Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erbschuld: Psychothriller (German Edition)

Erbschuld: Psychothriller (German Edition)

Titel: Erbschuld: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Kitty Sewell
Vom Netzwerk:
nicht, wie du dir immer einbildest. Wenn er scharf auf mich war, hat er mir im Bett alles über dich und deine Geschäfte erzählt. Ich habe alles aus ihm herausgeholt. Ich bin nicht nur ein Stück Fleisch, Uri. Ich bin raffiniert. Genau wie du gesagt hast. Ich kriege jeden zum Reden. Du solltest sehen, was in diesen Briefen steht, Uri. Was für Informationen sie enthalten.«
    Uri machte einen Schritt zurück und starrte sie an. Er hatte die Augen weit aufgerissen, aber was in ihm vorging, war nicht zu erkennen. Er knirschte hörbar mit den Zähnen, und weißer Schaum bildete sich in seinen Mundwinkeln. Rachel war fest überzeugt, dass er sie nun töten würde. Sie wusste, dass es für sie das Beste war. Tausendmal besser als ein Verhör in seinem Haus. Das würde sich tagelang hinziehen, und sie würde es wahrscheinlich nicht überleben. Wenn er sie nicht absichtlich umbrachte, dann versehentlich. Statt sich weiterhin zu wehren, wartete sie auf den tödlichen Schlag.
    Aber nichts geschah. Uri knickte urplötzlich nach vorn, als hätte ihn jemand in den Unterleib getreten. Er packte seinen Kopf mit beiden Händen und stieß ein verängstigtes Grunzen aus. Der Mann namens Rüben ließ Rachel los und packte Uri am Arm, als rechnete er damit, dass er stürzen würde. »Okay, Boss, alles okay.«
    Schweigen herrschte. Rüben, der nicht wusste, was er tun sollte, stützte den stöhnenden Uri.
    »Was? Alles okay? Da liegst du aber gewaltig falsch, Uri«, verhöhnte Rachel ihn. »Du hast allen Grund, dir vor Angst in die Hose zu scheißen. Mann.«
    Uri wandte sich mit flehendem Blick zu Ruben. »Bring mich weg.«
    Ohne Uris Arm loszulassen, machte das Gerippe Rüben einen Schritt in Richtung Rachel.
    »Schlampe, wo ist Anton?«
    Rachel hüllte sich fester in ihren Morgenrock und wich zurück. Der plötzliche Druck löste einen pochenden Schmerz in ihrer Brust aus. »Nun fang du nicht auch noch an«, fauchte sie. »Hört mir denn keiner von euch verdammten Schwachsinnigen zu? Ich habe keine Ahnung, wo er ist. Aber ich will es wissen, weil er meinen Sohn hat. Ich will meinen Sohn zurückhaben, und dann bringe ich Anton um!«
    Der Mann namens Rüben sah auf einmal aus, als hätte er die Nase voll. Fast verlegen ließ er seine knochigen Schultern sacken. Es war offensichtlich, dass die ganze Unternehmung seiner Meinung nach eine reine Zeitverschwendung war.
    »Wenn er sich bei dir meldet, sag ihm, wir brauchen ihn dringend. Sag ihm, sein Bruder ist … krank.« Er wandte sich wieder zu Uri. Sein Mund wurde schmal vor Verachtung. »Es reicht. Ich bringe dich nach Hause«, knurrte er. Ziemlich grob zog er Uri die Treppe hinunter.
    Ein Wunder war geschehen. Uri und Rüben fuhren davon. Rachel war sprachlos. Sie hörte die Räder des Autos auf dem Asphalt. Nach einer Minute, die sie wie angewurzelt stehen geblieben war, füllte sie ihre Lunge mit Luft und atmete dann ganz langsam aus. Tränen traten ihr in die Augen, und ein ersticktes Prusten entrang sich ihrer Kehle. Sie hielt es zunächst für Weinen, aber es war Gelächter. Sie lachte. Es klang so sonderbar, dass sie nicht glauben wollte, dass das Geräusch von ihr kam.
    Immer noch kichernd wischte sie sich die Tränen aus den Augen, während sie auf Zehenspitzen vom Bad ins Wohnzimmer ging. Sie spähte von oben die Treppe hinunter. Die Haustür war angelehnt, die Männer waren tatsächlich fort. Uri. Sie hatte Angst in seinen Augen gesehen. Eine bodenlose Angst. Was war passiert, dass er sich derart verändert hatte? Er schien auf ein menschliches Maß zusammengeschrumpft zu sein. Er war ein geschlagener Mann, ein schwacher Mann, ein Bild des Jammers. Sie schloss die Tür, legte die Kette vor und holte ihre Zigaretten aus der Tasche.
    Auf dem Weg nach oben fiel ihr ein grauer Gegenstand ins Auge. Zu ihren Füßen lag Uris schmutziges Taschentuch. Bei seinem Anblick musste sie wieder lachen, und halb hysterisch vor unterdrücktem Gelächter hob sie das Taschentuch mit den Spitzen ihres Daumens und Zeigefingers auf. Sie würde ein ganzes Glas Whisky trinken und das eklige Ding in ihrem Kamin verbrennen.
    Auf einmal fiel ihr eine Bewegung auf. Winzige Punkte schössen ziellos in den schmutzigen Falten des Tuchs hin und her. Rachel hielt es ans Licht und sah genauer hin.
    Es waren Ameisen, winzige rote Ameisen.



Epilog
    S chwitzend und fluchend wuchtete sich Sascha jeweils vier Bretter auf die Schulter und trug sie die Treppe hinauf zur Plattform. Als er fertig war, hatte er das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher