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ePub: Ashes, Ashes

ePub: Ashes, Ashes

Titel: ePub: Ashes, Ashes
Autoren: Jo Treggiari
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Oberkörper an die raue Baumrinde gelehnt, hielt sie durch den Regenschleier hindurch Ausschau nach den Umrissen der Hunde.
    Die Meute brach auseinander. Dutzende Tiere schweiften ab und kamen wieder zu den anderen zurück, nachdem sie am Ufer des Sees erneut auf Lucys Fährte gestoßen waren. Das Mondlicht warf lange Schatten. Ganz ohne Zweifel hatten sie Lucys Spur wieder aufgenommen. Der Regen mochte die Meute ein wenig bremsen, und die Pfützen, durch die Lucy gelaufen war, unterbrachen ihre Fährte, aber die Hunde waren wild entschlossen, ihre Beute aufzustöbern, und würden nicht aufgeben. Lucy hörte das laute Hecheln und dasaufgeregte Bellen, mit dem sie kommunizierten und das wie das hohe Kläffen von Welpen klang, die sich um einen Knochen balgen. Sie waren so entsetzlich nah!
    Lucy zwang sich, sich vom Baum zu lösen. So leise sie konnte, ging sie rückwärts und hob ihre Füße in dem weichen Morast aus feuchten Blättern kaum an. Ihr Atem ging flach, sie schoss pfeilschnelle Blicke über ihre Schulter, orientierte sich tiefer in den Wald hinein. Nur noch ein kurzes Stück von den Pinien entfernt strichen schwarze Schatten hin und her. Die Hunde versuchten auf dem feuchten Boden ihre Spur zu finden. Lucy schlich zu einer Stelle, an der Pinien, Ulmen, Weiden und hoch aufgeschossene Ahornbäume wuchsen. Die Baumriesen zitterten. In Strömen rann das Wasser von ihren Ästen herab.
    Lucy lehnte den Rücken an den glatten Stamm einer Ulme, den mächtigsten Baum der Gruppe. Unerreichbar weit hoch über ihrem Kopf reckten sich die Äste in das gebrochene Dunkel des Himmels. Darüber stand senkrecht der Mond. Sie kauerte sich zusammen und lauschte auf den Lärm der Hunde, die immer näher kamen. Mit beiden Händen fasste Lucy ihr Messer und richtete die Klinge nach vorn. Bevor die Hunde über sie herfielen, wollte sie wenigstens einen oder zwei von ihnen töten! Der Krampf in ihrer Seite kehrte zurück. Er bohrte sich mit solcher Wucht in ihre Rippen, dass sie zusammensackte. Ihre Lunge lechzte nach Sauerstoff, der Puls dröhnte ihr in den Ohren. Dann ließ sie das Knacken eines brechenden Astes, laut wie ein Pistolenknall, plötzlich nach oben blicken.

2. KAPITEL

    »Worauf wartest du? Los, greif zu!«, zischte eine leise Stimme. Eine Hand schwebte nicht allzu hoch über Lucys Kopf. Lucy versuchte, gegen den Regen anzublinzeln, der ihr in die Augen rann. Die langen Finger zuckten ungeduldig, der Rest des Körpers blieb im Dunkeln. Lucy wich instinktiv zurück und zückte ihr Messer. Hinter ihr, am Rand des kleinen Wäldchens, steigerte sich das Kläffen zu einem ununterbrochenen Bellen und aufgeregten Jaulen. Lucy konnte hören, wie sich zahlreiche Leiber ihren Weg durchs Unterholz bahnten. Die Hunde hatten sie aufgespürt.
    Der Mensch dort oben gab einen ärgerlichen, barschen Laut von sich, irgendetwas zwischen einem Fluch und einem Grunzen. »Was ist?«
    Es war eine männliche Stimme. Die Hand winkte ungeduldig. »Ich kann gleich nicht mehr. Kommst du jetzt oder kommst du nicht? Willst du dich vielleicht lieber von den Hunden fressen lassen?« Lucy blickte noch mal zurück, dann sprang sie in die Höhe. Ihre Finger bekamen die Hand zu fassen, glitten aber wieder ab. Unter ihrem Gewicht bog sich der Ast nach unten. Kurz bevor sie zu Boden fiel, sah sie seineAugen – sie waren hell, nicht blutunterlaufen und rot wie die Augen der S’ans.
    Er grunzte wieder. »Steck das Jagdmesser weg, bevor du mir damit noch die Nase abschneidest! Du musst schon selbst zusehen, wie du an meine Hand kommst, hörst du? Ich kann gleich nicht mehr!« Lucy zögerte. Sie zweifelte, dass der Ast sie beide tragen würde. Der Unbekannte beugte sich noch ein Stück weiter vor. Seine Arme waren nackt und seine gebräunte Haut makellos und unversehrt, abgesehen von den silbrig schimmernden Impfnarben an seinem Oberarm. Anstatt das Messer zurück in die Scheide zu stecken, schob sie es in die Tasche ihres Kapuzenshirts. Was gefährlich war – aber sie wollte es greifbar haben. Etwas Großes brach durch das Unterholz. Lucy drehte sich um und sah zwei Hunde auf sie zupreschen. Ihre geöffneten Mäuler mit den schwarzen Lefzen ließen ihre langen, von Speichel tropfenden Reißzähne erkennen. Mit beängstigender Geschwindigkeit kamen sie auf sie zu. Lucy sah die kräftigen, zum Sprung bereiten Muskeln.
    Schnell wandte sie sich wieder zum Baum und zu der Hand, die sich ihr noch immer entgegenstreckte, und sprang. Der Unbekannte bekam sie
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