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Enwor 2 - Die brennende Stadt

Enwor 2 - Die brennende Stadt

Titel: Enwor 2 - Die brennende Stadt
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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du?« fragte Arsan.
    Einen Moment lang war Skar versucht, dem Kohoner von dem dünner werdenden Lederbeutel um seinen Hals zu erzählen, von dem begrenzten Vorrat an Leben, den er mit sich herumtrug, aber er tat es nicht. Sie alle hatten ihre Gründe gehabt, zu kommen, triftige Gründe, sicherlich, aber die gingen ihn nichts an, so wie seine Gründe die anderen nichts angingen. Und er wollte auch nichts von den Dingen hören, die Arsan, Beral, Nol und die anderen hergetrieben hatten. Er war offiziell der Kommandant der Gruppe, wenn er auch bisher noch keine Gelegenheit gehabt hatte, das Kommando wirklich auszuüben, aber er sah sich nicht als Beichtvater. Daß Arsan ihm ausgerechnet jetzt all dies erzählte, war Zufall, einzig dem Umstand zu verdanken, daß er sich in diesem Moment neben ihn gesetzt hatte. Er hätte es jedem anderen auch erzählt, mit den gleichen Worten, dem gleichen Schmerz. Es war Zufall. Arsan war am Ende, vielleicht ein bißchen eher als die anderen, aber nicht viel eher. Er hätte genauso mit einem Stein geredet oder mit seinem Pferd.
    »Du willst es nicht sagen, wie?« fragte Arsan.
    Skar nickte. »Stimmt. Und ich möchte auch nicht darüber sprechen, warum wir hier sind. Wir
sind
hier. Und jeder wird für sich wissen, warum. Das reicht.«
    Er sah auf und begegnete Nols Blick. In den Augen des Malabe-sen blitzte es spöttisch auf. Er hatte ihre Unterhaltung mitverfolgt, obwohl er auf der anderen Seite des Feuers saß, hatte aber bisher geschwiegen.
    Arsan setzte dazu an, noch etwas zu sagen, aber in diesem Moment stand Tantor auf, und Arsan senkte rasch den Blick. Anders als Skar haßte der Kohoner den Zwerg nicht. Er fürchtete ihn, so, wie er offenbar jeden fürchtete; nicht nur jedes Mitglied der Gruppe, sondern überhaupt jeden Menschen. Schon auf dem Schiff und später auf dem Ritt zum Gebirge war er außergewöhnlich still und zurückhaltend gewesen, und Skar hatte sich mehr als einmal gefragt, warum Arsan überhaupt bei ihnen war.
    Tantor näherte sich der Feuerstelle. Er hatte seinen Umhang abgestreift und nur die riesige Fellmütze auf dem Kopf behalten. Er nahm eine Handvoll eines weißen, körnigen Pulvers aus einer der zahllosen Taschen seines Lederwamses und verstreute es über das Reisig. Seine Lippen formten dabei schnelle, abgehackte Worte in einer unverständlichen Sprache.
    Der Zwerg begann um die Feuerstelle herumzutanzen, hob die Hände zu einer beschwörenden Geste und begann zu singen: hoch, schrill und mißtönend. Er warf wieder Pulver auf das Reisig. Eine winzige gelbe Flamme züngelte auf, flackerte und erlosch. Tantor fuhr fort, um die Feuerstelle herumzuhüpfen.
    »Theater«, sagte Nol. »Nichts als Hokuspokus, um Eindruck zu schinden. Irgendwann wird er einmal vergessen, seine Schau abzuziehen und ein dummes Gesicht machen, wenn das Holz trotzdem brennt.« Er sprach so laut, daß Tantor trotz seines Gebrülls die Worte hören mußte, aber der
Zwerg
ignorierte ihn. Jeder ignorierte Nol, so gut es ging.
    Das Reisig begann zu brennen, zuerst zögernd und unter starker Rauchentwicklung, dann, als das Pulver das Holz getrocknet und entzündet hatte, in knisternden, hohen Flammen, die der Kälte und Dunkelheit der Nacht wenigstens für einen Augenblick Herr wurden.
    Skar beugte sich vor, um möglichst viel von der ausgestrahlten Wärme aufzufangen. Das Feuer brannte heißer als ein normales Reisigfeuer, viel heißer, und das Holz selbst verbrauchte sich kaum. Die Bündel lagen noch immer so da, wie sie sie hingeworfen hatten, und sie würden bis weit in den nächsten Tag hinein brennen und Wärme verbreiten. Ohne Tantors magisches Feuer hätten sie nicht einmal die erste Nacht in den Bergen durchgestanden. Feuer war Tantors Spezialität, Feuer und Eis.
    Minutenlang saß Skar unbeweglich da und genoß das Gefühl, die Wärme schichtweise in seinen Körper eindringen zu spüren. Die eisige Kälte wich nur zögernd aus seinen Gliedern, und mit der Wärme kam die Müdigkeit. Diesmal wehrte er sich nicht. Er ließ sich zurücksinken, streckte Arme und Beine aus, blinzelte in die Flammen und schloß schließlich die Augen. Das Feuer hinterließ grelle Nachbilder auf seinen Netzhäuten.
    Seine Finger schlössen sich um den Brustbeutel. Er versuchte, die Anzahl der Kugeln darin zu zählen und sich dabei auszurechnen, wann er die letzte verbrauchen würde, aber er kam nicht mehr dazu, den Gedanken zu Ende zu denken.
    Unter dem brennenden Himmel von Combat schlief er ein.
    Eine
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