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ePub: Ashes, Ashes

ePub: Ashes, Ashes

Titel: ePub: Ashes, Ashes
Autoren: Jo Treggiari
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plötzliche Gewitter mit sich – die schlimmsten ungefähr zur Mitte der Regenzeit. Wenn man sich auf eines verlassen konnte, dann darauf, dass das Wetter unberechenbar war.
    Sie musste nach ihren Fallen sehen, natürlich in der Hoffnung, ein Erdhörnchen oder eine Ratte gefangen zu haben, und nach ihren Angelschnüren. Während der Langen Dürre war der Pegel des Sees drastisch gesunken und hatte gut sechs Meter trockenen, rissigen Schlamm hinterlassen, bevor sich an ein paar flacheren Stellen wieder ein bisschen Wasser zeigte. Vielleicht fand sie einen Schlammspringer, einen Molch oder einen Salamander – auch wenn sie den gummiartigen Geschmack nicht besonders mochte. Es war jetzt zu dunkel, um am Strand nach Krebsen zu graben. Sie nahm es sich für den nächsten Tag vor.
    Zuerst lauschte sie. Aber abgesehen vom rhythmischen Summen einiger Insekten war nichts zu hören. Dann spähte sie durch ein Loch im Weidengeflecht, das den Eingang ihres Lagers beschirmte. Lucy kannte jeden Baum, jeden Strauch, jeden Grashöcker, der sich in der zunehmenden Dämmerung abzeichnete. Diese Landschaft sah sie Nacht für Nacht vor sich und hatte sie sich eingeprägt. Sie hatte die seltsamen Hügel gezählt, die sich nach dem letzten Erdbeben aus dem Boden erhoben hatten. Es waren dreiundzwanzig. Wie stumme Aufseher schienen sie Wache zu stehen.
    Alles war wie immer. In letzter Zeit hatte Lucy allerdingsöfter das unangenehme Gefühl, beobachtet zu werden. Sie wartete ab, ob sich etwas bewegte. Die Luft war vollkommen still, keinerlei Regung im Gras. Lucy zog die Kapuze ihres schwarzen Sweatshirts über den Kopf. Dann nahm sie ein paar Plastikkanister für das Wasser, schlang ein Stück Seil durch die Griffe, warf sich einen Beutel aus gewobenem Gras über die Schulter, vergewisserte sich, dass sie ihr Messer an der Hüfte trug, und schob den Tarnschild vor dem Eingang beiseite.
    Eine lange Wasserpfütze leckte an den Holzstapeln und dem Gestrüpp, das Lucy als Schutz vor dem Regen an den Außenwänden ihres Unterschlupfs errichtet hatte. Sie platschte hindurch und spürte dabei trotz ihrer dicken Lederstiefel und der zwei Paar Socken das kalte Nass. Sie bückte sich ein wenig und stellte den Tarnschild wieder zurück. Zwei, drei Schritte lief sie rückwärts, um sicherzugehen, dass ihre kleine Feuerstelle von außen nicht erkennbar war. Nichts zu sehen. Gut! Erst kürzlich hatte sie viel Zeit darauf verwendet, größere Ritzen mit Moos und getrocknetem Gras auszustopfen. Außerdem würden nun, da die Regenzeit begann, die Weiden, die sie zur Verstärkung der Wände in den Boden gesteckt hatte, zu wachsen anfangen und Laub bekommen. Diese Weiden waren ein Segen! Die abgeschnittenen Zweige trieben sofort Wurzeln. Die vier schlanken, elastischen Bäume, die sie heruntergebogen und an den Kronen zu einem Dach zusammengebunden hatte, hatten schon wieder dicht ausgetrieben.
    Wenn man nicht wusste, dass sich an dieser Stelle ein Unterschlupf befand, war er zwischen den umstehenden Sträuchern und dem Blattwerk kaum erkennbar – genau wie die gemütlichen runden Nestchen aus Gras und Halmen, die sich die Feldmäuse bauten. Lucy sah in den Himmel. Der Mond ging auf, wie sie gehofft hatte. Violette Wolken brodelten. Der Wind hatte plötzlich aufgefrischt und es roch stark nach Regen. Gut gegen den Geruch nach Rauch und gekochter Schildkröte, dachte Lucy. Sie sah sich noch einmal prüfend um, dann machte sie sich auf in Richtung See. Sie zitterte vor Anspannung.
    Die Landschaft veränderte sich bereits. Blätter leuchteten als grüne Farbtupfer aus staubigem Gold hervor. Der Boden unter Lucys Füßen war aufgeweicht, wies tückische Pfützen und Schlammlöcher auf. Eigentlich gab es nur noch zwei Jahreszeiten: Trockenperiode und Regenzeit.
    Lucys Stiefel schmatzten ein bisschen im Matsch, aber bislang hielten sie einigermaßen dicht. Es war ganz still – abgesehen vom Kratzen kleiner Pfoten, die an Baumstämmen hinaufkletterten, und von den aggressiven, unvermittelten Schreien verschreckter Eichhörnchen. Lucy fand immer, sie klangen, als würden sie mit ihr schimpfen. Auf ihrem Weg inspizierte sie ein paar Fallen, die sie unter Büschen getarnt oder neben Löchern aufgestellt hatte. Im Zickzack lief Lucy über die schmale Landzunge, ihre Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt. Die Fallen waren allesamt leer. An einer war zu erkennen, dass ihr ein Räuber zuvorgekommen war. Silberfarbene Fellbüschel hingen in den Zweigen, ein paar
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