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Enthuellung

Enthuellung

Titel: Enthuellung
Autoren: Lisa Renee Jones
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wollte und wo es war, sagt eine Stimme in meinem Kopf. Vielleicht weitere Tagebücher? Viele Teile von Rebeccas Leben werden in denen, die ich habe, nicht behandelt – einschließlich der Frage, weshalb sie in der Galerie angestellt wurde, ihr aber den Rücken gekehrt hat. Ich weiß nicht, warum mir das bis jetzt nicht aufgefallen ist. Rebecca hat zu konsequent Tagebuch geführt, um lange Phasen zu überspringen. Wenn ich recht habe, muss es noch weitere geben, und es ist wahrscheinlich, dass sie im Lagerraum sind. Oder es bis heute Abend waren.
    Dreißig Minuten später lehne ich an der Wand des kleinen, schuhkartonähnlichen Büros der Lagerhalle, während Chris in ein Gespräch mit dem Verwalter verstrickt ist. Mein dunkler Prinz kann in diesem Moment so ziemlich alles tun oder sagen, wenn es mich nur endlich hier wegbringt. Ich kann dem Gespräch lange genug folgen, um mitzubekommen, wie Chris mir einen mietfreien Monat sichert. Andererseits ist es nicht überraschend – Chris redet den Verwalter in Grund und Boden, indem er ihm einen Prozess in Aussicht stellt. Schließlich war ich in Gefahr.
    Gefahr.
Dieses Wort lässt mich zittern. Ich sage mir, dass Chris einen übertriebenen Beschützerdrang hat, und obwohl es schön ist, dass er Anteil nimmt, schürt er damit meine Angst, die ich mir auch ohne seine Hilfe viel zu gut einreden kann. Meine Gedanken fahren Achterbahn mit mir, schreckliche Szenarien bedrücken mich. Wenn ich in diesem Lagerraum in Gefahr war, bin ich es dann auch jetzt? Worauf habe ich mich da eingelassen? Und worauf hat sich Rebecca eingelassen?
    Ich kann nicht anders, als die Ereignisse in der Dunkelheit noch einmal zu durchleben und alternative Enden durchzuspielen, und keines davon ist ein glückliches. Wie können alle nur sagen, dass Rebecca mit einem heißen Typen auf und davon gegangen ist, und kein bisschen daran zweifeln?
    Meine Eingeweide krampfen sich zusammen, während meine Gedanken zu Ella wandern. Dass ich nichts von ihr höre, habe ich mit der Begründung abgetan, dass sie glückliche Flitterwochen verlebt und mich inmitten von Leidenschaft und neu gefundener Liebe vergessen hat. Es fällt mir nicht allzu schwer, das von Ella anzunehmen. Sie war allein und hungrig nach dem Gefühl, dazuzugehören, und dieser Mann hat es ihr gegeben. Aber ist dieser Hunger nicht eine Verletzlichkeit, die der falsche Mann ausnutzen könnte?
    Plötzlich habe ich den übermächtigen Wunsch, Ellas Stimme zu hören, und wenn sie mich wegen ihrer ehelichen Wonne vergessen hat, werde ich sie mit Freuden ausschelten. Ich muss nur wissen, dass es ihr gut geht. Ich bin die Einzige, die Ella hat, die sie vermisst. Ella weiß, dass ich für sie da bin, falls es ihr jemals nicht gut gehen sollte, sie weiß, dass sie mir wichtig ist.
    Ich stoße mich von der Wand ab, schnappe mir mein Handy aus der Jacke und gehe nach draußen. Dennoch bleibe ich an der verglasten Tür, wo Chris mich sehen kann und ich ihn. Für heute Abend reicht es, einmal dumm gewesen zu sein. Die Nachtluft ist frostig, aber ich ignoriere die Kühle.
    Ich wähle Ellas Nummer und bete, dass sie abnimmt. Sofort erklingt das Besetztzeichen. Ich drücke mir das Telefon an die Stirn. Warum habe ich keine andere Nummer von ihr bekommen? Warum? Ich habe keine Ahnung, was ich tun soll. Ich weiß nicht einmal den genauen Tag, an dem sie zurück sein will, und beschließe, dass es das Beste ist, morgen in der Arztpraxis ihres neuen Ehemanns anzurufen.
    Die Tür wird geöffnet, und Chris erscheint. Ich weiß nicht, wie es möglich ist, aber wann immer ich ihn sehe, ist es, als wäre es das erste Mal. Als glitte er in mich hinein und würde ausfüllen, was leer ist.
    Er stemmt eine Hand an die Wand über mir und beschirmt mich vor dem Wind, vor der Welt. Beruhigende Macht und Stärke gehen von ihm aus, und er spricht die Frau in mir auf eine Weise an, wie kein Mann es je zuvor geschafft hat. »Wie geht es dir?«, fragt er und mustert mich mit forschenden hellgrünen Augen, die immer zu viel zu sehen scheinen. »Alles okay?«
    Ich streiche mit der Hand über seine Wange und spüre das sanfte Kratzen der dunkelblonden Bartstoppeln an meinen Fingerkuppen. »Mir geht’s gut, wenn wir hier weg sind.« Ich lasse die Hand sinken. »Was hat der Verwalter über die Büroklammer gesagt?«
    »Er behauptet, sie hätten Probleme mit Jugendlichen gehabt, die sich bei der Halle herumtreiben. Vandalen.«
    Entrüstung und Zorn wallen in mir auf. »Das ist also
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