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Erbschuld: Psychothriller (German Edition)

Erbschuld: Psychothriller (German Edition)

Titel: Erbschuld: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Kitty Sewell
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arbeitete.
    »Ich bringe Sascha mit. Heute Abend.«
    Das warf sie um. Er log natürlich, es konnte gar nicht anders sein. »Du hast Sascha?«, fragte sie misstrauisch. »Hat Anton ihn zurückgebracht? Oder lügst du mich an?«
    »Ich finde dich ganz leicht, Rachel. Aber besser, du gibst mir deine Adresse.«
    »In Ordnung, du bekommst meine Adresse. Aber erst will ich mit Sascha reden. Nur ein paar Worte.«
    Eine kurze Pause, und die Verbindung war unterbrochen.
    Ihre Knie wurden weich, und sie sank auf eine niedrige Gartenmauer. Sie ließ ihr Handy in die Handtasche fallen und suchte nach ihren Zigaretten. Mit zitternden Händen zündete sie sich eine an und inhalierte tief. Eine Frau am Fenster des Nachbarhauses zog ärgerlich die Stirn in Falten. Rachel war es egal. Sollte die Alte doch kommen und sie verjagen, dann würde sie sich eben auf das Pflaster setzen.
    Nachdenken, nachdenken!, befahl sie sich. Was kannst du tun? Es war einen ganzen Monat her, seit sie Uri aufgesucht hatte, und jeden Tag war ihre Angst vor dem, was geschehen würde, gewachsen. Er schien noch immer keine Ahnung zu haben, sonst wäre sie schon längst eine Leiche. Es sei denn, er hatte gerade irgendetwas entdeckt oder Verdacht geschöpft, dass sein Bruder nicht abgehauen, sondern ermordet worden war, und zwar nicht von einem geschäftlichen Feind. Ohne Zweifel stand ihr ein Verhör bevor. Er würde gnadenlos sein – ein Sadist, der wusste, was er wollte. Nachdem er ihr die Wahrheit abgerungen hatte, würde er sie töten und sich dann an die Verfolgung Saschas machen. Selbst wenn sie durchhalten sollte, ohne seinen Aufenthaltsort preiszugeben, würde er jeden Stein umdrehen, bis er seinen kleinen Neffen gefunden hatte. Er hatte keine einzige Eigenschaft eines normalen Menschen, mit Ausnahme seiner Loyalität gegenüber Blutsverwandten.
    »Runter von der Mauer, verdammt!«, schrie die Frau durchs offene Fenster.
    »Was geht Sie das an? Es ist ja nicht Ihr Haus«, entgegnete Rachel müde, ohne sich zu rühren. Sie würde diese Zigarette zu Ende rauchen, sie konnte es sich nicht leisten, sie zu verschwenden.
    »Das ist Privateigentum, und meine Nachbarn haben die Nase voll von Gesocks wie Ihnen, das Zigaretten und Dosen in den Garten wirft.«
    »Ach ja?«, sagte Rachel leise. Ihre Stimme war zu heiser, und sie war zu müde, um lauter zu sprechen.
    Die Frau schlug das Fenster so energisch zu, dass das Glas im Rahmen schepperte.
    Nachdem sie noch einmal kräftig inhaliert hatte, drückte sie die Zigarette auf dem Gehsteig aus und machte sich wieder auf den Weg, blieb stehen, ging weiter, blieb wieder stehen – wie eine alte Frau. Es konnte sein, dass sie hungrig war, sie hatte den ganzen Tag nichts gegessen. Ihr Appetit war nie der beste gewesen, aber in den vergangenen Wochen war er ihr ganz vergangen. Am liebsten hätte sie sich mit irgendwelchen Tabletten betäubt, aber sie musste jeden Augenblick des Tages wach bleiben.
    Der Gedanke brachte sie auf eine Idee. Warum ging sie nicht wieder zurück in die Stadt und besorgte sich Heroin? Sie würde sich einen ordentlichen Schuss setzen und schmerzlos eine ganze Menge Probleme beseitigen. Ihr Leben war scheiße. Ihr Sohn war weg, und bald würde das Höllenmonster durch ihre Tür treten und sie durchprügeln, foltern oder womöglich noch Schlimmeres mit ihr anstellen. Wenn er sie nach einer Überdosis tot auffände, würde er nur denken, dass sie eine Versagerin war, eine Abhängige, vor der Anton seinen Sascha zum Glück gerettet hatte. Er würde wenigstens nichts aus ihr herausholen können, und wenn er die Nachbarn aushorchte, würden sie ihm den Bären aufbinden, den sie ihnen aufgebunden hatte, nämlich dass Sascha bei seinem Vater in der Ukraine lebt. Das hatte sie allen erzählt – dem alten Tom Bainsburrow, dem jungen Paar, das gegenüber eingezogen war, und auch dem Jungen im Zeitungsladen. Sascha würde wahrscheinlich mit Madeleine ein wunderbares Leben führen, denn sie war immerhin seine Großmutter. Und weil sie ein schlechtes Gewissen hatte, würde sie alles tun, um ihn glücklich zu machen. Eine Überdosis war eine großartige Lösung. Und von allem anderen abgesehen – sie war so fürchterlich müde.
    Sie nahm den Weg durch den Park und setzte sich bei den Schaukeln auf eine Bank, steckte sich eine Zigarette an und nahm einen Schluck Whisky aus der Flasche. Sie malte sich aus, wie sie vorgehen würde. Zunächst würde sie sich eine Spritze und eine Nadel besorgen müssen, neu
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