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Er trank das ewige Leben

Er trank das ewige Leben

Titel: Er trank das ewige Leben
Autoren: Jason Dark
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sagte Marek als sie die Hütte betraten.
    »Schlafen?« Er schüttelte den Kopf. »Nein, nicht schlafen. Ich kann es nicht.«
    »Das verstehe ich.«
    »Ich will etwas anderes.« Er ließ sich am Tisch nieder, wo die Schnapsflasche stand. Mit einer Hand umfaßte er sie. »Das ist es jetzt, was ich brauche.«
    »Kann ich verstehen.«
    Negru schob Marek die Flasche rüber. »Bitte, schenk du mir ein. Ich kann es nicht. Meine Hände zittern.« Marek tat ihm den Gefallen.
    »Mehr«, flüstertet sein Freund, »bitte mehr. Ich muß mich einfach betäuben.«
    »Okay.« Mehr als halbvoll war das Glas, als Marek es in die Hand seines Freundes drückte, der noch mit der zweiten zufassen mußte, um es zu halten.
    Dann trank Negru. Er senkte dabei seinen Kopf dem Glas entgegen, um die ersten Schlucke schlürfen zu können.
    Er war total erschöpft. Fast am Ende.
    »Dann werde ich von nun an allein auf der Welt sein«, sagte er leise.
    »Ich werde weiterhin in diesem Loch leben müssen. Ich werde Frau und Tochter nicht mehr zu sehen bekommen, ich werde einfach vergessen müssen, daß ich einmal eine Familie hatte.« Er schaute Marek an. »So ist es doch wohl, oder?«
    »Ja, Negru, so ähnlich wird es laufen.«
    Der Mann schlürfte wieder den Schnaps. »Haben wir das Problem hinter uns gebracht?«
    »Deines schon.«
    »Aber?«
    »Es gibt noch diesen Mephisto.«
    Negru sagte nichts. Er schloß die Augen. Dann trank er das Glas leer und hob die Schultern. »Ja, du hast recht, es gibt ihn noch, aber ich kann dir nicht helfen – leider.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich weiß nicht, wo er sich herumtreibt. Ich weiß nicht mal, ob es ihn gibt. Aber wahrscheinlich doch. Er ist eine Legende, jetzt vielleicht eine Wahrheit, aber so genau kann ich das alles nicht sagen. Ich weiß nur, daß meine Töchter erlöst worden sind, und ich weiß, daß es mir nicht besser geht. Ich habe gedacht, es würde mir bessergehen, aber das ist ein Irrtum.«
    »Noch, mein Freund. Was ich jetzt sage, mag simpel klingen, aber es kommt der Wahrheit doch nahe.« Marek schaute in die Flammen der Ölleuchte am Rand des Tisches. »Die Zeit heilt alle Wunden. Das weiß ich von mir, denn auch meine Frau mußte so erlöst werden wie deine Töchter.«
    »Ja«, hauchte Negru, »ja, das weiß ich. Das hast du ja gesagt, mein Freund. Aber ich kann dir nicht zustimmen.«
    »Wieso nicht?«
    Negru lächelte verloren. »Du hast von der Zeit gesprochen, die alle Wunden heilt. Bei einem jüngeren Menschen mag das zutreffen, aber nicht bei mir, denn mir bleibt nicht mehr viel Zeit.«
    »Das kann man nie wissen.«
    »Denkst du anders darüber?«
    »Ja, denn ich gehöre nicht mehr zu den Jüngsten, aber an den Tod denke ich nicht. Eben weil ich eine Aufgabe habe. Ich bin der Pfähler. Ich habe mir geschworen, die Pest der Blutsauger zu vernichten, wo ich sie antreffe! Das bin ich mir selbst schuldig – und meiner Frau, die ich durch sie verloren habe.«
    Negru schaute ihn an. »Frantisek, du bist für mich ein Wunder.«
    »Nein, ein Freund.«
    Der andere lachte, und es klang schon etwas lallend. »Weil ich dein Freund bin«, fuhr Marek fort, »möchte ich, daß du dich jetzt hinlegst. Du wirst schlafen müssen. Du kannst auch schlafen, und du wirst tief schlafen für eine Weile und alles vergessen.«
    Negru sah Marek mit einem Blick an, als wüßte er nicht, was er davon halten sollte.
    »Ich meine es ehrlich.«
    »Ja, gut. Ich kann auch nicht mehr.«
    »Ist dein Zimmer oben?«
    »Da steht ein Bett.«
    »Schaffst du es?«
    Negru lachte, stand auf, mußte sich aber an der Stuhllehne abstützen, sonst wäre er umgefallen.
    »Nicht so hastig«, sagte Marek. »Ich bringe dich nach oben. Brauchst du denn Licht?«
    »Nein.«
    Marek nahm trotzdem die Taschenlampe mit. Er zog sie seinem Freund aus der Tasche. Von dem Pfähler gestützt, schaffte es Negru die Stiege zu überwinden.
    Unter dem Dach war es so eng und niedrig, daß ein normal gewachsener Mensch nicht aufrecht stehen konnte. Negru mußte sich schon bücken, und auch Marek schaute sich gebückt im Strahl der Taschenlampe um.
    Was er sah, war kaum der Rede wert, um es überhaupt zu registrieren.
    Zwei flache Betten, eigentlich mehr Liegen, standen dicht beisammen.
    Eine alte Vitrine hatte auch einen Platz gefunden. Auf ihr stand eine Waschschüssel, in der Wasser schimmerte, das bereits einen bräunlichen Farbton angenommen hatte. Eine Kanne stand neben der Schüssel. Einen Schrank gab es nicht, dafür war das Zimmer zu
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