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Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)

Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)

Titel: Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)
Autoren: Jana Louka
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wirken lassen würde, hätte sie nicht die oberen Knöpfe der Bluse neckisch weit geöffnet, so dass man einen verführerischen Blick auf den Ansatz ihrer Brüste ergattern konnte. Ihre Freundin, Brigitte, hatte sich in einen hautengen Bleistiftrock gezwängt und trug dazu ein enges Shirt mit einer feinen Strickweste darüber und meterhohe High Heels. Ihr Haar hatte sie am Hinterkopf straff zu einem Knoten geschlungen, was sie ein wenig wie eine strenge Bibliothekarin wirken ließ. Und doch umwehte sie ein Hauch von Sexyness, was wohl an ihrem sorgfältig geschminkten Gesicht mit den knallroten Lippen lag.
    Neben diesem Ausbund an Eleganz und Attitüde, den die fünf an den Tag legten, kam ich mir erneut wie das hässlichste und deplazierteste Entlein auf Erden vor. Was dazu führte, dass ich schon wieder vor Scham den Mund nicht aufbekam, doch das schien keinen zu kümmern. Wie schon bei unserer letzten Begegnung beachteten sie mich einfach gar nicht.
    I ch versuchte mich daran nicht zu stören und konzentrierte mich auf die Kunst. Die Ausstellung war einmalig. Sämtliche Meister des 19. Jahrhunderts waren vertreten und ich lauschte den Ausführungen von Martin, der tatsächlich ein wenig von Kunst zu verstehen schien, zumindest konnte er zu einigen Gemälden etwas sagen.
    Langsam schlenderten wir durch die Räume und kamen zu den wohl schönsten Kunstwerken des Impressionismus. Vor einem von Van Goghs Gemälden blieben wir länger stehen.
    „War das nicht der, der sich ein Ohr abgeschnitten hat?“, fragte Brigitte und kräuselte dabei angeekelt ganz Un-Bibliothekarinnen-like ihre Nase.
    „Ja. Er hatte schon früh Anzeichen von ausgeprägten Depressionen und galt in seinen späten Jahren als geisteskrank.“ Martin rümpfte ebenso abfällig die Nase.
    „Das ist nicht erwiesen“, w idersprach ich vehement. Alle drehten sich zu mir um und sahen mich überrascht an, als würde ihnen eben erst auffallen, dass ich mit von der Partie war. Selbst meine Schwester.
    Martin runzelte indigniert die Stirn. „Dazu gibt es zahlreiche Dokumentationen. Er wurde stets als Sonderling beschrieben.“
    „Das macht ihn noch lange nicht zum Geisteskranken.“ Irgendwie fühlte ich mich von seinen Worten angegriffen, was wohl an seinem Blick lag, mit dem er mich versah. So als würde er mir dasselbe unterstellen. „Er war ein Genie“, fügte ich fast trotzig hinzu.
    Martin , der nicht begeistert schien, über mein Infragestellen seiner Kompetenz, warf mir einen Blick zu, der dem glich, dem man einem kleinen Kind schenkte, wenn es sich erdreistete sich in die Konversation von Erwachsenen einzumischen. „Genie und Wahnsinn liegen bekanntlich näh beieinander. Van Gogh hatte mehrere Klinikaufenthalte, darunter in einem Sanatorium für Geisteskranke, und am Ende seiner Tage wurde er gütigerweise von Doktor Gachet betreut, der ihn letztendlich aber auch nicht davon abhalten konnte, Selbstmord zu begehen.“ Seine Stimme klang erhaben und seine überheblichen Worte sollten wohl den Rest dazu beisteuern, mich in meine unwissenden Schranken zu weisen. Doch so schnell ließ ich mich nicht einschüchtern.
    „Van Gogh hat sich freiwillig in dieses Sanatorium eingeschrieben, da er zu Lebzeiten kaum Bilder verkauft hat und in permanenter Armut lebte. Er wollte seinem Bruder nicht zur Last fall en. Sein angeblicher Selbstmord ist nicht erwiesen. Manche sprechen von einem Unfall. Und was die Güte Doktor Paul Gachets angeht, so war er bekannt dafür, ein Kunstfan zu sein. Er ließ sich seine Dienste von van Gogh mit Bildgeschenken bezahlen. Laut diverser Quellen hatte er einen nicht minder widersprüchlichen Charakter wie van Gogh.“ Ich hatte mich in Rage geredet und nahm Fahrt auf, speziell da ich sehen konnte, dass Martin sichtlich überrascht über mein Kunstverständnis war. „Und wenn wir hier schon über Spekulationen sprechen, dann sollte man auch erwähnen, dass es Gerüchten zufolge eine Liebesbeziehung zwischen Gachets Tochter und van Gogh gab, die dem Doktor vielleicht nicht gefallen hat, was seinen Einfluss auf van Goghs Todesursache unter seiner Fürsorge durchaus in Frage stellt. Genauso wie die Geschichte mit dem abgeschnittenen Ohr viele Spekulationen zulässt, wie zum Beispiel Gaugins Beteiligung daran, der zur angeblichen Tatzeit mit ihm zusammen war. Viele Hypothesen. Keine Beweise. Sicher ist, dass er ein begnadeter Künstler war, also sollten wir uns vielleicht daran halten.“ Ich warf Martin einen kämpferischen
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