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Erinnerungen an die Wahrheit

Erinnerungen an die Wahrheit

Titel: Erinnerungen an die Wahrheit
Autoren: Peter Fechner
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seinen Blick von ihr abwenden. Auch Makeda gefiel der stolze und mutige Prinz, der schon auf Expeditionen bis in den hohen Norden vorgedrungen war, wo das Wasser zu Stein wird. Die Priester erkannten sofort, daß der assyrische Prinz eine große Gefahr für Makedas Jungfräulichkeit war und fürchteten schon, das Land Jahwes könnte durch eine Hochzeit in die Hand des Assyrers fallen. Sie unternahmen alles, um die beiden Liebenden zu trennen. Makeda forderte schließlich selbst schweren Herzens, daß der Prinz sie nur wie einen Bruder lieben solle, und so blieb die Beziehung eine unglückliche, unerfüllte Liebe für Makeda, unter der sie schwer zu leiden hatte. Zum Wohl des Reiches auf privates Glück zu verzichten, erschien ihr jetzt als unerträglich. Und ihr Liebesverlangen schlug um in Haß auf die Männer, die ihr das alles zumuteten, und sie begann sich als einen weiblichen Messias zu sehen, der die Frauen von der Versklavung durch die Männer befreit.
    Mit ungeheurem Tatendrang lenkte sich Makeda auch durch die Eroberung benachbarter Länder von ihrer unglücklichen Liebe zu dem assyrischen Prinzen ab. Feldherren aus Ägypten und Assyrien wurden angeworben, die ihr Heer auf den neuesten Stand brachten. 30.000 Arbeiter mußten Tag und Nacht in drei Jahren eine Kriegsflotte bauen. Sie erinnerte sich an den Ratschlag ihres Vaters, das Reich bis nach Arabien auszudehnen, und nach kurzer Zeit war Südarabien (das heutige Jemen) von ihrer mächtigen Armee erobert. Die reichen Goldvorkommen in ihrem Land, die systematisch ausgebeutet wurden, dienten zur Finanzierung ihrer Feldzüge. Auch die gesamte Perlenfischerei im Roten Meer hatte sie bald in ihrer Hand.
    In Südarabien wollte sich Makeda eine völlig neue Hauptstadt bauen lassen: Saba. Ihr Wunsch wurde – kaum ausgesprochen – sofort in die Tat umgesetzt. 50.000 Arbeiter wurden den Baumeistern zur Verfügung gestellt. So entstand die neue Hauptstadt Saba mit ihrem Hafen am Roten Meer in kürzester Zeit. Der neue Palast überragte auf kunstvoll aufgetürmtem Hügel die Stadt und schien vom Meer aus gesehen im Himmel zu schweben. Der Umzug von der alten Hauptstadt Aksum nach Saba glich einem Triumphzug. Auch im neu eroberten Land wurde die Königin wie eine Überirdische empfangen. Die Königin hatte eine Vorliebe für große Auftritte: Ihr Schiff, von ihr selbst entworfen, hatte die Form eines Pfaus und war mit purem Gold verziert. Es wurde von 180 Ruderern fortbewegt, und sie selbst saß in schneeweißem Gewand auf goldenem Thron unter rotem Baldachin. Ihre Krone schillerte in allen Regenbogenfarben und war mit nußgroßen Perlen versehen.

Die Reise nach Jerusalem
    Doch eines hatte die Königin von Saba nicht erreicht: eine erfüllte Liebesbeziehung! Auf dem Gipfel ihrer Macht weinte Makeda deshalb oft im geheimen wie ein kleines Mädchen, das auf einem Berg von Gold sitzt und am Verhungern ist. Verzweifelt suchte sie nach Lösungen, den öffentlich vor Jahwe geleisteten Schwur der Jungfräulichkeit aufzuheben. Die Priester behaupteten, daß Unglück über das Volk käme, wenn die Königin den Eid brechen würde. Der Hofastrologe kündete ihr eines Tages an, daß ein weiser und mächtiger Mann aus dem Norden bei ihrem Liebesproblem helfen würde. Damit konnte nur König Salomo im fernen Jerusalem gemeint sein, der Erbauer des jüdischen Tempels und der Hüter der Bundeslade, der für seine Weisheit berühmt war. Diesen Mann wollte Makeda nun unbedingt kennenlernen und seine Weisheit auf die Probe stellen. Sie schickte ihm großzügige Geschenke und ein Bilderrätsel, das Salomo – seinerseits neugierig geworden auf die schöne, reiche und mächtige Königin – zu ihrer größten Zufriedenheit mit einem meisterhaften Gedicht zu beantworten wußte, das auch eine Einladung nach Jerusalem enthielt.
    Die Reise nach Jerusalem – achtzehn Jahre waren seit der Krönung verstrichen – begründete die Königin von Saba offiziell so: Sie sei es der Religion ihrer Vorfahren und des Volkes von Simen und Saba schuldig, diesen Glauben in seiner ganzen Tiefe zu ergründen. Dazu bedürfe sie der Hilfe Salomos, des Hüters der Bundeslade, der sie selbst erleuchten und später jüdische Schriftgelehrte schicken sollte, um die hiesigen Priester zu belehren. Insgeheim hoffte Makeda natürlich auch auf eine Lösung ihres Liebesproblems, auf die Entbindung vom Schwur ihrer Jungfräulichkeit.
    Mit ihrem Pfauenschiff – begleitet von Handelsschiffen und von furchterregenden,
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