sie sich auch noch, daß wieder einmal ein Menschenkind einem Doktor verfallen ist.«
    »Sie sucht den Arzt nicht in Ihnen. Aber tun Sie mir doch den Gefallen und beehren Sie das alte Fräulein im Laufe des Vormittags. Sie sind ja nun doch schon einmal auf dem Weg. Um die Ecke herum, undSie stehen am Diebsloch, dann den Grundelbach entlang, am Spital vorbei. Die Waschbleiche lassen Sie rechts liegen, den Rosengarten links und dann über die zweite Brücke den Burgweg hinein. Sind Sie erst dort, so schauen Sie sich nach einem Fenster um, aus dem eine gefranste Bettspreite herniederhängt, übrigens brauchen Sie im Burgweg nur nach Fräulein Pfander zu fragen, und jeder Mensch wird Ihnen sagen können, wo sie wohnt.«
    Mit diesen Worten und einem verschmitzten Blick unter ihrer Haube hervor war sie hinter einer Haustür im Gerberviertel verschwunden.
    Ich müßte nicht neugierig sein und nicht Adam heißen, wenn ich nicht das Verlangen verspürt hätte, dahinter zu kommen, welche Überraschung diese Evastochter Philippine mir bereitet hatte. Ich machte mich also sofort auf den Weg, um die Wohnung des Fräuleins Pfander aufzusuchen. Drei Treppen hoch, und ich war dem Himmel näher als andere Leute und vor der Türe des Fräuleins Pfander. Auf mein leises Pochen antwortete aus dem Zimmer heraus ein schwaches »Herein!« Ich trat ein und stand einem schneeweißen Damenkopfe gegenüber, von dem ich zunächst nur das eine wußte, nämlich, daß er nicht zu Fräulein Pfander gehörte. Um dem rätselhaften Wesen näher zu kommen, erklärte ich, daß ich ein Doktor wäre und durch die Stadtschwester hierherbestellt.
    »Dann heißen Sie am Ende gar Karrillon und sind der Schullehrersadam?«
    »Das erstere bin ich für die Polizei und Steuerbehörde, das letztere für meine Freunde,« gab ich zur Antwort.
    »Zu denen auch ich mich rechne,« fuhr die Dame fort, »oder sollte Ihnen der Name Pauli gänzlich unbekannt sein?«
    »Pauli, Pauli,« gab ich zurück, »wenn's mir recht ist, spielt der Name in den Erzählungen meines Vaters aus seinem Leben eine Rolle.«
    »Wird wohl stimmen. Pauli hatte die Apotheke in Waldmichelbach, und Ihr Vater selig verkehrte viel in unserm Hause. Mein Gott, er hatte wenig von dem eignen Heim! Viel kleine Kinder und seit Jahr und Tag eine kranke Frau. Wo gab es da für ihn eine Stelle, wo er sich ausruhen konnte von den Sorgen und Mühen des Tages? So sprach er des öfteren bei uns in der Apotheke vor, trank einen Kaffee mit und sah seinem Jüngsten zu, wie er an Stühlen und Bänken die ersten Versuche machte, ein Weltenbummler und Dichter zu werden.«
    »Und diesen kleinen Athleten haben Sie gekannt?«
    »Gewiß, und er glich Ihnen bis auf den Schnurrbart unter Ihrer Nase. Lassen Sie mich nur weiter erzählen und Sie werden erfahren, warum ich die Schwester Philippine ersuchte, Sie einmal herzuschicken. Ich bin nämlich des Paulis Tochter und jene, die den
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