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Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Titel: Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser
Autoren: Patricia A. McKillip
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ein Schrei des Protests gegen das Gewahrwerden dieser unendlichen Langmut, und sie spürte, wie Duacs Hand an ihr riß. Doch sie war keiner Bewegung fähig.
    Das Licht auf der Klinge begann plötzlich zu flirren. Das Schwert fiel herab, traf klirrend, unter einem Sprühregen bläulicher Funken, den Steinboden. Das Heft prallte noch einmal ab und blieb dann, die Sterne dem Boden zugewandt, liegen.
    Außer Morgons Atem war kein Laut im Saal. Die Hände an seinen Seiten zu Fäusten geballt, stand er dem Harfner gegenüber und sah ihn an. Er machte keine Bewegung und sprach nicht. Thod, der seinen Blick erwiderte, rührte sich. Das Blut stieg langsam wieder in sein Gesicht. Seine Lippen bewegten sich, als wollte er sprechen, doch vor dem erbarmungslosen
    Schweigen Morgons schreckten die Worte zurück. Er trat einen Schritt zurück, wie fragend. Dann senkte er wieder den Kopf. Er drehte sich um und schritt schnell und leise zwischen den erstarrten Königen hindurch aus dem Saal. Den Kopf, der unbedeckt war, hielt er unter der Last der Sonne gesenkt.
    Morgon starrte aus blinden Augen auf die Versammlung von Lebenden und Toten. Der gärende Aufruhr in ihm, der sich nicht entladen hatte, hing wie ein gefährlicher Zauber über dem Raum. Rendel, die neben Rood und Duac stand, unfähig, sich unter dieser Bedrohung zu rühren, fragte sich, was wohl Morgons Geist aus den schwarzen, unentrinnbaren Steinhöhlen und aus der Sackgasse der Wahrheit herausführen würde, in die der Harfner ihn gelotst hatte. Er schien, da er keinen von ihnen erkannte, ein Fremder, ausgestattet mit gefährlicher Macht. Doch während sie darauf wartete, daß diese Macht Gestalt annahm, gleich, welcher Art, erkannte sie langsam, daß sie sich soeben selbst Gestalt gegeben und daß er ihnen seinen Namen genannt hatte. Sie sagte ihn leise, beinahe zaudernd, da sie den Mann, dem er gehörte, kannte und nicht kannte.
    »Sternenträger.«
    Seine Augen schweiften zu ihr; die Stille strömte von ihm fort, als er seine Hände öffnete. Der Ausdruck, der sein Gesicht wiederbelebte, zog sie zu ihm hin. Sie hörte, wie Rood hinter ihr sprechen wollte und seine Stimme in einem trockenen Schluchzen brach. Von Duac kam ein undeutliches Murmeln. Sie trat vor den Sternenträger hin und löste ihn mit einer Berührung aus der Umklammerung seiner Erinnerungen.
    »Wem wurde ein Mann des Friedens verheißen?« flüsterte sie.
    Da schauderte er und streckte ihr seine Arme entgegen. Sie umschlang ihn, ließ den Totenschädel auf seiner Schulter ruhen wie eine Warnung vor Störung.
    »Die Kinder. «
    Ein Frösteln der Furcht durchrann sie.
    »Die Kinder der Erdherren?«
    »Die steinernen Kinder in jener schwarzen Höhle.« Er umfaßte sie fester. »Diese Wahl ließ er mir. Und ich glaubte, er wäre wehrlos. Ich hätte - ich hätte bedenken sollen, daß er aus Worten tödliche Waffe schmieden kann.«
    »Wer ist er? Dieser Harfner?«
    »Ich weiß es nicht. Aber eines weiß ich: Er muß benannt werden.«
    Danach schwieg er lange, sein Gesicht an ihrer Schulter verborgen. Schließlich hob er den Kopf, sagte etwas, das sie nicht hören konnte; sie wich ein wenig zurück. Er fühlte den Knochenschädel an seinem Gesicht. Er hob eine Hand und nahm den Schädel. Mit dem Daumen zeichnete er eine leere Augenhöhle nach, dann sah er sie an. Seine Stimme war ruhiger.
    »Ich habe in jener Nacht auf Hallard Schwarzes Feldern über dich gewacht. Jede Nacht war ich bei dir, während du durch An rittest. Keiner, ob lebend oder tot, hätte dich angerührt. Doch du hast meine Hilfe nie gebraucht.«
    »Ich spürte deine Nähe«, flüsterte sie. »Aber ich glaubte - ich dachte, du wärst -«
    »Ich weiß.«
    »Und - und was glaubtest du, daß ich vorhätte?« Ihre Stimme schwoll an. »Glaubtest du, ich wollte Thod schützen?«
    »Genau das hast du getan.«
    Wortlos starrte sie ihn an, während sie daran zurückdachte, was alles sie in jenen unheimlichen, endlos scheinenden Tagen getan hatte.
    »Und dennoch bist du bei mir geblieben, um mich zu beschützen?« stieß sie hervor. Er nickte. »Morgon, ich habe dir gesagt, was ich bin; du konntest sehen, welch dunkle Kräfte ich in mir erweckte - du kanntest ihren Ursprung. Du wußtest, daß ich mit jenen Gestaltwandlern verwandt bin, die dich töten wollten; du glaubtest, ich wollte dem Manne helfen, der dich verraten hatte. Wie, in Hels Namen, konntest du mir vertrauen?«
    Seine Hände, die die goldene Krone auf dem Totenschädel umfaßt hielten,
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