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Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Titel: Enwor 5 - Das schwarze Schiff
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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haben wirklich im Moment andere Sorgen — laß uns wenigstens ehrlich zueinander sein.« Aber er spürte, schon während er die Worte aussprach, daß Gowenna ihm nicht zuhörte, daß sie ihm nicht zuhören wollte.
    »Laß mich los!« zischte sie.
    Skar seufzte, schüttelte den Kopf und löste seinen Griff. Gowenna wich hastig ein Stück von ihm weg, massierte mit der Linken ihr schmerzendes Handgelenk und starrte ihn haßerfüllt an. Ihre Haut war rot, wo Skar sie gepackt hatte. Ohne sich dessen bewußt zu sein, hatte er mit aller Kraft zugedrückt. Es tat ihm leid.
    »Ich danke dir, Satai«, murmelte Gowenna. »Du hast mir die Antwort gegeben, die ich haben wollte.«
    »Habe ich das?«
    Sie nickte. »Jedenfalls weiß ich jetzt, was ich wissen wollte«, sagte sie. »Ich werde mich danach richten, wenn die Zeit gekommen ist.« Skar seufzte. Und obwohl er ganz genau wußte, wie sinnlos es war, antwortete er ihr noch einmal: »Ich werde tun, was man mir aufgetragen hat, Gowenna, ich werde Vela und ihr Kind zum Berg der Götter bringen und sie dem Rat der Satai übergeben. Und ich werde mich dem Spruch meiner Herrscher beugen, ganz gleich, wie er ausfällt. Du tätest gut daran, ebenso zu handeln.«
    Gowennas Blick sprühte vor Haß, aber sie antwortete nicht mehr auf seine Worte, sondern fuhr mit einer überhastet wirkenden Bewegung herum. Mit raschen Schritten ging sie zwischen den schlafenden Matrosen hindurch und verschwand gebückt auf der Treppe; nicht, weil sie dort oben irgend etwas zu tun gehabt hätte, sondern einzig, um ihn demonstrativ allein zu lassen.
    Skar starrte ihr kopfschüttelnd nach. Was war nur mit ihr geschehen in den Monaten, die sie getrennt gewesen waren? Sie war auch zuvor schon verbittert und voller Haß gewesen, aber die Frau, die jetzt mit ihm auf diesem Schiff fuhr, war mehr als nur verbittert. Sie war besessen.
    Er ließ sich wieder zurücksinken, schloß die Augen und versuchte an nichts zu denken. Aber er fand keine Ruhe, obwohl er müde war und sein Körper nach Schlaf schrie. Es waren Momente wie diese, in denen er mehr als zuvor daran zweifelte, daß es richtig gewesen war, den Befehl der Margoi zu befolgen. Wahrscheinlich hätten sie sich nicht weigern können, die Bewachung Velas zu übernehmen — aber er hätte sich weigern können, Gowenna als Begleiterin zuzulassen.
    Die Ehrwürdige Mutter hätte diesen Wunsch akzeptiert — vielleicht hätte sie ihn sogar begrüßt. Skar war sicher, daß es nicht ihre Idee gewesen war, ausgerechnet Gowenna mit der Aufgabe zu betrauen, die verstoßene Errish zu bewachen. Möglicherweise war es ein Akt von falsch verstandener Wiedergutmachung gewesen, und vielleicht —wahrscheinlich, so, wie er Gowenna während der letzten Tage erlebte
    - hatte sie selbst das Ihre dazu beigetragen, dieses Gefühl in der Herrscherin von Elay zu erwecken. Wenn sie von diesem Schiff herunter waren — wenn sie es schafften —, dann würden sie sich trennen müssen. Skar bewegte sich unruhig, drehte das Gesicht zur Wand und versuchte die Kälte zu ignorieren, die beharrlich unter seine Decken kroch. Er war alles andere als ein Fatalist, aber es hatte keinen Sinn, sich mit all diesen Fragen zu belasten. Nicht jetzt. Vielleicht war es richtig gewesen, vielleicht nicht. Er konnte jetzt nichts mehr daran ändern.
    Es würde sich herausstellen. Bald.

E r hatte schlecht geschlafen. Sein Rücken schmerzte, und in seinem Kopf war ein dumpfer, an- und abschwellender Druck, nicht wirklich unangenehm, aber doch beinahe quälender als echter Schmerz, der ihn aufstöhnen und spontan die Hände an die Schläfen heben ließ. Er schlug die Augen auf, starrte einen Herzschlag lang die niedrige Decke über sich an und setzte sich dann mit einem Ruck auf. Die Bewegung jagte eine neue Welle von Übelkeit durch seinen Schädel. Das Schiff vibrierte. Das Deck über ihm hallte wider vom hastigen Trappeln zahlreicher Füße, und von irgendwoher drang aufgeregtes Stimmengewirr an sein Ohr. Er verstand die Worte nicht, aber er spürte, daß irgend etwas geschehen sein mußte. Die SHAROKAAN schien wie ein lebendes Wesen vor Erregung zu zittern. Es war, als hätte sich der Pulsschlag des Schiffes beschleunigt.
    Skar wartete, bis der dumpfe Druck hinter seinen Schläfen abgeklungen war und das Schwindelgefühl wich. Seine Zunge fühlte sich pelzig an, und seine Augenlider brannten und schienen geschwollen; ein Gefühl, gleich dem, das sich einstellte, wenn man viel zu kurz oder viel zu
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