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Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Titel: Enwor 5 - Das schwarze Schiff
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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spöttisch. »Was ist mit dir?« fragte sie. »Hat dich Rayan mit seinem Gerede von Tod und Untergang schon angesteckt?« Sie lächelte, zog die Knie an den Körper und stützte das Kinn darauf. Das dunkelrote Licht des Kohlefeuers gab diesem Lächeln etwas seltsam Warmes, Vertrautes. Für einen kurzen, ganz kurzen Moment glaubte Skar in ihren Zügen eine Schönheit zu entdecken, die vorher nicht dagewesen war. Etwas Sanftes und Weiches und Mädchenhaftes, das vielleicht jahrelang tief in ihr geschlummert hatte und erst jetzt hervorbrach. Aber dann hob sie den Kopf, und Skar blickte wieder in die zerstörte Kraterlandschaft, die früher einmal das Gesicht einer schönen Frau gewesen war. Die Illusion zerplatzte.
    »Was wirst du tun, wenn wir es schaffen?« fragte sie plötzlich.
    Skar starrte sie an. »Findest du, daß jetzt der richtige Moment —«
    »Der einzige Moment, Skar«, unterbrach ihn Gowenna. »Du hast es selbst gesagt — er kommt näher. Wir werden nicht mehr oft Gelegenheit haben, allein miteinander zu reden. Und ich will wissen, woran ich bin. Ich hätte dich schon... schon längst fragen sollen.«
    »Wonach?« fragte Skar betont.
    »Was du tun wirst, wenn wir in Pan'am ankommen«, antwortete Gowenna.
    Skar lachte unsicher. »Das, was die Ehrwürdige Mutter von mir verlangt hat«, sagte er. »Du weißt es. Du warst dabei. Ich werde Vela zum Berg der Götter bringen, damit sie dort ihr Kind zur Welt bringen kann, und...«
    »Du weißt, daß sie sterben wird, sobald dies geschehen ist?« unterbrach ihn Gowenna wieder.
    »Wieso? Sie ist gesund, und —«
    »Das meine ich nicht, und du weißt es. Der Rat der Satai wird sie nicht leben lassen, Skar. Er darf es nicht zulassen, daß sie am Leben bleibt. Nicht nach allem, was geschehen ist.«
    Skar schüttelte unwillig den Kopf. Etwas war in Gowennas Stimme, das ihn alarmierte. »Das ist nicht wahr«, sagte er. »Sie stellt keine Gefahr mehr dar, und —«
    »Sie nicht, aber ihr Wissen. Sie hat Geheimnisse ergründet, die für uns Menschen verboten sind. Sie ist noch immer gefährlich.«
    »Aber das ist doch Unsinn«, murrte Skar. »Du —«
    »Du weißt es«, fiel ihm Gowenna ins Wort. »Aber du willst es nicht wahrhaben.«
    Skar schwieg. In Gowenna war eine stärkere Veränderung vor sich gegangen, als er befürchtet hatte. Sie war besessen. Besessen von ihrem Wunsch nach Rache. Sie mußte so gut wie er wissen, daß ihr Leben nur noch Stunden zählte, wenn nicht ein Wunder geschah und sich das Meer auftat, um den Dronte zu verschlingen. Aber für sie schien das alles überhaupt keine Rolle zu spielen. Der schwarze Killersegler bedeutete für sie — wenn überhaupt etwas — nicht viel mehr als ein Ärgernis, ein dummes lästiges Ding, das sie daran hinderte, ihre Rache zu vollziehen. Sie war krank. Krank vor Rache und Haß.
    »Und wenn ich es weiß?« fragte er nach einer Weile.
    In Gowennas sehendem Auge blitzte es zornig auf. Aber sie beherrschte sich. »Dann beantworte mir meine Frage«, verlangte sie. »Wirst du sie zum Berg der Götter bringen oder nicht?«
    »Ich werde tun, was die Ehrwürdige Mutter von mir verlangt hat«, antwortete er steif. »Nämlich Vela sicher zum Berg der Götter geleiten und sie beschützen. Auch vor dir.«
    »Du bist ein Narr, Skar«, sagte Gowenna ruhig. »Glaubst du wirklich, du könntest mich daran hindern, sie zu töten, wenn ich das wollte?«
    »Nein. Und gerade das ist es, was mir Angst macht. Was hast du wirklich vor? Ich weiß, daß du sie nicht töten willst; wie du selbst gesagt hast, hättest du es hundertmal tun können bis jetzt. Und das ist ein Grund mehr für mich, noch wachsamer zu sein.«
    Seine Stimme war bei den letzten Worten immer lauter geworden, und Skar sah an der Reaktion auf Gowennas Zügen, wie sehr sie seine Worte verletzten. Weitaus mehr, als er geglaubt hatte, und mehr, als eigentlich normal gewesen wäre. Sekundenlang starrte sie ihn schweigend und voller Verachtung an, und für einen kurzen Moment glaubte er etwas von dem unbeschreiblichen Haß zu spüren, der in ihrer Seele brannte. Sie schien noch etwas sagen zu wollen, schürzte aber dann nur wütend die Lippen und stand auf.
    Skar hielt sie am Arm zurück. »Gowenna«, sagte er ernst. »Wir sind eigentlich beide alt genug und kennen uns zu lange, um uns noch Theater vorspielen zu müssen, meinst du nicht?«
    Sie versuchte, ihre Hand aus seinem Griff zu befreien, aber Skar hielt sie unbarmherzig fest.
    »Bitte«, fuhr er fort. »Wir
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