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Erfindung der Violet Adams

Erfindung der Violet Adams

Titel: Erfindung der Violet Adams
Autoren: L Rosen
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Ashton hob die Hand, und Antony wandte sich höflich ab, um den Zwillingen einen Moment für sich zu lassen.
    »Nun, Violet«, begann Ashton und umfasste Violets Handgelenk, »fürchte ich, dass ich für einen Augenblick ernst mit dir reden muss.«
    »Bitte nicht!«, seufzte Violet. Für gewöhnlich folgte diesen Worten eine langweilige Belehrung über die Gefahren dieser Welt, als wäre Ashton nicht ihr Zwilling, sondern ihr älterer Bruder und sie ein kleines Kind, das nichts vom Leben wusste. Und obwohl sie zugeben musste, dass sie im Gegensatz zu ihm bisher wirklich wenig vom Leben kennengelernt hatte, hasste sie diese Vorträge. Normalerweise hörte sie nur mit halbem Ohr zu, in der Annahme, dass seine düsteren Ausführungen seinem lyrischen Talent entsprangen, das überall dunkle Schatten sah. Deshalb bereitete sie sich innerlich auf die deprimierenden Belehrungen vor, die nun unweigerlich folgen würden.
    »Bevor ich diese Kutsche verlasse«, sagte Ashton, »und bevor du diese falschen Bewerbungsunterlagen abgibst, musst du eines wissen.« Violet spürte, wie ihr Bruder sie eindringlich ansah, als wollte er sie so dazu bringen, ihn anzusehen. Sie hielt den Kopf weiterhin gesenkt. Er umfasste ihr Handgelenk fester und fuhr fort. »Wenn du jetzt weitermachst, wenn du deinen Plan in die Tat umsetzt und erwischt wirst, dann bedeutet das nicht nur Schande für dich und für Vater. Sich als Mann zu verkleiden, ist auch eine Straftat.«
    »Nur eine Ordnungswidrigkeit«, erwiderte Violet abwehrend.
    »Ja. Doch wenn der derzeitige Duke durch dein Handeln in einen peinlichen Skandal verwickelt wird, kann er dich wegen Betrug und Vorspiegelung falscher Tatsachen verklagen. Vater ist zwar adelig, aber er ist kein Duke. Wenn der Duke das will, kann er deinen Kopf fordern.«
    »Man würde mich hinrichten?«
    »Im schlimmsten Fall, ja. Es ist allerdings weitaus wahrscheinlicher, dass du lediglich für mehr als zwanzig Jahre ins Gefängnis wanderst. Vater würde sein ganzes Vermögen verlieren, um dich freizukaufen, und seine Reputation wäre für immer ruiniert. Und das ist nur das, was passiert, wenn der Duke dich enttarnt. Ich mag gar nicht daran denken wie … unangenehm es für eine junge Dame sein kann, von Männern umgeben zu sein. Ich habe gerade von einer Beth Kindly gelesen, die sich, als wir noch Kinder waren, als Mann verkleidet hat, um in Oxford zu studieren.«
    »Ich weiß«, sagte Violet leise. Sie hatte die Geschichte auch gelesen. Vor zwei Tagen war ein Artikel in der Zeitung erschienen, als sie aus dem Gefängnis entlassen worden war.
    »Ihr Zimmernachbar hat sie enttarnt und dies aufs Übelste ausgenutzt.«
    »Ich weiß«, wiederholte Violet lauter und sah Ashton an. Ihre Augen waren feucht. »Warum versuchst du, mir solche Angst zu machen? Das Ganze war doch deine Idee.«
    »Es war die Idee für ein Theaterstück. Es hat Spaß gemacht, sich das alles auszudenken. Aber ich muss mir ganz sicher sein, dass du dir im Klaren darüber bist, dass du ein großes Risiko eingehst, wenn du diese Idee in die Wirklichkeit umsetzt. Zwanzig Jahre Gefängnis ohne die Möglichkeit, an deinen Erfindungen zu arbeiten, Vater und ich müssten Messaline verkaufen, du würdest deine Jugend, einen Großteil deines Lebens oder noch mehr verlieren. Ist ein einziges Jahr an der Illyria-Akademie das alles wert? Denk gut über deine Antwort nach, Schwesterherz. Wenn du dir wirklich sicher bist, werde ich dir helfen.«
    Violet starrte auf den Boden der Kutsche. Sie wurde von zwei Pferden gezogen, und Violet konnte sich zwanzig bessere Konstruktionen vorstellen, besser noch als die dampfbetriebenen Kutschen, die rauchend und pfeifend durch die Gegend fuhren. Aber allein könnte sie keine davon bauen, und selbst wenn sie es könnte, würde nie jemand von ihrer Erfindung erfahren.
    »Das ist es wert«, sagte sie entschlossen und sah ihrem Bruder in die Augen.
    Seine grauen Augen starrten zurück, kalt wie Stahl. »Nun gut«, meinte er nur und ließ ihre Hand los. »Dann wünsche ich uns beiden Glück.«
    Sie lächelte. »Danke.«
    Ashton öffnete die Kutschtür und stieg aus, dann drehte er sich noch einmal zu seiner Schwester um.
    »Violet?«
    »Ja?«
    »Denke immer daran, dass selbst wenn dein Plan aufgeht, du am Ende des Jahres deine wahre Identität preisgibst und damit einige der Dinge, die ich soeben erwähnt habe, wieder relevant werden. Denk während der Fahrt darüber nach. Wenn du dich dafür entscheiden solltest, an der
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