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Entfuehrt

Entfuehrt

Titel: Entfuehrt
Autoren: Stephanie Tyler
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sie es in ihrem eigenen, bequemen Bett.
    »Ich wollte dich unbedingt sehen … um dir zu danken. Weil du mir das Leben gerettet hast«, sagte sie. Sie fragte sich, wie ein so wichtiger, schwerwiegender Satz so völlig lahm und plump klingen konnte. Aber es war die Wahrheit, nicht mehr und nicht weniger.
    Er kam auf sie zu. Einen Moment lang fragte sie sich, ob er sie vielleicht umarmen wollte … Aber er schloss lediglich die Tür hinter ihr.
    »Wie hast du mich gefunden?«, fragte er.
    Nein, das war nun wirklich nicht das Wiedersehen, das sie sich erhofft hatte. »Ich … Admiral Callahan hat mir gesagt, du könntest vielleicht hier sein. Er kennt meine Mutter«, sagte sie. Herrje, vielleicht könnte sie wenigstens nicht so sehr klingen, als sei sie ein Mädchen direkt von der Highschool. Jake kam ihr kein Stück entgegen, half ihr nicht über ihre Verlegenheit. Er seufzte nur, schüttelte den Kopf und murmelte etwas, das sie nicht verstand.
    Das hatte er in Afrika ziemlich oft gemacht. Damals hatte sie es als angenehm empfunden. Jetzt fand sie es eher nicht so angenehm.
    »Ich erinnere mich nur an wenige Details meiner Rettung«, sagte sie rasch, weil sie auch ein gewisses Entsetzen in seinen Augen zu erkennen glaubte. In der Dunkelheit Geheimnisse zu teilen, wenn das eigene Leben in Gefahr war, schien etwas völlig anderes zu sein, als bei Tageslicht der kalten Realität ins Auge zu blicken. »Ich meine, man hat mir erzählt, was genau passiert ist. Was du für mich getan hast. Aber ich war echt weggetreten. Für mich ist da bloß ein großes Durcheinander.«
    Er entspannte sich etwas, aber er schien immer noch auf der Hut zu sein.
    Während sie von FBI und CIA befragt worden war, hatte sie ständig an Jake gedacht. Sie hatte sich auf seine grauen Augen konzentriert und sich vorgestellt, er sei es, dem sie die Geschichte erzählte. Denn er war der Einzige, der die Wahrheit – ihre Wahrheit – kannte. Der Einzige, der die Wahrheit je erfahren würde.
    Und er hatte sie verstanden. Denn sonst hätte er ihr niemals seine Seele offenbart. Sie war nicht sicher, ob seine Geschichte härter war als ihre eigene, aber sie musste sich eingestehen, dass es zumindest ein Kopf-an-Kopf-Rennen war.
    »Du hättest nicht herkommen dürfen«, sagte er schließlich.
    »› Gern geschehen ‹ hätte mir als Antwort durchaus genügt, es wäre zumindest höflicher gewesen.«
    »Wenn du jemanden suchst, der höflich ist, bist du bei mir an der falschen Adresse. Ich brauche keinen Dank, nur weil ich meinen Job gemacht habe. Im Übrigen war es kein Alleingang von mir.«
    »Aber du bist bei mir geblieben. Bist zurückgeblieben, obwohl du das nicht hättest tun müssen.«
    »Das ist mein Job«, wiederholte er knapp. Sie fragte sich, ob er sie als Nächstes wohl bitten würde, sein Büro zu verlassen.
    »Ich weiß. Aber es hat mir trotzdem eine Menge bedeutet«, sagte sie ruhig. Er schob die Hände in die Hosentaschen und schaute für eine Sekunde zur Decke, als hätte ihn diese Eröffnung auf dem falschen Fuß erwischt. Sie wusste, das passierte nicht allzu oft.
    »Möchtest du einen Kaffee oder etwas anderes?«, fragte er schließlich.
    »Kaffee wäre großartig.«
    »Ich bin gleich wieder da.« Er wies einladend auf einen der Stühle, die seinem mit Aktenbergen vollkommen überfüllten Schreibtisch gegenüberstanden.
    Sie hörte, wie die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, und setzte sich auf den harten Holzstuhl. Sie versuchte, sich so viele Details seines Büros einzuprägen wie möglich. Als könne ihr dieser Raum mehr als einen flüchtigen Blick auf die Psyche und die Seele eines Mannes gewähren, der es gewohnt war, sein eigenes Leben zu riskieren, um Menschen das Leben zu retten, die er nicht einmal kannte. Die er meistens auch nie wiedersah.
    Er schien Letzteres wirklich zu bevorzugen.
    Ein Poster vom Rekrutierungsbüro der Navy hing links neben dem Schreibtisch. Bei genauerem Hinsehen erkannte sie, dass das Poster ein großes Loch in der Wand verdeckte. Ein zerbrochener Stuhl, der vermutlich dieses Loch verursacht hatte, lag in seine Einzelteile zerschmettert davor auf dem Boden.
    Auf den Aktenstapeln entdeckte sie ein Handbuch für militärische Einsätze, einen iPod und eine leere Donutschachtel. Eine Uniform hing hinter dem Schreibtisch an einem Wandhaken. Auf der weißen Uniformjacke waren unzählige Ehrenmedaillen befestigt.
    Es war das Büro eines Mannes, der sich nicht oft genug dort aufhielt, um sich darum zu scheren, wie
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