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Engelsschmerz

Engelsschmerz

Titel: Engelsschmerz
Autoren: Mathilda Grace
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es das niemals.
    „Nein.“ Ich streiche mit meinem Daumen sanft über das Platin. „Ihr hättet mich Gabriel überlassen sollen.“
     
     

 
     
     
     
     
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    Es gibt Dinge im Himmel, die sind weder verboten noch stehen sie unter Strafe, aber man tut sie trotzdem nicht. Schon gar nicht als Schutzengel.
    Sich einen Platz an Gabriels Seite zu wünschen, bei den Todesengeln, gehört eindeutig dazu.
    Ich habe Aiden nie zuvor so verärgert erlebt, wie auf der Mauer vor drei Tagen. Mir klingeln jetzt noch die Ohren von seinem Geschrei, bevor er wütend die Flügel ausbreitete und abhob. Seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen und seither gehen mir auch alle anderen Engel aus dem Weg, denn unser Streit war unüberhörbar. Die jüngeren Schutzengel machen einen weiten Bogen um mich, als hätte ich eine ansteckende Krankheit, während die Älteren den Kopf schütteln und mir mitleidige Blicke zuwerfe.
    Kieran, mein direkter Vorgesetzter, oder wie immer man das hier oben nennen will, hat die Zwillinge einem anderen Schutzengel anvertraut. Etwas Schlimmeres hätte Kieran mir niemals antun können. Nicht einmal Aidens Gebrüll war so furchtbar, wie die Tatsache, dass man mir die beiden Jungs nicht länger anvertraut.
    Ich habe jetzt keine Aufgabe mehr und verbringe den Tag damit herumzustreifen, mich über den strahlenden Himmel zu ärgern und zu schlafen, damit ich nachts auf der Mauer sitzen und auf die Erde sehen kann, so wie ich es in genau dieser Sekunde wieder einmal tue.
    Ich will zurück. Zu Matthew. Ich will das hier nicht. Das ist doch kein Leben. Oder kein Tod. Ich weiß nicht, wie ich es nennen soll. Das einzige, was mir an diesem Ort etwas bedeutet hat, hat man mir weggenommen. Was soll ich also noch hier? Der Himmel ist nicht so toll, wie alle, die an ihn glauben, immer denken. Es gibt keine Erlösung, keine Vergebung aller Sünden, kein perfektes zweites Leben.
    Mein Leben auf der Erde war perfekt.
    Bis dieser versoffene Penner mich eiskalt überfahren hat, als er volltrunken die Kontrolle über sein Auto verlor und in die Haltestelle donnerte, in der ich zufälligerweise auf die Straßenbahn wartete. Tja, dumm gelaufen. Und was das Beste an der Sache ist, er hat überlebt, während ich tot bin. Dieser Dreckskerl hat mein Leben und das von Matthew zerstört, aber Hauptsache, ihm geht es gut.
    Dabei tut es das nicht. Ich weiß es, weil ich natürlich längst nachgesehen habe. Er sitzt im Gefängnis, hat Job und Freund verloren, und kämpft momentan gegen seine Drogen- und Alkoholsucht.
    Ich wünschte, er wäre an diesem Morgen mit mir an der Haltestelle verreckt, verdient hätte er es.
    „Versuch' es in der Bibliothek.“
    Es ist allein Gabriels festem Griff zu verdanken, dass ich vor Schreck nicht von der Mauer stürze. Ich habe ihn nicht kommen gehört. Aiden höre ich immer, wieso ihn nicht? Gabriel ist wirklich furchteinflößend. Ich habe einige Mühe, meinen Blick von seinen dunklen Augen loszureißen, mich von ihm loszumachen und dann einen Schritt zurückzutreten. Er überragt mich um mehr als einen Kopf. Aiden ist auch sehr groß, aber nicht so riesig wie Gabriel.
    „Danke“, sage ich und werde dafür amüsiert von Kopf bis Fuß betrachtet. „Was?“
    „Schade, dass Aiden schneller war.“
    Mich gruselt es. Dieser Engel ist wirklich unheimlich, wie er da steht, ganz in schwarz. Von den Flügeln bis hin zu den Schuhen. Er hat sogar schwarzes Haar. Aidens ist hellbraun und bedeutend kürzer als Gabriels, das ihm glatt bis zu den Schultern herabfällt. Er schlägt mit den Flügeln, bevor er sie einzieht, also eng an seinen Körper heranholt.
    Ich trete einen weiteren Schritt von ihm zurück, was ihn sichtlich amüsiert. Er weiß, dass ich Angst vor ihm habe, und er genießt es. Das ärgert mich. „Wieso willst du mich bei den Todesengeln?“
    „Wer sagt, dass ich das tue?“
    „Gerüchte ...“, antworte ich und muss mich ernsthaft zusammenreißen, nicht zu flüchten, als Gabriel langsam auf mich zukommt. Etwa eine Armlänge von mir entfernt lehnt er sich lässig gegen die Mauer und schaut über sie hinweg in die Tiefe.
    „Du willst zurück?“
    Das ist kein Geheimnis. Ich nicke. „Ja.“
    „Wie ich schon sagte … versuch' es in der Bibliothek.“
    „Warum?“
    Gabriel tritt von der Mauer weg und breitet seine Flügel aus. Sie sind riesig, tiefschwarz und schimmern im Sonnenlicht, so wie seine Augen. Er sieht umwerfend aus und Gabriel weiß das, seinem überheblichen Lächeln nach
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