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Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)

Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)

Titel: Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)
Autoren: Jana Louka
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klang und mir durch und durch ging.
    Ich brachte nur ein stotterndes Hallo zustande und starrte ihn unsicher an, ohne von der Stelle zu rücken. Meine Schwester runzelte angesichts meines seltsamen Verhaltens leicht verärgert die Stirn, was mich schließlich aus meiner Starre riss, und ich stammelte etwas von „Ich muss kurz weg“ und drehte mich einfach um und verschwand in der Menge.
    Ich fühlte mich unwohl und wusste nicht warum. Ich wusste nur, ich brauchte kurz einen Moment für mich alleine. Ich suchte die Toiletten auf und schloss mich in eine der Kabinen ein. Nicht, dass es hier sonderlich ruhig gewesen wäre, aber ich verspürte plötzlich eine nervöse Unruhe in mir und den Drang, mich zu verstecken. Ich lehnte mich gegen die Kabinentür und atmete ein paar Mal tief durch.
    Ich war nie ein Fan von solchen Clubs gewesen. Ich war einmal mit Klassenkameraden in eine fünfzig Kilometer entfernte Diskothek gefahren, weil stets alle davon sprachen, wie toll es dort sei. Ich konnte meinen Vater davon überzeugen , mir einen Abend lang sein Auto zu leihen, mit der klitzekleinen Lüge, dass ich mit Freunden ins Theater der Stadt fahren wollte, um die Aufführung von Goethes Faust zu sehen, dessen Werk wir gerade in der Schule durchnahmen.
    Ich war keine zwanzig Minuten in der Diskothek gewesen und schon wünschte ich, ich wäre stattdessen tatsächlich in die Theateraufführung gegangen. Die Atmosphäre der Disko gefiel mir nicht, die Leute waren seltsam und ich hatte absolut keine Lust zum Tanzen und die belanglosen Unterhaltungen der anderen langweilten mich. Leider war ich der Fahrer und musste so bis zum herben Schluss durchhalten. Ich hätte damals alles für ein Buch gegeben. Damit hätte ich mich irgendwohin zurückziehen können und hätte so die Zeit wenigstens einigermaßen sinnvoll verbracht, doch da ich natürlich keins dabei hatte, war ich gezwungen gewesen, stundenlang stumm auf einem Barhocker zu sitzen und den anderen beim Tanzen zuzusehen.
    Es war eine grausame Tortur gewesen, die ich nicht wiederholt hatte. Zudem bereute ich es, die Aufführung des Faust verpasst zu haben. Und nun saß ich hier mitten in Paris in einem absoluten Edeltanzschuppen und ich hatte das unangenehme Gefühl eines déja-vus.
    Und dann dieser seltsame David. Der Name passte zu ihm wie die Faust aufs Auge. Er sah unglaublich attraktiv aus. Groß, schlank, muskulös. Ein Gesicht, das tatsächlich wie aus Marmor gemeißelt wirkte, zumal auch seine Haut blass war. Und dann diese irritierenden eisblauen Augen. Irgendwie war mir dieser Typ unheimlich. Ob er wohl wirklich Mariannes Freund war?
    Mich schüttelte es bei dem Gedanken. Aber eigentlich war es mir egal, mit wem Marianne zusammen war. Solange ich ihm morgens nicht im Bad begegnen musste.
    Die Klospülung in der Kabine nebenan schreckte mich aus meinen Gedanken auf. Ich konnte mich hier nicht ewig verstecken, zumal wie immer ein großer Andrang auf den Damentoiletten herrschte. Ich seufzte und zog alibimäßig an der Klospülung. Dann ging ich nach draußen und ließ mir kaltes Wasser über die Handflächen laufen. Ich musste wohl oder übel zurück zu den anderen. Ich wollte Marianne nicht ihren Abend verderben. Es war schon ungewöhnlich genug, dass sie mich überhaupt mitgenommen hatte, und mein Verhalten eben war etwas sonderbar gewesen, das sah ich selbst ein.
    Langsam ging ich zurück zu der Sitzecke und stellte erleichtert fest, dass Marianne sich unbeschwert mit ihren Freunden unterhielt und keine Notiz von mir nahm. Zu meiner noch größeren Erleichterung fand ich auch David in einer Unterhaltung mit einer Gruppe von Leuten, die weit entfernt von der Sitzgruppe stand. Ich ließ mich unauffällig auf einen freien Sitzplatz fallen und tat so, als beobachtete ich interessiert die tanzende Menge.
    Die Tanzfläche war, obwohl sehr groß, gut gefüllt und auf ihr tummelten sich sämtliche Altersgruppen in den unterschiedlichsten Tanzstilen. Es war weit mehr Extravaganz zu sehen, als in der Diskothek der Kleinstadt, die ich damals besucht hatte, und ich musste zugeben, ich war eine Zeitlang gebannt von dem Selbstbewusstsein, das andere wie selbstverständlich an den Tag legten. Manche bewegten sich geradezu grotesk und übertrieben, doch keiner schien am Tanzstil des anderen Anstoß zu nehmen. In gewisser Weise bewegten sie sich alle wie eine einzige große wogende Masse. Wofür ich sie fast schon wieder beneidete, weil sie dadurch eine Einheit bildeten. Auch die
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