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ePub: Juniper Berry

ePub: Juniper Berry

Titel: ePub: Juniper Berry
Autoren: M.P. Kozlowsky
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seufzte. »Ich wollte sie im Auge behalten, um herauszufinden, was mit ihnen los ist, und ihnen vielleicht helfen zu können. Eines Nachts, als sie dachten, ich würde schlafen, verließen sie das Haus und liefen in den Wald. Ich bin ihnen gefolgt. Ich wollte nicht erwischt werden, darum bin ich ein Stück zurückgeblieben. Sie liefen eine lange Zeit, fast wie in Trance.
    »Sind sie vielleicht Schlafwandler?«
    »Nein, auf keinen Fall. Sie hatten seit Tagen nicht mehr geschlafen. Kurz bevor sie aufgebrochen waren, hatten sie sich noch heftig gestritten. Schließlich bin ich ihnen denganzen Weg bis hierher gefolgt.« Er sah sich um. »Ich glaube zumindest, dass es hier war.« Er berührte einen Baum, der in der Nähe stand, untersuchte ihn, ohne etwas zu finden, und sprach weiter. »Es muss irgendwo hier in der Nähe gewesen sein. Und dann sind sie plötzlich verschwunden.«
    »Wie meinst du das: verschwunden ?«
    »In der einen Sekunde waren sie noch da. Sie standen vor einem Baum und berührten ihn. Dann waren sie weg.«
    »Es war dunkel draußen. Vielleicht hast du einfach nicht gesehen, wo sie hingegangen sind.«
    »Sie sind nirgendwo hingegangen. Es war dunkel, aber ich bin ihnen bis zu dem Baum gefolgt. Dort sind sie stehen geblieben und einfach verschwunden.«
    »Bist du sicher?«
    »Es ist die Wahrheit. Ich habe überall nach ihnen gesucht. Sie waren nicht mehr da. Zu Hause waren sie auch nicht. Ich bin so lange wach geblieben, wie ich konnte, aber ich hab sie erst am nächsten Morgen wiedergesehen. Da waren sie … anders. Du musst mir glauben. Sie waren wirklich verschwunden. Irgendetwas geht hier vor. Meine Eltern … sie … sie …«
    »Was?«
    Er wollte es nicht sagen. Seine Augen waren voller Angst, eine Angst, die Juniper nur zu gut verstand. Sie wusste, was er sagen würde, aber sie musste es trotzdem aus seinem Mund hören.
    Und schließlich sprach er es aus. »Irgendetwas stimmt nicht mit ihnen.«
    Juniper wurde eiskalt. Sie sah ihm tief in seine suchenden Augen. »Ich glaube dir, Giles. Wirklich.«
    Der Regen prasselte immer stärker herab und über ihren Köpfen grollte der Donner. Heute konnten sie nichts mehr tun. Juniper gab Giles den Regenschirm für seinen langen Heimweg. Aber vorher verabredeten sie sich für den nächsten Tag, um den Dingen endlich auf den Grund zu gehen. Zwei Freunde, die nach Antworten suchten.

Juniper saß in der letzten Reihe des Berry’schen Heimkinos und sah sich alte Familien-Videos an, etwas, das sie in letzter Zeit häufiger tat. Zwölf Reihen von der Leinwand entfernt ließ sie ihren Blick über all die leeren Sitze schweifen. Wofür waren sie da? Sie waren niemals alle besetzt, nicht einmal annähernd. Früher hatten sie wenigstens zu dritt hier gesessen, aber jetzt war sie immer allein. Abgesehen von Kitty.
    Kitty war in diesem Raum immer unruhig. Statt stillzusitzen, rannte sie durch die Gänge, einen nach dem anderen. Hoch und runter, vor und zurück, zwischen den Sitzen entlang und unter ihnen hindurch. Unermüdlich versuchte sie, Junipers Aufmerksamkeit zu erregen. Doch diesmal hatte sie keinen Erfolg.
    Auf der Leinwand lief ein Film, der vor ein paar Jahren während einer Reise nach New York entstanden war. Juniper stand mit ihrer Mutter mitten im verschneiten Central Park. Die Stimme ihres Vaters ertönte hinter der Kamera.
    »Juniper, wie gefällt dir New York? Ist es nicht toll hier?«
    Es war kein Geräusch zu hören, der Verkehrslärm war lange verklungen. Kaum jemand war unterwegs und friedliche Stille hatte sich über die Stadt gelegt. Der Schnee hing wie weißes Moos an den Zweigen der Bäume und drückte sie nach unten. Bänke, Skulpturen und Brücken waren mit feinem, weißem Puder bedeckt, und die Findlinge waren schneebedeckte Berge, die es zu bezwingen galt. Es gab keine Fußspuren, niemand war in der Nähe, abgesehen von den Schnee-Engeln, die sie gerade gemacht hatten. Die umliegenden Gebäude verschwanden in einem weißen Nebel. Die einzigen Orientierungshilfen waren verschleierte Laternenpfähle, die wie kleine Leuchttürme neben den verschneiten Wegen aufragten.
    Auf der Leinwand wirbelte Juniper mit aus dem Mund gestreckter Zunge im sanft fallenden Schnee herum. »Sind wir wirklich noch in New York? Ich glaub das einfach nicht!«
    Mrs. Berry lachte. Sie hob ihre Tochter hoch und schwenkte sie im Kreis herum, der schönste Tanz von allen.
    Während Juniper die Szene betrachtete, zog sie ihr Kaleidoskop aus der Tasche und sah hindurch.
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