Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erich Kastner

Erich Kastner

Titel: Erich Kastner
Autoren: Der 35.Mai oder Konrad reitet in die Sudsee
Vom Netzwerk:
hier hätte, würde ich nicht wanken und nicht weichen«, bemerkte Napoleon hoheitsvoll.
Onkel Ringelhuth setzte sich neben Napoleon und meinte: »Wenn Sie noch ein paar derartig vorwitzige Sa

    chen sagen, nehme ich Ihnen Ihren Dreispitz vom Kopf und werf ihn meinem Lieblingspferd zum Fräße vor, verstanden?«
»Sie sollten sich überhaupt mal wieder einen neuen Zylinder kaufen, Herr Napoleon«, gab Negro Kaballo zu bedenken.
Julius Cäsar hüllte sich eng in seine Toga und sagte zu dem französischen Kaiser: »Ich will nicht hetzen, aber ich an Ihrer Stelle ließe mir das nicht bieten.«
»Ohne Armee können Sie da gar nichts machen, Kollege«, erwiderte Napoleon verdrießlich. »Sehen Sie nur, Theodor Körner ist schwach auf der Rückhand.« Vor der Tribüne wurde nämlich Tennis gespielt. Turnvater Jahn saß auf einem hohen Stuhl und schiedsrichterte das Herrendoppel. Ajax I und Ajax II, kämpften gegen Theodor Körner und den Fürsten Hardenberg. Der Ball sauste hin und her. Die zwei Griechen waren, weil sie Brüder waren, vorzüglich aufeinander eingespielt. Das deutsche Paar ließ zu wünschen übrig.
»Welch alberne Beschäftigung, so einen kleinen leichten Ball hinüber und herüber zu schlagen«, sagte Julius Cäsar. »Wenn es wenigstens eine Kanonenkugel wäre!« Plötzlich schrie er gellend auf. Theodor Körner, der bekanntlich schwach auf der Rückhand war, hatte den Ball ausgeschlagen und ihn, natürlich ohne jede niedrige Absicht, Julius Cäsar mitten ins Gesicht gefeuert. Nun saß der römische Diktator da, hielt sich die Römernase und hatte Tränen in den Augen.
»Wenn es wenigstens eine Kanonenkugel gewesen wäre!« sagte Ringelhuth anzüglich, und Konrad fiel vor Lachen vom Stuhl.
»Ihr seid mir schöne Helden«, knurrte der Onkel, blickte Napoleon und Cäsar von oben bis unten an, und dann verließ er die Tribüne. Konrad und das Rollschuhpferd folgten ihm.
    Bevor sie das Stadion verließen, hörten sie noch den Lärm der Menge, welche die Aschenbahn umsäumte, auf der gerade Alexander der Große und Achilles den Endspurt um die 100 Meter ausfochten. Alexander gewann, obwohl er beim Start schlecht abgekommen war, das Rennen und brauchte 10,1 Sekunden.
    »Das ist schon wieder ein neuer Weltrekord«, rief Konrad.
Negro Kaballo bemerkte, er sei zwar nur ein Pferd, doch er brauche bloß fünf Sekunden.
»Sie haben aber vier Beine«, entgegnete Konrad.
»Laßt doch den Quatsch«, sagte Ringelhuth aufgebracht. »Die Elektrizität hat überhaupt keine Beine und läuft noch viel rascher als ein Pferd. Im übrigen, wenn jemand läuft, um gesund zu bleiben, kann ich das verstehen.

    Wenn er aber wie angestochen durch die Gegend rast, um eine Zehntelsekunde weniger zu brauchen als wer anders, so ist das kompletter Blödsinn. Denn davon bleibt er nicht gesund, sondern davon wird er krank.«
    Sie gingen die Straßen entlang, an kleinen burgähnlichen Villen vorbei, und grüßten die Könige, Ritter und Generäle, die, in Hemdsärmeln, zu den Fenstern herausschauten
und Pfeife rauchten oder in den hübschen gepflegten Vorgärten standen, goldene Gießkannen hielten und ihre Blumenbeete begossen.
    Aus einem der Gärten hörten sie Streit, konnten aber niemanden entdecken. Deshalb traten sie näher und guckten über den Zaun. Da lagen zwei ernste, mit schweren Rüstungen versehene Herren im Gras und spielten mit Zinnsoldaten.
    »Das könnte Ihnen passen, mein lieber Hannibal!« rief der eine. »Nein, nein! Der Rosenstrauch ist, wie Sie endlich anerkennen sollten, von meinen Landsknechten einwandfrei erstürmt worden.«
    »Lieber Herr Wallenstein«, sagte der andere, vor Ärger blaß, »ich denke ja gar nicht dran! Ich werde ganz einfach mit meiner Reiterei Ihren linken Flügel umgehen und Ihnen in den Rücken fallen.«
    »Versuchen Sie’s nur!« Wallenstein, Herzog von Friedland, lächelte höhnisch. »Die Attacke wird Ihrer Kavallerie nicht gut bekommen. Ich ziehe die Reserven, die dort neben dem Resedabeet stehen, nach links und beschieße sie aus der Flanke!«
    Nun hoben und schoben sie ihre buntbemalten Zinnsoldaten hin und her. Der Kampf um den Rosenstrauch war in vollem Gange. Hannibal führte seine Reiterei in den Rücken der Kaiserlichen und bedrängte sie arg. Aber Wallenstein bombardierte die Reiterregimenter aus einer niedlichen Kanone mit Erbsen, und da fielen die Reiter scharenweise um.
    Hannibal war wütend. Er holte aus einer Schachtel, die neben ihm stand, neue Reserven hervor und verstärkte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher