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Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Titel: Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser
Autoren: Patricia A. McKillip
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Schweigen zum Bersten zu bringen, nur das Eure nicht. Ihr wurdet vom Gründer gut geschult. Es gibt keinen Teil von Euch, den ich erreichen kann. Nur Eurem Leben kann ich etwas anhaben. Und selbst da frage ich mich, ob Ihr es überhaupt schätzt.«
    »Ja. Ich schätze es.«
    »Ihr würdet niemals um Euer Leben bitten. Ich bat Ghisteslohm um den Tod; er hatte nur Nichtachtung für mich. Das war sein Fehler. Aber er war klug genug zu fliehen. Ihr hättet schon an dem Tag fliehen sollen, als Ihr mich in jenen Berg führtet. Ihr seid kein Narr. Ihr hättet wissen können, daß der Sternenträger das würde überleben können, was der Fürst von Hed nicht überleben konnte. Und doch bliebt Ihr und spieltet mir Lieder aus Hed, bis ich in meinen Träumen weinte. Mit einem Gedanken hätte ich die Saiten Eurer Harfe zerreißen können.«
    »Das habt Ihr getan. Mehrmals.«
    »Und Ihr ward nicht klug genug zu fliehen.«
    In der tiefen Stille des Saales war es, als wären sie allein. Die Könige mit den kampfesmüden, von Bitterkeit gezeichneten Gesichtern sahen so versunken aus, als ließen sie einen Abschnitt ihres eigenen Lebens an sich vorüberziehen. Duac, sie sah es ihm an, hatte noch immer Mühe, sich mit der Vorstellung abzufinden, daß der Gründer im Erlenstern-Berg hofhielt; Rood hatte sich schon damit abgefunden. Sein Gesicht war ausdrucksleer. Er beobachtete die Szene, während er hin und wieder den Schrei oder die Tränen hinunterschluckte, die in ihm aufstiegen.
    Der Harfner, der eine kleine Pause eintreten ließ, ehe er sprach, sagte: »Nein. Ich bin ein Narr. Vielleicht setzte ich darauf, daß Ihr der Sache nachgehen und des Knechtes nicht achten würdet. Oder daß Ihr selbst in jenen Augenblicken, da Ihr die Landherrschaft nicht festhalten konntet, an den Lehren der Rätselschule festhalten würdet.«
    Morgons Hände ballten sich zu Fäusten, doch er hielt sie reglos an seinen Seiten.
    »Was haben die fruchtlosen Lehren einer Schule ohne Schüler mit meinem Leben oder Eurem Tod zu tun?«
    »Vielleicht nichts. Es war nur ein flüchtiger Gedanke. So wie mein Harfenspiel. Eine abstrakte Frage, mit der sich zu beschäftigen ein Mann mit einem Schwert an seiner Seite selten Zeit nimmt.«
    »Worte!«
    »Vielleicht.«
    »Ihr seid selbst ein Rätselmeister - welcher Lehrsatz besaß genug Kraft, Euch zu bewegen, an den Lehren der Rätselschule festzuhalten? Der erste Lehrsatz des Gründers von Lungold: Die Sprache der Wahrheit ist die Sprache der Macht - wahrer Name, wahres Wesen. Ihr fandet das Wesen des Verrats mehr nach Eurem Geschmack. Wer seid Ihr, daß Ihr mich richten dürft, wenn ich die Namen von Rache, Mord, Gerechtigkeit - oder was immer sonst für einen Namen Ihr dem geben wollt - mehr nach meinem Geschmack finde.«
    »Wer überhaupt dürfte Euch richten? Ihr seid der Sternenträger. Während Ihr mich quer durch Hel jagtet, verwechselte Rendel Euch mit Ghisteslohm.«
    Sie sah, wie er zusammenzuckte.
    Rood, dem keuchend der Atem aus dem Munde kam, flüsterte: »Morgon, ich schwöre es, Lehren oder nicht, wenn du ihn nicht tötest, werde ich es tun.«
    »Es ist, wie ich schon sagte, eine abstrakte Frage. Roods Vorstellung von Gerechtigkeit ist viel vernünftiger.«
    Thods Stimme klang trocken, müde, so als wäre er am Ende.
    Tödliche Qual im Gesicht, schrie Morgon ihn mit einer Stimme an, die dröhnend durch die finsteren Höhlen und Grotten des Erlenstern-Bergs gejagt sein mußte. »Was wollt Ihr von mir?«
    Seine Hand griff in den leeren Raum zu seiner Seite, und plötzlich lag das mächtige, gestirnte Schwert in ihr. In blitzendem Schwung sauste es aufwärts. Rendel wußte, daß sie alle um sich herum für immer so sehen würde: den Harfner, waffenlos und unbewegt, der den Kopf hob, als das Schwert im Aufwärts sch wung das Sonnenlicht durchschnitt, und Morgon, in dessen Armen die Muskeln schwollen, als er die Klinge mit beiden Händen emporriß und sie im Gipfelpunkt ihrer Kreisbahn stillstehen ließ. Da erst richteten sich die Augen des Harfners auf Morgons Gesicht.
    »Ihnen wurde ein Mann des Friedens verheißen«, flüsterte er.
    In der Klinge des Schwerts, die sachte bebend in der Luft stand, verwoben sich Fäden von Licht. Der Harfner stand unter der scharfen Linie seines Schattens, umflossen von jener vertrauten unerschütterlichen Ruhe, die Rendel in dem, was sie in sich barg, plötzlich schrecklicher schien als alles, was sie in sich oder in Morgon erblickt hatte. Ein Laut kam über ihre Lippen,
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