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Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)

Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)

Titel: Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)
Autoren: Jana Louka
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gestapelt. Was es zum einem mühsam, zum anderen aber auch spannend machte, denn ich entdeckte Bücher, die ich mir nie angesehen hätte, hätte ich bewusst nach etwas Bestimmten gesucht.
    Der Ladenbesitzer war nicht minder eigentümlich als sein Laden. Er trug Hosen und Hemden die genauso derangiert wirkten, wie seine Ware und dem Modeetikett der aktuellen Zeit weit hinterher hinkten. Nicht, dass ich diesbezüglich Ahnung hatte, aber ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass man heutzutage noch Hemden in dem Stil irgendwo kaufen konnte. Sein Alter war schwer zu schätzen, irgendetwas zwischen sechzig und achtzig. Er sprach so gut wie nie mit seinen Kunden, auch nicht, wenn sie etwas kauften. Dann tippte er nur schweigend den Kaufbetrag in eine antik wirkende Kasse, gab stumm Wechselgeld zurück und grüßte nicht mal zum Abschied. Deswegen war es im Laden geradezu mucksmäuschenstill. Es war, als würden sich alle an ein unausgesprochenes Schweigegebot halten und das machte meiner Meinung nach den Charme des Ladens aus. Es war eine Oase der Ruhe inmitten einer Großstadt.
    Ich liebte es auf Anhieb, durch die schmalen Regalreihen zu schlendern, die voll gestopft waren mit Büchern aus längst vergangenen Zeiten, und ich hätte mich das ganze Wochenende dort aufhalten können, nur leider hatte der Laden Sonntags geschlossen.
    Unschlüssig, was ich mit dem langen Tag anfan gen sollte, wurde ich am Morgen von dem Vorschlag meiner Schwester überrascht, sie bei ihrem Museumsbesuch zu begleiten.
    „Du gehst in ein Museum?“, rutschte es mir ungläubig heraus. Meine Schwester war nicht gerade als kulturell begeisterter Mensch bekannt.
    Sie zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Martins Idee. Er meint als kultivierte Pariser müssen wir einmal im Monat ein Museum besuchen. Es ist eigentlich ganz lustig. Die ganze Clique kommt mit und wir gönnen uns immer ein Stück Kuchen im jeweiligen Museumscafé und tun so, als wären wir unglaublich gebildet.“ Sie schien einen Moment nachzudenken, bevor sie fortfuhr. „Du solltest mitkommen. Das Musée d’Orsay wird dir gefallen. Du stehst doch auf dieses Kunstzeugs. Und dann hat Martin endlich mal jemanden, den er mit seinen Rezitationen beeindrucken kann. Und der Rest von uns bleibt ausnahmsweise mal davon verschont.“
    Ich wunderte mich schon ein bisschen, dass sie mir erneut anbot, sie zu begleiten, wo unsere letzte gemeinsame Aktivität nicht unbedingt ein Erfolg gewesen war, doch da ich Lust hatte, das Mus ée d’Orsay zu besichtigen – und ja nichts anderes Aufregendes vorhatte - schloss ich mich ihr an. Auch wenn ich bezüglich einem erneuten Zusammentreffen mit ihren Freunden ein unangenehmes Gefühl hatte.
    Was sich auch sofort verstärkte, als meine Schwester ihre bereits vor dem Museum auf uns wartenden Freunde mit folgenden Worten begrüßte: „Martin, heute hast du endlich mal einen interessierten Zuhörer. Meine Schwester steht nämlich wirklich auf Kunst.“
    Es klang irgendwie abwertend, obwohl sie das bestimmt nicht so meinte, dennoch bewirkte es, dass dieser Martin, einer der drei Männer aus Mariannes Freundeskreis, der sich das letzte mal schon nicht bemüht hatte, sich mir vorzustellen, mich mit einem skeptischen Blick versah, der deutlich zur Sprache brachte, dass er auf diese Zuhörerschaft verzichten konnte. Dabei musterte er wie beim letzten Mal eingehend mein wenig aufsehenerregendes Erscheinungsbild und obwohl er es nicht faktisch tat, sah ich ihn imaginär die Nase darüber rümpfen. Ich trug wie immer Jeans, ein graues T-Shirt und einen ausgeleierten dunkelblauen Sweater, meinen Lieblingspulli, darüber meine graue Regenjacke. Der typische indifferente Studentenlook eben, womit ich – Überraschung - mal wieder voll aus dem Raster von Mariannes Clique fiel.
    Martin und die anderen beiden Jungs trugen wie Freitagabend Stoffhose, Hemd und Sakko. Sie sahen alle drei aus, als würden sie gleich anschließend einen wichtigen geschäftlichen Termin wahrnehmen, doch wahrscheinlich wollten sie damit in Anklang an ihr Programm nur unheimlich „kultiviert“ wirken. Auf mich wirkten sie damit eher steif, was für manche aber ja eine Umschreibung für kultiviert bedeutet.
    Auch Marianne hatte sich modisch gesehen wieder voll ins Zeug gelegt. Sie trug einen weiten, knielangen Schottenrock, eine Bluse und einen dazu passenden Blazer, was sie zusammen mit den offenen, glatten, glänzenden, langen Haaren ganz wie ein braves Collegemädchen
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