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Erdschiff Giganto - Alle sechs Romane

Titel: Erdschiff Giganto - Alle sechs Romane
Autoren: Rolf Ulrici
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Obstbaum buchstäblich in Stücke zerschlug. Wer draußen war, dem war zumindest der Donnerschlag in die Knochen gefahren. Hustend vor Schreck, raste der Zwergpudel Loulou ins Haus zurück. Dort lief er den sprachlosen, ebenfalls geflüchteten Geschwistern und Freunden wie verrückt um die Beine.
    »Wo ist Micha?« fragte Tati heiser.
    Alle, außer dem Kleinen, standen im Kaminzimmer.
    »Hier, hier bin ich«, bibberte Michas Stimme. »Aber die Stoppuhr ist kaputt.«
    Henri wollte etwas sagen, doch Superhirn kam ihm zuvor: »Immer noch besser, als wenn wir dich als Schmorpflaume vom zertrümmerten Obstbaum hätten klauben müssen.«
    »Es war ein Kirschbaum«, stellte Tati richtig. »Wenigstens hat er nicht angefangen zu brennen. Es stinkt nur furchtbar nach Schwefel.«
    Man hörte Madame Claires Zetergeschrei.
    »Hört mal!« murmelte Prosper. »Es regnet, als schütte einer Erbsen aufs Dach!«
    »Das Volksfest beginnt!« grinste Gérard.
    Es war plötzlich sehr dunkel geworden. Henri knipste die Lampen an.
    »Machen wir's uns hier gemütlich«, schlug Superhirn vor. »Entfachen wir ein Feuer im Kamin!«
    Das war mit Hilfe der jammernden Wirtschafterin bald geschehen. »Der schöne Baum! Er war mir so ans Herz gewachsen! Die Blüten jedes Jahr! Und er hat im Wind geflüstert wie ein lebendiges Wesen!« Dabei blieb sie. Und sie wiederholte es wie ein eintöniges, trauriges Lied. Tati setzte sich an ein Tischchen und schrieb an die Eltern. Loulou blickte mißtrauisch ins Kaminfeuer.
    Wenn ein Scheit knackte oder ein Funken stob, machte er drohend waff oder wuff. Das klang sehr komisch. Superhirn hockte mit gekreuzten Beinen auf einem Tigerfell und trug etwas in ein Tagebuch ein. Die mächtige Stehlampe mit dem enormen Schirm goß ihr Licht auf seine strohblonden Haare. Wenn er aufblickte, funkelte seine Brille.
    Noch im Lichtkreis dieser Lampe lagen Henri und Gérard wie zwei müde Krieger auf dem Teppich und spielten mit winzigen Figuren auf einem entsprechend kleinen Brettchen Schach. Im angrenzenden Raum versuchte Prosper mit Micha Billard zu spielen. Es klang aber eher wie eine Mischung aus Vorwürfen, Verhöhnungen, Durcheinanderschmeißen von Bällen und Fechten mit Stöcken.
    Madame Claire kam mit einem Tablett herein.
    »Tee für euch«, sagte sie. »Tee beruhigt. Mir scheint, das Gewitter kommt noch mal zurück. Ein unheimlicher Abend.«
    Tati bedankte sich für den Tee und half ihr, die Kanne und das übrige Geschirr auf die Anrichte zu stellen.
    »Ach, die Löffel, Moment!« rief Madame Claire. Sie lief in die Küche. Aber sie brachte auch eine Zeitschrift mit.
    »Mein Kreuzworträtsel von gestern«, sagte sie. »Ich werde doch nicht damit fertig! Mexikanischer Gott mit zwölf Buchstaben. Was kann das sein?«
    »QUETZALCOATU«, half Superhirn, ohne aufzublicken.
    Madame Claire verschlug es die Sprache.
    Seelenruhig buchstabierte Superhirn. »Spricht sich 'ketsallkoti'. Schreiben Sie's getrost hin.«
    Die Wirtschafterin fügte an Tatis Tischchen einen Buchstaben nach dem anderen in die vorgesehenen Kreuzworträtsel-Kästchen.
    »Und was ist die arabische Bezeichnung für den Fluß Tigris?« fragte sie – immer noch mit großem Staunen in der Stimme.
    »Didschla«, lächelte Superhirn, so, als hätte sie nur gefragt: Wie viele Beine hat ein Pferd?
    Henri hob den Kopf vom Schachspiel. »Haben Sie das noch nicht bemerkt, Madame? Marcel – Superhirn ist sein eigener Computer. Bei dem können Sie sich das Kochen sparen. Füttern Sie ihn nur mit Fragen!«
    »Ich glaube, der braucht nicht mal sein Gehirn«, brummte Gérard. »Wette, er denkt mit Augen, Ohren, Nase, Mund. Oder mit dem linken kleinen Finger Wenn Sie wissen wollen, wieviel 12+12 ist, sagt er Ihnen das im Schlaf.«
    »Zu leicht!« rief Henri. »5555×5555!«
    »Ergibt 30.858.025«, erwiderte Superhirn prompt.
    Madame Claire nahm ihr Kreuzworträtsel und lief kopfschüttelnd aus dem Raum. »Daß er klug ist, wußte ich«, hörte man sie brabbeln, »aber daß er hexen kann ...«
    Gérard, Henri und Tati lachten.
    »Vorsicht«, meinte Gérard. »Am Ende denkt sie noch, dieser Kopf zieht Blitze an. Dann sind wir am längsten hier Feriengäste gewesen.«
    »Könnte schon sein«, überlegte Tati. »Die gute Claire ist sowieso ein bißchen abergläubisch.«
    Sie schenkte Tee ein und brachte zwei Tassen ins Billardzimmer für Prosper und Micha. Henri, Gérard und Superhirn gingen zur Anrichte, um sich selbst zu bedienen. Als Tati aus dem Billardzimmer
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