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ePub: Ashes, Ashes

ePub: Ashes, Ashes

Titel: ePub: Ashes, Ashes
Autoren: Jo Treggiari
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sich das Fell. Sie wirkten fast freundlich, zumindest so lange, bis sie kläffend und knurrend aufsprangen, sobald sich Lucy oder der Junge auf dem Ast nur ein wenig bewegten. Ein Stück entfernt im Buschwerk konnte Lucy schemenhaft weitere Hunde erkennen. Sie lauerten nur darauf, dass sie wieder loslief. Wie lange würden sie wohl auf ihre Mahlzeit warten? Wann würden sie aufgeben und eher in einem Erdloch nach einer Maus oder an den Müllhaufen nach einer Ratte Ausschau halten? Wie lange noch, bis Lucy vom Baum klettern und nach Hause gehen konnte? Der Junge sah sie unverwandt an, fast so, als wüsste er, was sie dachte. Er grinste wieder. Sie schlug die Augen nieder und beschäftigte sich damit, ihrHalstuch um ihre linke Hand zu wickeln. Es war jetzt ganz durchtränkt von frischem Blut. Beim Heraufklettern hatte sie damit einen breiten Streifen auf der Baumrinde hinterlassen.
    Der Junge legte die Hand auf die Brust, verstellte seine Stimme und piepste: »Oh, vielen Dank, Aidan! Du hast mich vor dieser gefährlichen Meute gerettet! Es war wirklich großartig von dir, dass du dich für eine Wildfremde so weit vom Baum gelehnt und dein Leben riskiert hast, oder zumindest einen schlimmen Sturz!«
    Sie runzelte die Stirn und überlegte, ob sie einfach auf der anderen Seite des Baumes hinunterspringen, die Hunde abhängen und von hier abhauen konnte. Ihr Blick fiel auf das Loch in ihrer Jeans, das sie sich neu hineingerissen hatte.
    »Danke«, brachte sie schließlich hervor. »Ich heiße Lucy.« Ihre Stimme klang rau, und jetzt merkte sie, wie trocken ihr Hals war. »Hast du vielleicht etwas Wasser?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht gedacht, dass ich so lange hier bleiben würde. Eigentlich wollte ich nur ein bisschen Ruhe. Und gucken, ob ich etwas sehen könnte ...« Er sah sie durchdringend an, und sie überlegte, ob ihr Haar wohl sehr struppig war.
    »Bist du ein Kundschafter?«, fragte Lucy. Sie wusste natürlich, dass es noch andere Menschen in der Gegend gab, Einzelgänger wie sie selbst, die meisten davon Leute, die lieber an ihrem sicheren Ort blieben und nicht hierhin und dorthin zogen. Manchmal sah Lucy Lagerfeuer und hörte Stimmen in weiter Entfernung. Aber Aidan war der erste Mensch seit Langem, dem sie begegnete. Soweit sie wusste, gehörten dieStraßen der Stadt den S’ans – Überlebenden der Epidemie, die scheußlich entstellt waren und krank im Kopf.
    Aidan schüttelte den Kopf. Der spöttische Zug um seinen Mundwinkel war wieder da. Lucy vermutete, dass er ihn nicht mit Absicht machte, aber so richtig sympathisch wurde ihr der Junge trotzdem nicht.
    Jetzt sah sie ihn sich genauer an. Er hatte nichts dabei, worin er etwas hätte transportieren können. Ein Messer trug er auch nicht – noch nicht mal einen Knüppel.
    »Was soll das heißen, du bist kein Kundschafter?«, hakte sie nach und richtete sich auf. Ihre Hand tastete wieder nach dem Messer. »Dann bist du wohl ein Spion?«, platzte sie heraus. »Spionierst du mir etwa nach?« Ihre größte Angst war, dass man sie zwingen würde, ins Asyl zurückzukehren.
    Aidan warf ihr einen kurzen Blick zu und blickte dann auf seine Hände. Lucy wartete darauf, dass er antwortete. Er räusperte sich. »Ich habe dir nicht hinterherspioniert«, sagte er. »Aber ich habe dich schon mal gesehen.«
    Sie erinnerte sich an das unangenehme Gefühl, beobachtet zu werden. Lucy zog ihr Messer und hielt es ihm vors Gesicht. »Du bist mir gefolgt.«
    Er blickte erschrocken auf. »Nein!«, sagte er. »Wenn man weiß, in welche Richtung man gucken muss, kann man von hier aus dein Camp sehen. Das ist alles. Ich habe mitbekommen ...« Jetzt waren es seine Wangen, die aufflammten. Er stockte mitten im Satz, und mit etwas lauterer Stimme, die die Hunde unten wieder jaulen und bellen ließ, fuhr er fort: »Du kannst froh sein, dass ich in der Nähe war. Sonst wärstdu jetzt Hundefutter. Du bist von selbst zu diesem Baum gelaufen. Ich habe dich nicht dazu gezwungen.«
    Das war allerdings richtig. Sie musterte ihn, ließ ihr Messer etwas sinken. »Trotzdem … ist es gruselig«, knurrte sie. »Aber na gut – also, was wolltest du hier?«, fuhr sie fort. Sie hob ihr Kinn und sah ihn durchdringend an. »Bist du etwa ... einfach nur so hier, zum Zeitvertreib?« Die Worte fühlten sich fremd an auf den Lippen.
    »Ja«, antwortete er ohne Umschweife. »So kann man es nennen. Ich klettere gern auf Bäume, und von diesem hier hat man einen Rundblick von etwa 160 Grad.«
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