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Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Titel: Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.
Autoren: Katharina II. von Rußland
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haßte Brummer im tiefsten Innern seines Herzens und liebte keinen in seiner Umgebung, weil alle ihm unbequem waren.
    Seit seinem zehnten Jahre schon zeigte Peter III. eine starke Neigung zum Trunk. Man zwang ihn von frühester Jugend an bei den meisten Festlichkeiten und Vorstellungen bei Hofe gegenwärtig zu sein und verlor ihn weder Tag noch Nacht aus dem Auge. Die einzigen, die er während seiner Kindheit und der ersten Jahre seines Aufenthaltes in Rußland liebte, waren zwei alte Kammerdiener: der Livländer Kramer und der Schwede Rumberg. Letzterer, ein ungebildeter und roher Mensch, der unter Karl XII. Dragoner gewesen war, war ihm der angenehmste. Brummer und folglich auch Berkholz, der alles nur mit den Augen des ersteren ansah, waren natürlich dem prinzlichen Vormund und Regenten ergeben, während alle andern mit diesem und mehr noch mit seiner Umgebung unzufrieden waren.
    Als die Kaiserin Elisabeth im Jahre 1741 den russischen Thron bestiegen hatte, schickte sie den Kammerherrn Korf nach Holstein, um ihren Neffen Peter zu holen, den der Prinzregent sofort in Begleitung des Oberhofmarschalls Brummer, der Kammerherren Berkholz und Decken abreisen ließ. Die Freude der Kaiserin bei seiner Ankunft war groß.Bald darauf begab sie sich zu ihrer Krönung nach Moskau, fest entschlossen, den Prinzen zu ihrem Thronerben zu erklären; vorher aber mußte er zur griechisch-katholischen Religion übertreten. Die Feinde des Oberhofmarschalls Brummer, namentlich der Großkammerherr Graf Bestuscheff und Graf Nikita Iwanowitsch Panin, der lange Zeit russischer Gesandter in Schweden gewesen war, behaupteten, überzeugende Beweise in Händen zu haben, daß Brummer, seitdem er die Kaiserin entschlossen sah, ihren Neffen zu ihrem Nachfolger zu erklären, sich ebenso sehr bemühte, Geist und Herz seines Zöglings zu verderben, als er früher bestrebt gewesen war, ihn der schwedischen Krone würdig zu machen. Ich selbst aber habe stets an dieser Abscheulichkeit gezweifelt und geglaubt, daß die Erziehung Peters III. ein Widerstreit unglücklicher Verhältnisse gewesen sind. Im folgenden werde ich erzählen, was ich gesehen und gehört, und schon daraus wird sich vieles bisher Unverständliche aufklären.
    Ich sah Peter III. zum ersten Male im Jahre 1739, als er elf Jahre alt war, in Eutin bei seinem Vormund, dem Fürstbischof von Lübeck, einige Monate nach dem Tode seines Vaters, des Herzogs Karl Friedrich. Der Fürstbischof hatte seine ganze Familie bei sich versammelt, um seinen Zögling einzuführen. Meine Großmutter, die Mutter des Fürstbischofs, und meine Mutter, die Schwester desselben, waren zu diesem Zwecke mit mir, die ich damals zehn Jahre zählte, nach Hamburg gekommen. Auch Prinz August und Prinzessin Anna, die Geschwister des prinzlichen Vormundes und Regenten von Holstein, waren anwesend. Bei dieser Gelegenheit hörte ich im Familienkreise davon sprechen, daß der junge Herzog zum Trunke neige und ihn seine Umgebung nur mit Mühe verhindern könne, sich bei Tische zu betrinken. Er sei starrköpfig und jähzornig, liebe seine Umgebung und besondersBrummer sehr wenig; im übrigen aber fehle es ihm nicht an Lebhaftigkeit, obgleich er ein kränkliches und ungesundes Aussehen habe. Und in der Tat, er war sehr blaß, außerordentlich mager und von schwächlicher Konstitution. Diesem Kinde wünschte seine Umgebung das Ansehen eines fertigen Menschen zu geben, zu welchem Zwecke man ihn unaufhörlich belästigte und ihn unter einem Drucke hielt, der ihm jene Falschheit einpflanzen mußte, die seitdem den Kern seines Charakters bildete.
    Bald nach seiner Ankunft in Rußland folgte dem holsteinischen Hofe eine schwedische Gesandtschaft, um sich von der Kaiserin ihren Neffen zur Nachfolge auf den schwedischen Thron auszubitten. Aber Elisabeth, die schon, wie oben bemerkt, ihre Absichten durch die Friedenspräliminarien von Abo erklärt hatte, antwortete dem schwedischen Landtage, sie habe ihren Neffen zum Erben des russischen Thrones ernannt und halte sich strikt an die Präliminarien von Abo, welche für Schweden den Prinzregenten von Holstein zum Kronerben bestimmten.
    Peter III. wurde also zum Erben Elisabeths und Großfürsten von Rußland erklärt, nachdem er sein Glaubensbekenntnis, dem Ritus der griechischen Religion gemäß, abgelegt hatte. Zum Lehrer erhielt er den nachmaligen Erzbischof von Pleskow, Simon Theodorski. Der Prinz war im strengsten und intolerantesten lutherischen Ritus getauft und erzogen worden. Da
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